Original-Test BMW Z8 (2000)
Kamingefühle dank Chris Bangle

Der BMW Z8 ist alles andere als ein aggressives Sportinstrument. Viel mehr liegt ihm die Rolle des sportlichen Tourers. Den Test für Heft 5 verfasste im Jahr 2000 auto motor und sport-Redakteur Wolfgang König.

BMW Z8
Foto: Achim Hartmann

Eine entscheidende Hürde auf dem Weg zum Erfolg hat der neue BMW Z8 schon genommen: Amerika liebt ihn, jener Teil zumindest, auf den es ankommt. Wenn es um Traumwagen geht, ist das Südkalifornien, just dort, wo BMW das Auto nun der Weltpresse vorführte.

Kein schlechter Schachzug, wie sich bei der ersten Ausfahrt bald herausstellt. Wo immer das schöne Stück auftaucht, hagelt es Lob. Die Palette reicht vom hymnisch vorgetragenen "that’s slick man" bis zu einem zweischneidigen "you Germans are always the leaders". Aber auch das sachkundige Publikum spart nicht mit Anerkennung. "Genau wie ein XK-E", findet Norman Lewis, der von Berufs wegen Lincoln-Limousinen im Sieben-Meter-Format bewegt.

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BMW Z8
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Das Verdeck ist gut gefüttert und öffnet sich per Knopfdruck.

XK-E hieß in den USA einst der Jaguar E-Type, und in der Tat sind die stilistischen Anleihen bei diesem prominenten Klassiker unverkennbar. Aber der E-Type ist nicht der Einzige. In den Linien des Z8 schwingt so ziemlich die gesamte Roadsterprominenz der fünfziger und sechziger Jahre mit, den hauseigenen 507 eingeschlossen. Noch nie entsprach ein neuzeitlicher Sportwagen so konsequent dem Klischee vom Klassiker.

4,4 Meter lang und 1,83 Meter breit

Was natürlich automatisch die Geschmacksfrage aufwirft. Ist Retrodesign noch Kunst oder schon Kitsch? Die Tatsache, dass der Z8 formal kein Original, sondern bloß nachgemacht ist, ändert jedenfalls nichts am Auffälligkeitsgrad des Langschnäuzers. Gegen den muskulös gerundeten, 4,4 Meter langen und 1,83 Meter breiten Super-BMW wirken die sonstigen Vertreter der aktuellen Roadster-Generation wie Kinder-Spielzeug.

BMW Z8
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Herzstück des Z8: Der 400 PS starke V8-Motor, bereits bekannt aus dem M5.

Aber nicht nur der Auftritt drängt diesen Eindruck auf. Immerhin walten hier 400 PS und 500 Newtonmeter, nicht weniger als im BMW M5, momentan spurtstärkste Serienlimousine und zugleich Organspender für den Z8. Damit lässt sich auch bei den Sportwagen in der ersten Liga spielen, wie einem schon auf den ersten Metern klar wird. Der Fünfliter-V8 ballert derart unerbittlich los, dass man sich schon fast im Cobra wähnt, seit 40 Jahren unter den Kraft-Roadstern die Autorität in Sachen roher Gewalt. Auch die Werte sind cobramäßig: Wer es darauf anlegt, den befördert der Z8 in 4,7 Sekunden auf Tempo 100 und in 16 Sekunden auf Tempo 200, so bekundet es jedenfalls das Werk. Wie bei BMW üblich, bereitet die Elektronik der Beschleunigung bei 250 km/h ein Ende. Dafür erlaubt sie es, auf Knopfdruck den Gaspedalweg zu manipulieren. Dann wirkt der Z8 noch spritziger, bei langsamer Fahrt aber etwas ruckeliger.

Nicht ganz ein V8-Sound

Ganz der V8-Bolide beherrscht der Z8 aber auch die coole Variante. Wer jegliche Hektik vermeiden möchte, der lässt das Fünfliter-Triebwerk entspannt ziehen, wobei auch im obersten der sechs Gänge noch ausreichend Dampf zur Verfügung steht.

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Alu-Kulisse rund um den Schalthebel des Sechsganggetriebes.

Nicht ohne Stolz verweist man bei BMW in diesem Zusammenhang auf das Sound-Engineering. Bezüglich Tonlage und Timbre erreicht der Z8 zwar nicht die hohe Schule der V8-Klassiker. Aber er kommt der Sache im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften erfreulich nahe.

Ungeachtet der M5-Antriebstechnik ist der Z8 im Gegensatz zum Z3 kein reines Baukastenprodukt. Seine Exklusivität reicht bis unter die Haut, wo ein eigens für ihn entworfener, 230 Kilogramm schwerer Rahmen aus Aluminiumprofilen sichtbar wird. In Verbindung mit der BMW-typischen Federbein-Vorderachse und der Integrallenker-Hinterachse komponierten die Techniker ein massiv wirkendes Fahrgestell, das sich durch höchste Steifigkeit auszeichnen soll.

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Die Passagiere nehmen auf knapp geschnittenen Sportsitzen Platz.

Zugleich wanderte der Motor im Interesse einer vorteilhaften Gewichtsverteilung hinter die Vorderräder. Das Ganze umhüllen Aluminiumbleche, was allerdings nichts daran ändert, dass dieser Zweisitzer der Schwergewichtsklasse zuzuordnen ist. Sein Nenngewicht: 1.585 Kilogramm.

Hohe Lenkpräzision

Dem Fahrer bleiben die üppigen Pfunde nicht verborgen. Speziell in schnellen Wechselkurven spürt man die Trägheit der Masse. Das ändert freilich nichts daran, dass der Z8 zu den bestliegenden Exemplaren seiner Spezies gehören dürfte. Selbst im Extremfall überzeugt er durch verlässliche Neutralität, hohe Lenkpräzision und geringe Seitenneigung, wobei die fast unmerklich einsetzende elektronische Stabilitätskontrolle (DSC) für zusätzliche Sicherheitsreserven sorgt.

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Start your engine: Der Z8 wird per Knopfdruck angelassen.

Im Gegensatz zu den klassischen Vorbildern des Z8 kommt aber auch der Komfort nicht zu kurz. Dank dem steifen Unterbau ist er auf schlechten Straßen die Ruhe selbst. Zugleich zeugt die schluckfreudige Federung von hoher Abstimmungsfinesse – BMW at its best.

So ist der Z8 denn auch andere als ein aggressives Sportinstrument. Viel mehr liegt ihm die Rolle des sportlichen Tourers, ein Talent, dem der ordentlich dimensionierte Kofferraum (203 Liter) ebenso beiträgt wie die wohl dosierte Umfächelung mit Frischluft. Letzteres erleichtert das automatische Verdeck mit elektrischer Verriegelung, vorausgesetzt, man verzichtet die beigelegte, lederbezogene Persenning, denn die muss beim Z3 von Hand aufgefummelt werden. Ohne Aufpreis bekommen Z8-Kunden überdies ein Hardtop mit beheizbarer Heckscheibe mitgeliefert.

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Auch die Türen sind innen mit rotem Leder ausgekleidet.

Auch sonst ist alles im Preis inbegriffen, vom Navigationsgerät über das Telefon und CD-Radio mit zehn Lautsprechern bis zur elektrischen Sitzverstellung, was letztlich, so betont BMW, auch das stattliche Gewicht des Roadsters erklärt. Die eigentliche Attraktion ist freilich die Aufmachung des Ganzen.

Kamingefühle dank Chris Bangle

Sämtliche Oberflächen sind mit aufs Feinste verarbeitetem Leder bezogen oder – ganz wie in alten Zeiten – glänzend lackiert. Schalter und Hebel bestehen aus Aluminium und werden aus dem Vollen gedrechselt, und zum Anlassen darf ein separater Starterknopf gedrückt werden.

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Der Kofferraum fasst 203 Liter – genug für das Wochenendgepäck für zwei Personen.

Die Liebe zum Detail reicht bis zur Instrumentierung, wo sich BMW nicht scheut, die eigene Tradition über Bord zu werfen. Die sonst strengstens befolgten Gesetze der Ergonomie durchkreuzt der Z8 aus Nostalgiegründen mit mittig installierten Armaturen. Mit ihrer schummrigen Beleuchtung sollen sie bei Dunkelheit – so sieht es jedenfalls Chefdesigner Chris Bangle – wohlige Kamingefühle auslösen.

Dass so viel Exklusivität ins Geld geht, liegt auf der Hand. Unter 235.000 Mark ist ein Z8, von dem pro Tag höchstens zehn Exemplare gefertigt werden können, nicht zu bekommen. Immerhin, so argumentiert man bei BMW, sei der Z8 nicht nur von Klassikern inspiriert, sondern selbst zum Klassiker erkoren. Und weil das dauern kann, garantiert BMW beim Z8 eine 50 Jahre währende Ersatzteilversorgung.

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