Porsche 911 Turbo S im Fahrbericht
Mit dem 560 PS-Allradler auf dem Bilster Berg

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Mit 560 PS, aktiver Aerodynamik, Allradantrieb und Hinterradlenkung will der neue Porsche 911 Turbo S die fahrdynamischen Grenzen nach oben verschieben. Wir haben uns den Über-Elfer aus Zuffenhausen vorgeknöpft und zu einer Fahrt auf dem Bilster Berg ausgeführt.

Porsche 911 Turbo S, Frontansicht
Foto: Hersteller

Mag sein, dass andere Streckenabschnitte des Bilster Berg Drive Resorts spektakulärer erscheinen, doch in der schnellen Schikane kurz vor der welligen Bergab-Gerade blitzen die Talente des neuen Porsche 911 Turbo S besonders hell auf, flackern geradezu lichterloh.

Gerade eben noch vernichtete die serienmäßige Keramik-Bremsanlage mit Sechskolben-Festsätteln und 410-Millimeter-Scheiben an der Vorderachse unerbittlich das absurde Tempo, mit dem der Zweitürer aus der etwas längeren Linkskurve herausschoss. Jetzt lenkt der 4,50 Meter lange Porsche 911 Turbo S mit unerhörter Direktheit ein, setzt blitzschnell um, stabil, präzise, als ob er der Schikane links und rechts eine schallende Ohrfeige verpasst – und das ganz ohne Semi-Slicks und absurde Sturz- und Spur-Werte.

Unsere Highlights

Porsche 911 Turbo S wiegt 1,6 Tonnen

Der Fuß bleibt dabei auf dem Gas, damit das 3,8-Liter-Triebwerk des Porsche 911 Turbo S sämtliche Antriebswellen und das Hinterachsdifferenzial mit variabler Sperrwirkung bei Laune hält. Beim Herausbeschleunigen auf die Gerade verteilt die elektrohydraulisch geregelte Lamellenkupplung eifrig die Momente, im mittleren Drehzahlbereich liegen per Overboost (1,2 statt 1,05 bar Ladedruck) bis zu 750 Newtonmeter an, die verarbeitet werden wollen. Dementsprechend fällt der Schub aus, ungeachtet der 1,6 Tonnen Leergewicht bricht sich der Turbo mit obszöner Vehemenz Bahn.

Aktive Aerodynamik an Front und Heck

Ab 120 km/h fahren die beiden vorderen Segmente des Frontspoilers aus, der hintere schiebt sich um 25 Millimeter nach oben. Im Sport Plus-Modus zeigt sich der volle Umfang des Porsche 911 Turbo S-Flügelpakets – die sogenannte Performance-Stellung –, dann sollen bei 300 km/h insgesamt 120 Kilogramm Abtrieb größtmögliche Stabilität gewährleisten.

Übrigens: Damit soll sich die Rundenzeit auf der Nordschleife um zwei Sekunden drücken lassen. Für solche Tempi reichen die Geraden am Bilster Berg dann doch nicht, wenngleich sie auf einer handelsüblichen Autobahn unverschämt problemlos abrufbar sind – bis zu 318 km/h erreicht der Porsche 911 Turbo S, was sich im Innenraum vorwiegend durch verstärktes Rauschen und ein etwas eindringlicheres Wummern des kurzhubigen Sechszylinders bemerkbar macht.

Porsche 911 Turbo S übertragt Kraft per Doppelkupplung

Wie schon im Vorgänger, beeindruckt das Biturbo-Triebwerk eher mit schierer Leistung und Kraft aus dem Keller als mit motorsportartiger Akustik. Das bleibt weiterhin dem Porsche 911 GT3 vorbehalten, auch das geradezu sabbernde Lechzen nach Drehzahlen. Und der Porsche 911 Turbo S? Er dreht mindestens so gerne, wenngleich nicht ganz so hoch, denn bei 7.200/min muss der nächste Gang her.

Den serviert das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe entweder von selbst, was bei Sport Plus auch auf der Rennstrecke bestens klappt, oder fordert den Fahrer. Im Gegensatz zum GT3 muss zum Hochschalten der Wählhebel noch immer nach vorne gedrückt werden, also lieber die griffgünstigen Paddel benutzen.

20 Zoll Hinterräder lenken bis zu 1,5 Grad mit

Welche Variante auch gefordert sein mag: Das Getriebe des Porsche 911 Turbo S reagiert immer prompt, die Gangwechsel sind erledigt, noch bevor man das P in PDK ausgesprochen hat – und ermöglicht sogar spritsparendes Segeln, nur fürs Protokoll. Jetzt folgt der schnelle Bergab-Linksknick, der Turbo S zuckt nicht einmal, die Hinterräder lenken bis zu 1,5 Grad parallel zu den Vorderen mit, was die Stabilität erhöht.

Zugegeben, mit seinen 20-Zoll-Rädern ist der Porsche 911 Turbo S auch nicht gerade spärlich besohlt (vorne 245/35, hinten 305/30). Den Fahrer stützen unterdessen die serienmäßigen, 18-fach verstellbaren Sportsitze nahezu optimal, mehr Seitenhalt böten wohl nur Schalensitze. Doch ganz anders als beim GT3 stand hier die Alltagstauglichkeit weiter oben im Lastenheft, was sich im teuren S-Modell in einer nahezu kompletten Ausstattung niederschlägt – was allerdings die markentypische Länge der Aufpreisliste nur unwesentlich verkürzt. Erstaunlich, wie Porsche das immer wieder hinbekommt.

Porsche 911 Turbo S neigt sich kaum, stabilisiert fix

Doch beim Angriff auf Start-Ziel bleibt keine Zeit, darüber nachzudenken, vielmehr fällt die geringe Seitenneigung auf, die der Porsche 911 Turbo S zulässt. Dafür sorgen variable Stabilisatoren, die bei dynamischer Fahrweise das Wanken unterdrücken, bei Geradeausfahrt und wechselseitigem Einfedern nahezu vollständig entkoppelt werden.

Doch selbst im Verbund mit den adaptiven Dämpfern gerät der Top-Elfer nicht in Verdacht, Limousinen der Luxusklasse Konkurrenz machen zu wollen, speziell Querfugen mag er nicht besonders. Dennoch dürfte sein Federungskomfort im Sportwagen-Segment nur schwer überboten werden. Aber eigentlich ist das jetzt gerade ziemlich zweitrangig – die nächste Runde beginnt. 

Fazit

In der Lyrik seiner Erbauer gilt der 911 Turbo S selbstredend als der beste Turbo aller Zeiten – daran kommen auch ohne von uns ermittelte Messwerte schon heute kaum Zweifel auf. Der Turbo S erschleicht sich des Fahrers Vertrauen durch wieseliges Einlenken und ernsthafte Traktion – doch Vorsicht, der Motor liefert immer mehr Leistung, als es gut täte.

Technische Daten
Porsche 911 Turbo S Turbo S
Grundpreis197.041 €
Außenmaße4506 x 1880 x 1296 mm
Kofferraumvolumen115 l
Hubraum / Motor3800 cm³ / 6-Zylinder
Leistung412 kW / 560 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit318 km/h
Verbrauch9,7 l/100 km