Lexus RX
Erste Fahrt im japanischen X5-Konkurrenten

Mit zwei Vollhybrid- und einem Plug-in-Hybrid-Antrieb startet der neue Lexus RX gegen die etablierte Konkurrenz von Audi, BMW und Mercedes. Kann ein neuer Turbo-Hybrid-Antrieb den Unterschied und den RX auch in Deutschland zu einem Erfolgsmodell machen?

Lexus RX - Fahrbericht - 2022
Foto: Lexus

Nicht überall werden Leistungen und Erfolge gleich bewertet. Vielleicht saßen auch sie schon mal in der Bahn oder im Flieger neben einem berühmten Erfinder, ohne es zu wissen. Oder gar neben einem erfolgreichen Sportler, dessen Disziplin sie aber nicht verfolgen. So ein versteckter Champion ist auch der Lexus RX, zumindest wenn man ihn durch die schwarz-rot-goldene Brille betrachtet. Mit 3,5 Millionen verkauften Exemplaren seit 1997 steckt er nämlich den nur ein Jahr später eingeführten Mercedes ML – inzwischen GLE genannt – mit seinen deutlich über zwei Millionen verkauften Exemplaren global locker in die Tasche. Trotzdem ist er in Europa – nur 300.000 RX fanden ihren Weg auf den alten Kontinent – ein echter Exot, ganz besonders in Deutschland.

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Geht es nach Lexus soll sich das nun ändern, weswegen der neue RX nicht nur als klassischer 350h mit dem aus dem Toyota RAV4 bekannten, 250 PS-starken Vollhybridantrieb und als 450h+ mit Plug-in-Hybrid-Antrieb (309 System-PS) kommt, sondern auch als RX500h. Gerade dieser Antrieb soll deutsche Kunden glücklich machen, handelt es sich doch erstmals in der Unternehmensgeschichte um einen Turbo-Hybrid. Der 2,4-Liter-Turbo-Vierzylinder arbeitet mit zwei Elektromotoren als Vollhybrid mit Nickel-Metallhydrid-Akku (5 Amperestunden Kapazität) ohne externe Lademöglichkeit zusammen. Ebenfalls besonders: erstmals kommt anstelle des CVT-Getriebes bei einem Hybrid eine Sechsstufen-Wandlerautomatik zum Einsatz.

Nur keine Hektik

Macht die den Lexus zum ersten Dynamikkonkurrenten des X5? Nein, zwar wirbt Lexus mit einem neuen, dynamischen DIRECT4-Allrad für den 500h, der entpuppt sich aber beim genaueren Hinsehen als E-Allrad ohne mechanische Verbindung von Verbrenner an die Hinterachse. So bringt er alle 550 Newtonmeter souverän auf die Straße, kann aber nicht dynamisch ins Geschehen eingreifen oder sich gegenüber den anderen Varianten mit dem E-Four-Allrad bei der Anhängelast absetzen (alle Varianten: 750 kg ungebremst, 2.000 kg gebremst). Aber das passt auch so, denn der RX ist vor allem eines: ein hochkomfortabler Gleiter. Das adaptive Fahrwerk AVS (Serie bei 500h, optional bei 350h und 450h+) lässt lange Hubbewegungen zu und lässt den RX angenehm über die teils stark zerfurchten kalifornischen Highways schweben. Trotz der teil großen Karosseriebewegungen beruhigt sich der Aufbau ausreichend schnell, das Komforterlebnis ist eben etwas mehr oldschool, aber nicht unangenehm. Dementsprechend biegt der RX mit seiner linearen aber ebenfalls komfortorientierten, ausreichend präzisen Lenkung noch halbwegs willig in die Kurve ein, neigt sich dann aber auch im etwas strafferen Sportmodus tief in seine Federn. Nein, ein Sportler ist er wahrlich nicht, aber muss ein SUV das wirklich sein?

Lexus RX
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Der Antrieb des 500h ist komplett neu und verbindet bei Toyota erstmals einen Vollhybrid mit Turbolader und Wandlerautomatik.

Große Hybrid-Auswahl

Der Antrieb unterstützt seinen Charakter mit viel, schnell anliegendem Drehmoment und der unmerklich und ausreichend zügig schaltenden Wandlerautomatik. Unter Volllast ist der Turbo-Benziner deutlicher wahrnehmbar, im Sportmodus erhält er gar einen über die Lautsprecher eingespielten, recht synthetisch klingenden Soundtrack. Im Eco-Modus wird die Gaspedalkennlinie weniger direkt, in Custom kann man sich die einzelnen Komponenten nach Gusto abstimmen. Für gröberes gibt es noch einen Trail-Modus. Beim Wechsel in den 350h bleibt etwas Souveränität auf der Strecke. Der Sauger klingt angestrengter, auch wenn das CVT-Getriebe ihn meist in einem verträglichen Drehzahlfenster hält.

Der Vortrieb ist trotzdem ausreichend und der Antrieb hat seine Sparsamkeit im Toyota RAV4 bereits bewiesen. Im Gegensatz zum 500er gibt es zudem einen rein elektrischen Modus. Der ist beim ersten Plug-in-Hybrid RX, dem 450h+ ebenfalls an Bord und natürlich von zentraler Bedeutung. In ihm peilt Lexus mit dem 18,1 Kilowattstunden-Akku (Netto) eine elektrische Reichweite von 65 Kilometern an, die finale WLTP-Homologation steht noch aus. Geladen wird einphasig mit bis zu 6,6 kW, was den Akku in rund drei Stunden wieder aufladen soll. Ansonsten geht der PHEV angenehm ruhig zu Werke. Die drehmomentstärkere E-Unterstützung hält den Verbrenner im hybridischen Modus öfter in niedrigen Drehzahlen, die Übergänge gestalten sich unmerklich und ohne Rucken. Unter Volllast fühlt er sich dagegen kaum schwächer als der 500 an, was auch seine nur um drei Zehntel langsamere Werksangabe für den 0-100-Sprint bestätigt (6,5 zu 6,2 Sekunden). Der Übergang zwischen Rekuperation und hydraulischer Bremse gelingt allen drei Varianten gut. Auffällig: die Verbundbremsanlage mit 400 Millimeter-Scheiben des RX500h F Sport fühlt sich verdächtig nach Sportwagen an. Der Pedalweg ist kurz, der Druckpunkt steinhart, die Bremswirkung lässt den Vorderwagen tief eintauchen.

Sicherheit dank elektrischem Türgriff

Ein großes Arsenal an Assistenzsystemen soll das Sicherheitsversprechen der Marke einhalten. Neben den üblichen Verdächtigen findet sich dabei auch ein Proaktiver Fahrassistent, der Funktionen eines Adaptivtempomaten bietet, auch wenn dieser gar nicht aktiviert wird. So bremst der RX selbstständig vor Hindernissen sanft herunter, kann das Tempo vor den Kurven anpassen oder achtet auf vorausfahrende Fahrzeuge. Aus anderen Modellen bekannt: die Kamera, die Müdigkeit oder Erschöpfung beim Fahrer erkennen soll. Ebenfalls neu: der Safe-Exit-Assist erkennt sich von hinten nähernde Verkehrsteilnehmer und kann das Öffnen der Türen verhindern. Dafür musste der Türöffner elektrifiziert werden, der nun von innen mit einem Knopf unterhalb des Griffs die Tür öffnet. Das klingt zwar befremdlich, geht aber äußerst intuitiv von der Hand, da man in einer Handbewegung die Tür entriegeln und öffnen kann und nicht wie sonst den bekannten Ellbogen-Stoß vollführen muss. Sollte der Mechanismus nicht funktionieren, fungiert der Öffnungsknopf in umgekehrter Richtung als mechanische Entriegelung.

Lexus RX
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Großer 14-Zoll-Touchscreen mit scharfer Auflösung und schnellen Rechenzeiten. Apple CarPlay lief problemlos, gegen Android Auto wehrten sich die Vorserien-Fahrzeuge noch.

Tief eintauchen muss man auch erstmal in das touchbasierte 14-Zoll-Infotainment-System, um gewisse Funktionen zu finden, wie die Anzeigeverstellung des digitalen Fahrerdisplays. Auflösung und Geschwindigkeit sind hervorragend, der intuitive Sprachassistent zeigt sich – zwar noch auf Englisch – sehr intelligent und versteht natürliche Sprachbefehle problemlos. Trotzdem ist die Bedienung in den Untermenüs etwas schachtelig und abgesehen von der Temperatur und der Scheibenheizung müssen andere Klimafunktionen ebenfalls über den Screen angepasst werden. Neu sind ebenfalls die Lenkradtasten, die links und rechts ein Steuerkreuz darstellen. Fährt man mit dem Finger über die Tasten ploppt im Head-up-Display eine Anzeige auf, die illustriert, welche Funktion gerade auf welcher Taste liegt. Gedrückt wird traditionell mit haptischem Feedback. Mit der untersten Lenkradtaste können die Belegungen gewechselt werden, im Menü können die einzelnen Tasten nach persönlichen Vorlieben konfiguriert werden. Tatsächlich muss so der Blick bei der Bedienung nicht von Straße genommen werden, aber es erfordert Eingewöhnung nicht direkt am Lenkrad zu sehen, was man nun aktiviert oder steuert. Das Tachodisplay löst weniger schön auf als der Zentraltouchscreen, liefert aber die nötigen Infos.

Mehr Komfort als Platz

Während die Sitze in den normalen Modellen eher leger und komfortorientiert geschnitten sind, klammern die F-Sport-Sitze deutlich fester und wirken auch noch eine Spur ergonomischer. Bequem sind beide Varianten. Die Materialqualität ist Lexus-typisch auf hohem Niveau ohne aber Leder, Holz, Alcantara und Metall im pompösen Stil eines Mercedes zu inszenieren. Hier geht es schlichter zu, auch wenn die Verarbeitung in den gefahrenen Vorserienmodellen mit abstehenden Leisten und ein paar mäßigen Passungen noch kleine Mängel zeigt. Eine Reihe weiter hinten sitzt man auffällig hoch. Das sorgt zwar für eine angenehme Sitzposition mit ausreichend Beinauflage und angenehmen Kniewinkel aber gerade mit dem Panoramadach wird es schon ab 1,85 Meter eng. Auch im Kofferraum entpuppt sich der immerhin 4,89 Meter lange und über zwei Tonnen schwere RX nicht als Raumwunder. Die Ladefläche ist zwar groß, aber der Ladebereich nicht sonderlich hoch, da unter dem Ladeboden kaum noch Platz ist. Dementsprechend liegt die Volumenangabe nur bei 461 Litern.

Lexus RX
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Großzügig ausgeformte F-Sport-Sitze mit viel Seitenhalt und Komfort.

Der neue RX ist ab Ende des Jahres bestellbar, die ersten Serienfahrzeuge sollen Anfang 2023 ausgeliefert werden. Preise hat Lexus jedoch noch keine genannt, sie dürften sich aber an dem bisherigen Startpreis von rund 65.000 Euro orientieren.

Fazit

Warum die Eile? Der Lexus RX bietet ein komfortables und entschleunigendes Fahrgefühl ohne falsche Sportlichkeit. Der neue Turbo-Hybrid bringt vor allem Souveränität, seine Effizienz muss er aber im Gegensatz zu den beiden anderen Varianten noch beweisen. Das Interieurkonzept ist eigen, aber durchaus durchdacht, die Bedienung braucht etwas Eingewöhnung. Lediglich das Platzangebot dürfte bei einem so großen Wagen üppiger ausfallen.