Mazda MX-5-Jubiläum
25 Jahre in 25 Kilometern

An einem frostfrischen Donnerstag, dem 9. Februar im Jahr 1989, ging auf der Chicago Motor Show die Sonne auf: Der Mazda MX-5 debütierte. Und noch heute genügen 25 Kilometer in dem Roadster, um seine ganze Faszination zu erfahren.

Mazda MX-5, Seitenansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Die erste urkundliche Erwähnung von Möckmühl stammt aus der Zeit um 750. Wenn wir nun noch berücksichtigen, dass die Stadt 1287 durch die Hochzeit von Poppo von Dürn mit Agnes von Hohenlohe offiziell an das Haus Hohenlohe kam, ist dies hier mal mindestens ihre dritte Erwähnung. Dass wir hier das Jubiläum des Mazda MX-5 feiern, gründet aber nicht in dem, was uns hier erwartet. Es liegt daran, wie wir hier wieder wegkommen.

Auf dem Lande könne sich jeder anständig benehmen, schließlich gebe es dort keinerlei Versuchungen, irrte Oscar Wilde einmal. Denn hier gibt es neben jeder Menge Landschaft: Kurven. Von Möckmühl an der Jagst schlängelt sich meine alte Hausstrecke in weiten Schwüngen, kurzen Geraden und engen Kehren über Kuppen, Hügel, Berge, durch Felder, Wälder, Wiesen zur Burg Hornberg hoch über dem Neckar.

Nun ist gerade der Mazda MX-5 ein Auto, das wichtiger ist als die Straße, auf der es fährt. Weil er selbst die B 441 am Mittellandkanal an einem verregneten Dienstagmittag zum sonnenglitzernden Pacific Coast Highway verzaubert. Doch für seinen 25. Geburtstag haben wir eine Strecke ausgesucht, auf welcher er 25 Kilometer lang beweisen kann, warum er zu Recht mit rund 940.000 gebauten Exemplaren der erfolgreichste Roadster der Automobilgeschichte ist.

Das Dach ist seit heute früh auf. Auf dem Hinweg dröhnte ein Jaguar E-Type Roadster durch den Wald. Geschlossen. Hinterher der sturmverstruwwelte Mazda MX-5. Vielleicht ist ein Roadster keine Fahrzeuggattung, sondern eine Einstellungssache. Eine, die besagt, dass der MX-5 nur in der Waschbox das Verdeck braucht. Zwei Schnappverschlüsse entriegeln, Reißverschluss für das Plastikheckfenster öffnen und es unverkrempelt ablegen, Verdeck nach hinten stupsen. Dauert etwa acht Sekunden, bis du ganz im Freien hockst. Außer, dich begleitet ein Polizist oder Fotograf, der auf die Bedeutung der Verdeckabdeckung hinweist – aus straßenverkehrsordentlichen oder ästhetischen Gründen, gleichwohl im selben, drängenden Ton. Der aktuelle Mazda MX-5 bräuchte keine Persenning fürs Softtop – erfreulich. Es gibt ihn seit 2007 aber auch mit elektrisiertem Metallklappdach – befremdlich.

Ist der Mazda MX-5 britisch? Nur im Prinzip

Dabei geht es nicht um die 20 Kilo Mehrgewicht, sondern um etwas Wichtigeres: das Prinzip. Schon der erste Mazda MX-5 ist ein Auto der perfektionierten, einfachen Ideen – womit er eben nicht in der Tradition britischer Roadster der 60er- und 70er-Jahre steht. Lotus Elan oder Triumph Spitfire nutzten eher anfällige, umständliche Lösungen, waren nie so zuverlässig wie der MX-5.

Das britische Roadstertum ist 1979 nur Vorbild, als sie bei Mazda zum ersten Mal über einen offenen Zweisitzer nachdenken. 1984, als kaum einer an die Zukunft des Roadsters glaubt, steht das Konzept: Motor vorn, Antrieb hinten, dazwischen ein Kabäuschen für zwei. 1989 feiert der 955 Kilo leichte, 3,98 Meter kurze Miata Premiere.

1990 kommt er zu uns, das Jahreskontingent ist in drei Tagen verkauft – viele Interessenten bieten mehr als die 35.500 Mark der sehr unverbindlichen Preisempfehlung. Es gibt solvente Autofans, Freunde unseres Hauses, die lassen für einen MX-5 der ersten Serie ihren Porsche 993 oder Ferrari 355 in der Garage verstauben. Der Roadster wird auch deshalb zum Bestseller, weil er sich selbst nach vielen Sommern und Hunderttausenden Kilometern weigert, kaputtzugehen. Nur am Schweller knabbert gern mal der Rost.

Selbst nach eineinhalb Jahren Standzeit springt der 1997er NA beim ersten Schlüsseldreh an, wummert entschlossen über die Stadtgrenze. Schon nach 800 Metern kurvt die Straße los, erst sacht, dann über Serpentinen hin. Anbremsen, zurück in den zweiten, energisch am Lenkrad nach links drehen, Lastwechsel provozieren, und der MX-5 schwenkt mit dem Heck aus. Das gelingt so leicht, dass selbst Tante Gertrud mit dem Mazda MX-5 zur Kirchenchorprobe driften könnte.

Tempo trotz 90 PS

Genau darin liegt das Geheimnis des Mazda. Er schmeichelt dir, bezirzt dich, was für ein brillanter Fahrer du bist. Vergiss den Tacho, der kann nur Geschwindigkeiten anzeigen, aber nicht das Tempo des 90 PS schwachen Roadsters. Wenn Waldeskühle und Frühlingsflirren abwechselnd durchs Auto stürmen, fühlen sich 50 km/h schneller, ungestümer, unmittelbarer an, als es anderen Roadstern mit dem doppelten Tempo gelänge (ja, dich meinen wir, Mercedes SLK).

Es geht um die Kurve. Niedertourig grummelt der MX-5 durch den Weiler, am Ortsschild: zurückschalten. Die Fünferbox allein kann ein Grund sein, dieses Auto zu kaufen, ein sehr guter sogar. Über den Stummelhebel klickediklacken die Gänge auf kurzen, perfekt geführten Wegen, mit feinmechanischer Präzision und optimalem, eben nicht zu niedrigem Kraftaufwand. Seit 2001 gibt es den MX-5 auch mit Automati…, nein, erwähnen wir es nicht.

Toben wir stattdessen durch den tosenden Wind, der übrigens noch turbulenter über die Frontscheibe stürmt, wenn die Scheinwerfer hochgeklappt sind. Der MX-5 schwingt sich durch Kurven, umrundet sie mit losem Heck und der schnittigen Präzision der direkten Servolenkung. Die Strecke mäandert durch zwei Dörfer, begleitet dann als schmales Sträßchen wieder einen Wald zur Linken. Vier Kilometer noch.

Auf denen tourt der Doppelnockenwellen-Motor wieder kernig Richtung 6.000. Eine Senke, eine Kuppe, vier Kurven, eng, staubig. Der MX-5 saust durch, taucht dann auf den letzten Meter erneut in den Wald. Dann die Burg und der Blick auf den Fluss, der träge zum Rhein strömt. Wie die Hitze über der Motorhaube flirren auch die Gedanken, als die Konzentration abebbt.

Der MX-5 absorbiert dich komplett. Auf den letzten 25 Kilometern bin ich einfach nur gefahren, habe gelenkt, gekuppelt, geschaltet, Gas gegeben, gebremst, immer nur von einer Kurve zur nächsten gedacht. Was immer unter dem abgewetzten Begriff „Fahrspaß“ beschrieben wird, ist eigentlich nichts anderes als die Intensität des Fahr-Erlebnisses. Im Mazda MX-5 lässt es für nichts anderes Raum. Dass genau dies echte Sportwagen ausmacht, bedarf keiner Erwähnung.

Das B, C, D des Mazda MX-5

Auf die Generation NA folgt 1998 der zweite MX-5, intern NB genannt. Er hat konventionelle Scheinwerfer, wird komfortabler. Wieder puristischer tritt 2006 der NC auf, der im nächsten Jahr dem ND weichen muss. In seiner vierten Generation soll der MX-5 ganze 100 Kilo leichter und noch agiler werden.

Technische Daten
Mazda MX-5 1.6
Grundpreis19.056 €
Außenmaße3975 x 1675 x 1230 mm
Kofferraumvolumen135 l
Hubraum / Motor1598 cm³ / 4-Zylinder
Leistung66 kW / 90 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit175 km/h
Verbrauch8,7 l/100 km