Maserati Granturismo Trofeo
GT mit Supersportler-Motor und Verwöhn-Fahrwerk

Als Konkurrenz zu 911 oder BMW 8er sieht Maserati das neue Sportcoupé. Wir waren mit dem 550 PS starken Granturismo Trofeo unterwegs.

Maserati Granturismo Trofeo
Foto: Lorenzo Marcinno / Maserati

Auch wenn das für viele neu sein mag: Maserati zählt zu den Erfindern des modernen Sportwagens. Es begann, als man in Italien die frei stehenden Räder der Rennwagen mit Karosserieteilen verkleidete. Diesem Erbe fühle man sich heute noch verpflichtet, sagt Designchef Klaus Busse. Und zeigt am grauen Maserati Granturismo Trofeo auf dem Kies-Rondell vor dem Hotel, wie grazil und elegant sich das Blech über die vier Räder wölbt. Da wirkt der unschöne deutsche Begriff Kotflügel besonders unpassend. Es erklärt auch, so Busse, warum der neue Granturismo seinem Vorgängermodell ziemlich ähnelt, obwohl der Neue nicht nur auf einer komplett anderen Basis aufbaut, sondern zudem über völlig andere Antriebe verfügt.

Unsere Highlights

"Der Granturismo", erklärt der Designer, "ist für unsere Marke sinnstiftend, er soll erkennbar sein." Kurz gesagt: Der Granturismo ist die Essenz von Maserati. Keine Frage, der neue Granturismo steht wunderschön da, muskulös, spannungsvoll, und doch nie aufdringlich oder verspielt.

Traditionelles gibt es ebenso bei den Antrieben. Hier kehrt Maserati zu fast vergessenen Wurzeln zurück: 90-Grad-V6, zwei Turbolader rechts und links der Zylinderbänke, das gab es bereits beim Maserati Biturbo der 80er- und 90er-Jahre.

Dreiliter-V6 aus dem MC20

Nicht dass der V6 in Granturismo Modena und Trofeo außer diesen Eckdaten mit dem Biturbo von 1982 viel gemeinsam hätte. Der Dreiliter-V6 mit dem schönen Namen Nettuno (Neptun), der auch im Supersportwagen MC20 zum Einsatz kommt, ist ein Hightech-Treibsatz mit Doppeleinspritzung und Vorkammerzündung. Im Granturismo kommt er mit etwas gebremstem Schaum: 490 (Modena) oder 550 (Trofeo) statt der 630 PS im MC20.

Zum ersten Anprobieren fährt ein Granturismo Trofeo vor, in der exklusiven Prima Serie-Ausstattung, von der es nur 300 Exemplare für besondere Kunden der Marke geben wird. Unser Trofeo ist im Farbton Grigio Lamiera gehalten, 75 Exemplare sind in diesem Farbton geplant. Dazu kommen noch je 75 Granturismo in Nero Cometa, Rame Folgore und Ink Blue. Lamiera bedeutet auf Italienisch Blech, da könnte man ebenso von selbst draufkommen, wenn der Wagen im Morgenlicht nördlich von Rom so vor einem steht.

Wir entern den blechgrauen Trofeo Prima Serie. Und suchen. Zuerst den Startknopf (links am Lenkrad), dann die Getriebebedienung (Schalterleiste zwischen Navimonitor und Klima-Touchscreen). Da wäre uns ein griffiger Wählhebel lieber. Das Betätigen der Kraftübertragung könnte gerade bei so einem Sportwagen etwas emotionsgeladener ausfallen als ein simpler Tastendruck. Die Tasten befehligen die bekannte ZF-Achtgangautomatik 8HP 75. Sie kommt ihren Aufgaben so unauffällig wie unaufgeregt nach. Etwas mehr Spektakel gibt es, wenn der V6 im manuellen Modus bis 8.000 Umdrehungen hochjubeln darf, bevor mit einem Zupfer an der lenksäulenfesten, rechten Schaltwippe die nächste Fahrstufe reingezappt wird.

Verwöhnendes Luftfeder-Fahrwerk

Das ist freilich selten vonnöten. Der V6 ist trotz seiner extrem hohen Literleistung ein lässiger Geselle, der bereits ab mittleren Drehzahlen schiebt wie ein Ochse und sich dabei akustisch angenehm zurückhält. Im Sportmodus wird er etwas lauter, doch pubertäres Getröte ist nicht seine Art. Das passt auffallend gut zum Charakter eines Gran Turismo. Das führt freilich führt dazu, dass man in dem 550 PS starken Coupé oft schneller unterwegs ist, als vermutet.

Maserati Granturismo Trofeo
Lorenzo Marcinno / Maserati

Also Augen auf Tacho und Head-up-Display, damit die Tour über verästelte Straßen nördlich von Rom nicht ausartet. So gibt der Maserati alsbald die Verfolgung eines ambitioniert bewegten Fiat 500 L auf, als dieser weit jenseits des italienischen Landstraßen-Limits talwärts eilt. Viel entspannender ist es da, sich einfach so wohlzufühlen im Granturismo, haltstark eingebettet in sehr straffe, doch vielfältig einstellbare Sportsitze und verwöhnt von einem Luftfeder-Fahrwerk, das auch hier im ländlichen Latium die passende Balance zwischen vertrauensbildender Straffheit und akzeptablem Komfort findet. Dazu bemüht sich die Lenkung um Transparenz, ist leichtgängig, doch nicht indifferent und meldet eilfertig nachlassenden Grip an den Vorderrädern.

Das alles funktioniert so harmonisch, dass sich das hohe Gewicht (1.795 kg) nicht wirklich bemerkbar macht. Selbst dem vollelektrischen Maserati Granturismo Folgore, der zum Vergleich auf eine kurze Testrunde darf, gelingt das sehr überzeugend. Der bis zu 610 kW und 1.350 Nm starke Elektro-GT überrascht im Straßenverkehr mit gut dosierbarer Leistung und holperigem Komfort. Positiv hier: keine künstlich überbetonte Soundkulisse, sondern natürliche Stromer-Geräusche aus Antrieb und Leistungselektronik. Wenn Sie nun Lust bekommen haben auf Mehr: Die beiden Versionen mit V6 können Sie ab 178.278 Euro (Trofeo: ab 222.204 Euro) bestellen, den elektrischen Folgore gibt es in der zweiten Jahreshälfte.

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Klassisch nur mit Verbrennern.
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Eine Wasserstoff-Brennstoffzelle wäre super gewesen.

Fazit

Der neue Maserati ist grandioser GT mit charakterstarkem V6 und gekonnt abgestimmtem Fahrwerk, verpackt in einer wunderschöne, elegante Karosserie – da haben Ingenieure und Designer in Modena schon ganz viel richtig gemacht. Billig ist der Spaß freilich nicht. Dennoch kann man als Porsche- oder BMW-Fahrer schon mal auf dumme Gedanken kommen.

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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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