Maxus Mifa 9
Erste Fahrt im Elektro-Van aus China

2023 kommt der Maxus Mifa 9 bei uns auf den Markt. Wir waren schon jetzt mit dem nobel ausgestatteten Elektro-Van aus China unterwegs und haben einen Fahrbericht sowie ein Video mitgebracht.

9/2022, Maxus Mifa 9
Foto: Bernd Conrad

Es gibt viele dehnbare Begriffe; "Nutzfahrzeug" ist einer davon. Wenn man unter einem Mikrofaser-Dachhimmel auf edlem Nappaleder thront und sich über einen kleinen Touchscreen erst die passende Ambientebeleuchtung und dann die Sitzmassage zurecht konfiguriert, denkt man nicht unbedingt an nutzwertige Autos für den geschäftlichen Einsatz. Oder doch?

Fakt ist: Der Mifa 9, den die chinesische Marke Maxus im Frühjahr 2023 zu uns bringen will, komplettiert ein Modellprogramm von Kastenwagen und Plattform-Fahrgestellen, zu denen sich noch ein Pick-up sowie ein kleiner Lkw gesellen. Die weitestgehend vollelektrischen Chinesen werden zudem über ein aktuell wachsendes Netz von auf Nutzfahrzeuge spezialisierten Händlern vertrieben.

Der große E-Ratgeber

Was hat dann der Mifa 9 hier zu suchen? Für seine Zielgruppe, die sich vornehmlich aus Hotelbetrieben mit Transferangebot, Shuttle-Dienstleistern und anderen Unternehmen im Personenbeförderungsgewerbe zusammensetzt, ist auch er ein Nutzfahrzeug.

Schon die schiere Größe des Vans, der 5,27 Meter lang, zwei Meter breit und 1,84 Meter hoch ist, dürfte ihn nicht für den Standardcarport oder die Normgarage am Familien-Reihenhaus qualifizieren. Zudem passen einfachere Materialien und nur eine Reihe im Fond mit mehr Kofferraum dahinter besser zum Alltag zwischen Schule, Supermarkt, Büro und Bike-Ausflug am Wochenende. Ähnlich wie der Hyundai Staria mit Dieselmotor, den es bei uns aktuell nur als Signature-Version mit ähnlichen Liegesitzen in der zweiten Reihe wie beim Maxus gibt, ist der Mifa 9 also nur bedingt für Privatkunden geeignet.

Lümmeln auf breitem Fahrersitz

Zwei große, elektrisch angetriebene Schiebetüren öffnen den Weg in den Fond. Die beiden Sessel vor der Dreiersitzbank im Fond haben ausklappbare Tischchen und sogar jeweils einen eigenen kleinen Touchscreen, mit dem alle Komfortfunktionen bedient werden. So ähnlich sieht man das aktuell im neuen BMW 7er/ i7.

Vielfältige Einstellmöglichkeiten bis hin zur elektrischen Kopfstütze erlauben eine bequeme Reiseposition. Einzig die gut gemeinten Fußstützen am Boden sind für große Menschen ungünstig platziert. Die aufwendigen Sitze lassen sich außerdem nicht nach vorne klappen, wohl aber einige Zentimeter nach außen fahren. Ein enger Durchgang muss dann für die Passagiere reichen, die nach hinten in die Economy-Klasse müssen. Vorteil gegenüber dem erwähnten Staria: Die Sitzbank hier ist auf Schienen montiert und in der Länge einstellbar. Damit kann man die Größe des Kofferraums je nach Bedarf variieren. Genaue Angaben zu seiner Größe liegen aber, wie ein großer Teil der technischen Daten, noch nicht vor.

Wir wechseln ins Cockpit. Der Mifa-9-Pilot lümmelt auf einem breiten Sitz. Trotz einem nur in der Höhe einstellbaren Lenkrad passt die Position hier gut, die Anzeigen auf dem digitalen Kombiinstrument sind schnell erfasst. Etwas mehr Eingewöhnung brauchen die Menüs, die sich über den Touchscreen in der ansonsten knopflosen Mittelkonsole steuern lassen. Sämtliche Funktionen bis hin zum Abblendlicht werden hier bedient, darunter auch die drei Stufen zur Energierekuperation.

Guter Fahrkomfort, stürmische Traktion

9/2022, Maxus Mifa 9
Bernd Conrad
Bequeme Sitzposition und gute Übersicht. Der Elektroantrieb hat mit 350 Nm ausreichend Kraft.

Um die auszuprobieren, muss man erstmal losfahren. Gesagt, getan. Der Elektroantrieb mit bis zu 180 kW (245 PS) und 350 Nm Drehmoment treibt den wohl etwa 2,5 Tonnen schweren Maxus Mifa 9 ausreichend kräftig voran. Steile Fensterflächen und eine ausgeprägte vordere Haube, unter der ein 55 Liter großes Staufach steckt, sorgen auch im Stadtverkehr für eine gute Übersicht. Hier und auch außerorts gefällt die Fahrwerksabstimmung des Vans, Querfugen und andere Verwerfungen im Asphalt dringen kaum in den Innenraum, wo dann die Sitzpolsterung den Rest übernimmt.

In der höchsten von drei Stufen zur Energierückgewinnung verzögert der Mifa 9, sobald man den Fuß vom Fahrpedal nimmt, spürbar und bis zu einer Geschwindigkeit von etwa zehn Kilometer pro Stunde. Für den letzten Stopp-Befehl muss man dann aber das Bremspedal betätigen.

90 kWh Strom speichert der Lithium-Ionen-Akku, was nach WLTP-Zyklus für eine Reichweite von 440 Kilometern genügen soll. Im reinen Stadtverkehr mit niedrigeren Geschwindigkeiten und vielen Rekuperationsphasen sollen unter Idealbedingungen sogar bis zu 595 Kilometer möglich sein. Was sich davon im Alltag umsetzten lässt und wie hoch der Stromverbrauch ist, kann erst ein späterer Test klären.

Bis dahin dürfen die Ingenieure gerne noch ein wenig an der Traktion tüfteln. Zumindest auf nasser Straße reicht ein nur halbwegs schwerer Fuß auf dem Fahrpedal, um die Continental-Reifen an der angetriebenen Vorderachse beim Ampelstart zu Radiergummis umzufunktionieren. Die Traktionskontrolle setzt mit leichter Gedenkpause ein.

Wie teuer wird der Chinese?

9/2022, Maxus Mifa 9
Bernd Conrad
Der große Maxus Mifa 9 wird vor allem gewerbliche Nutzer ansprechen. Ob und wann Versionen für den Familien-Alltag kommen, ist noch nicht bekannt.

Die Preise für den Maxus Mifa 9 sind noch in der Kalkulation, also hilft nur eine Spekulation. Im Marktsegment der noblen Elektro-Vans trifft er auf den Mercedes EQV, den er als Neuling aus China im Preis deutlich unterbieten muss. In der hier gefahrenen Vollausstattung dürfte der Mifa 9 aber kaum unter 75.000 Euro zu haben sein, ein Basismodell mutmaßlich ab rund 65.000 Euro.

Ob später auch fünf- oder mehrsitzige Familienversionen mit einfacherer Ausstattung kommen, ist aktuell noch nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, da die Marke Maxus angekündigt hat, zum Vollsortimenter zu werden, der auch Pkw verkauft.

Fazit

Bei uns gibt es nur einen kleinen Markt für edle Vans. International sind Autos wie der Toyota Alphard und andere bei Shuttlediensten stark nachgefragt. Mit dem Maxus Mifa 9 betritt jetzt ein großer, nobel ausgestatteter Elektro-Van die Bühne. Materialen, Fahrkomfort und Verarbeitung können auf den ersten Blick überzeugen. Die Traktionsschwäche an der Vorderachse ist mit Feinarbeit bis zum Marktstart zu bewerkstelligen.

Es wird spannend, was der Maxus Mifa 9 kosten wird. Und auch, welche Unternehmen sich den großen Van aus China für ihre Fahrdienstleistungen anschaffen werden.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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