Jaguar XF 20d AWD im Fahrbericht
So fährt der Diesel-XF mit Allrad

2015 legte Jaguar die zweite Generation seiner Business-Limousine XF auf. Für das neue Modelljahr erweitert der britische Hersteller das Antriebsangebot. Jaguar kombiniert den 180 PS starken Zweiliter-Diesel mit Allradtechnologie. Wie fährt sich der Gegner von Audi A6 2.0 TDI Quattro und BMW 520d xDrive?

Jaguar XF 20d AWD (X260) - Limousine - Fahrbericht
Foto: Jaguar/Eckhard Stein

Der Jaguar XF 20d AWD leugnet erst gar nicht seine Herkunft. Vorn und hinten trägt die rot-lackierte Business-Limousine, noch ein Vorserienmodell, in diesem Fahrbericht gelb unterlegte britische Nummernschilder. Passend dazu beginnt es zur Halbzeit unserer gemeinsamen Testfahrt zunächst zu nieseln – und wenig später kräftig zu regnen. Typisch englisches Wetter rund um Frankfurt. Als ob es sich die britische Alternative zu Audi A6 2.0 TDI Quattro und BMW 520d xDrive gewünscht hätte. Auf dem nicht mehr ganz so griffigen Asphaltband kann der Jag nun wirklich zeigen, was er drauf hat.

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Jaguar XF 20d AWD (X260) - Limousine - Fahrbericht
Jaguar/Eckhard Stein
180 PS, 430 Nm: Zweiliter-Vierzylinder-Turbo im Jaguar XF 20d AWD.

AWD plus Vierzylinder-Turbo jetzt auch für Jaguar XF

Jaguar verheiratet im neuen XF (Baureihe X260) zum 2017er Modelljahr seinen Zweiliter-Vierzylinder-Diesel mit einem Allradantrieb. Genau, wie es die Briten schon beim kleineren XE und beim neuen SUV F-Pace vorexerzierten. Den 180 PS starken Selbstzünder entwickelte Jaguar komplett in Eigenregie im neuen Motorenwerk Wolverhampton, das sich der Traditionshersteller über eine halbe Milliarde Euro kosten hat lassen. Wichtig: Die Jaguar-Truppe und die Maschinen bauen das Triebwerk auch zusammen, und überlassen diesen Teil der Arbeit nicht wie früher Ford. Für das Unternehmen ist es ein wichtiger Schritt, um noch weiter und stärker zu wachsen.

Auch die komplette Hardware für den Allradantrieb kommt von Jaguar selbst. Für die Programmierung der Software griffen die Experten von Land Rover der Konzernschwester allerdings etwas unter die Arme. Aber nur, um den Vortrieb durch alle vier Räder auch auf steiniges, matschiges oder verschneites Geläuf abzustimmen. Synergien sinnvoll ausgenutzt: Schließlich ist Land Rover ein ausgewiesener Geländewagen-Spezialist.

Abseits geteerter Straßen wird sich der selbstfahrende Geschäftsmann oder Vertreter aber im Jaguar XF 20d AWD nur dann blicken lassen, wenn die Navigation sich einen Jux erlaubt. Wobei: Jaguars erst kürzlich eingeführtes Infotainmentsystem InControl Touch (oder die Pro-Variante) lässt in dieser Beziehung wohl keinen Spielraum offen. Einfache Bedienung, schnelle Reaktionszeiten auf Handbefehle und topmoderne Grafiken haben die Briten ins digitale 21. Jahrhundert katapultiert. Da muss sich Jaguar nicht vor den Konkurrenzprodukten von BMW, Audi oder Mercedes verstecken.

Allrad-Diesel mit präziser Lenkung

Der große Touchscreen – 8 oder 10,2 Zoll, je nach Ausführung – spielt auf Wunsch eine Grafik zur Leistungsverteilung ein. So lässt sich genau erkennen, wie der Jaguar XF 20d AWD das Drehmoment zwischen den Achsen jongliert. Egal ob auf trockener oder nasser Fahrbahn: Die Limousine bewegt sich ohne aus den Blöcken zu scharren.

In seiner Grundabstimmung schickt der XF 20D AWD die Leistung an die Hinterräder. Das vermeidet Reibungsverluste im Antriebsstrang. Erst wenn die Hinterräder die maximal 430 Nm nicht mehr bändigen können, verschiebt die Regelstrategie "Intelligent Driveline Dynamics" einen Teil des Drehmoments an die Vorderachse. Jedes Rad soll nach Möglichkeit den optimalen Griplevel voll ausnutzen. Torque on Demand, heißt das Allrad-System im Jaguar-Jargon. Also Drehmoment, je nach Bedarf. Der Allradantrieb ist so fein abgestimmt, dass man schon wie ein Mäuschen aufpassen muss, um die Regeleingriffe zu spüren.

Der Jaguar XF 20d AWD folgt im Fahrbericht den vorgegeben Befehlen wie dressiert. Eine große Hilfe ist ihm die elektromechanische Servolenkung: wohldosiert, punktgenau, rückmeldungsreich und haltekraftstark. Besser geht es für eine Limousine der oberen Mittelklasse eigentlich nicht. Das Fahrverhalten bleibt überwiegend neutral. Der XF folgt trotz leichter Karosserieneigung verbissen der Ideallinie – unbeirrt auch auf nassem Asphalt. Die Sportsitze in der von uns gefahrenen Ausstattungslinie R-Sport machen den Piloten wie die Mittelkonsole zum festen Bestandteil des Cockpits. Da wackelt oder ruckelt nichts.

Dass der Business-Jag nicht mit dem Heck auskeilt, dafür sorgt seine Allradregelstrategie, indem sie der ölgekühlten Lamellenkupplung befiehlt, rechtzeitig das Drehmoment nach vorn zu verlagern. Anders herum, sobald der XF ins Untersteuern verfällt. Drehmoment als Ping-Pong-Ball. Torque Vectoring dreht die Limousine zusätzlich sanft ein. Erst wenn es der Fahrer darauf anlegt, zwingt er den XF 20d AWD dazu, über die Vorderräder gen Kurvenäußeres zu gleiten.

Jaguar XF 20d AWD (X260) - Limousine - Fahrbericht
Jaguar/Eckhard Stein
In 8,4 Sekunden sprintet der XF 20d AWD auf 100 km/h.

Ab 2.500/min erhebt XF 20d AWD die Stimme

Der Zweiliter-Vierzylinder-Turbo zieht den Jaguar XF 20d AWD in 8,4 Sekunden auf 100 km/h. Maximal gehen 222 Sachen. Die Konkurrenzprodukte rackern den Standardsprint etwas schneller ab. Der BMW 520d xDrive strampelt in 7,9 Sekunden auf Tempo 100, der Audi A6 2.0 TDI quattro in 7,7 Sekunden. Beide Vierzylinder-Diesel zügeln 190 PS.

Das maximale Drehmoment liegt im Allrad-XF-Diesel zwischen 1.750/min und 2.500/min an. In diesem Drehzahlband weiß der Selbstzünder durchaus zu gefallen. Darüber wird es in höheren Gängen aber zäh. Hier fehlt es dem Jaguar XF 20d AWD an Punch. Dann ist der einwandfrei arbeitende Achtgang-Automat von ZF gezwungen, ein oder zwei Stufen tiefer zu schalten, um wieder Schwung in die Jaguar-Limousine zu bringen. Und der XF miaut aus den doppelt links angeordneten Endrohren (75 mm Durchmesser) sonor wie eine Katze im Stimmbruch. Sportflair versprüht der XF trotz der engagierten Kurvenfahrten dann nicht mehr. Obwohl die R-Sport-Line für die sportliche Note geänderte Stoßfängern vorn und hinten sowie eine Lippe auf dem Kofferraum trägt.

Das adaptive Fahrwerk hält die Aluminium-Karosserie über Bodenwellen straff, ohne zu sehr zu versteifen, und wie ein unsanft abgelegtes Teller auf einem Tisch zu wackeln. Adaptive Dynamics ist im Allrad-XF mit Zweiliter-Diesel nur in der Ausstattungslinie "S" Serie. Ansonsten kostet es 1.632 Euro Aufpreis, die sich aber lohnen. On top kann der Fahrer sowohl die Charakteristik von Getriebe, Lenkung und Dämpfer als auch die Drosselklappeneinstellung eigenständig konfigurieren. Außerdem stellt Jaguar die Fahrmodi "Dynamics", "Normal" und "Eco".

Jaguar XF 20d AWD ab 47.660 Euro

Das Raumangebot ist im Jaguar XF ist großzügig bemessen. Der Hersteller selbst spricht vom "klassenbesten Platzangebot auf der Rückbank". Ein Radstand von 2.960 Millimeter sorgt dafür, dass sich die Passagiere im Fond auf alle Fälle nicht eingequetscht, sondern wohl fühlen. Die Füße lassen sich unter dem Vordersitz verstauen, wenn die Schuhe keine Plateausohlen tragen. Und selbst Personen der Größe 1,87 Metern dürfen sich noch die Haare gelen, ohne sie später am Dachhimmel platt zu drücken.

Für das Gepäck bietet der XF ein Stauvolumen von 540 Liter. "Größter Kofferraum im Wettbewerbsumfeld", heißt es bei Jaguar. Allerdings weist der Kofferraum eine kleine Stufe auf. Zum Vergleich: Der 520d kommt auf 520 Liter, der A6 auf 530 und die Mercedes E-Klasse 220d auf ebenfalls 540 Liter. Noch einen Superlativ reklamiert Jaguar: Der XF soll der leichteste Allrad-Diesel seiner Klasse sein. Er kommt dank Aluminium-Karosse laut Jaguar auf ein Leergewicht von 1.700 Kilogramm.

Den Verbrauch des Jaguar XF 20d AWD bemessen die Briten auf 4,9 l/100 km. Bei den Kosten geht es ab 47.660 Euro und der Ausstattung "Pure" los. Ein Preis wie bei der Konkurrenz: Der Audi A6 2.0 TDI kostet ab 47.350 Euro, der BMW 520d XDrive ab 48.000 Euro. Die Produktion des neuen Allradlers läuft bereits seit April. Die ersten Kunden bekommen ihren Diesel-Allradler ab Juni 2016 geliefert.

Technische Daten
Jaguar XF 20d AWD R-Sport
Grundpreis52.760 €
Außenmaße4954 x 1880 x 1457 mm
Kofferraumvolumen540 bis 885 l
Hubraum / Motor1999 cm³ / 4-Zylinder
Leistung132 kW / 180 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit222 km/h
Verbrauch4,9 l/100 km
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten