Renault Clio (2019) im Fahrbericht
Ein Kleinwagen wird erwachsen

Auto Salon Genf 2019

Ende September geht Renault mit seinem weltweit wichtigsten Modell, dem kleinen Clio an den Start. Wir checken, was die fünfte Generation drauf hat.

Renault Clio 2019
Foto: Renault

Vor rund sieben Jahren standen wir ziemlich erstaunt vor einem ausdrucksstark geformten Clio, der so ganz anders wirkte als all seine Vorgänger; und der allen weiteren Modellen wie Mégane oder Talisman die neue Designphilosophie vorgab. Auch in anderer Hinsicht markierte er einen Neuanfang. Denn in der Mittelkonsole verbaute Renault das Touchscreen-Infotainment R-LINK mit Online-Anbindung. Hochkant eingesetzt brachte es etwas Tesla-Feeling in die Kleinwagenklasse und nötigte seinem Pilot aber auch viel Nachsicht in puncto Bedienung ab. Entsprechend hoch die Skepsis, aber auch der Respekt, so ein wichtiges Modell so zu bauen.

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Und jetzt wundern wir uns wieder, denn der komplett neu entwickelte Clio V ähnelt ziemlich stark dem Vorgänger. Wobei – eigentlich ist es nur konsequent, denn auch wenn die Ablösung längst überfällig war, steht er im Vergleich zu seinen Konkurrenten immer noch schmucker da und verkauft sich Jahr für Jahr besser.

Warum also das Design gravierend ändern? Und natürlich setzt Renault weiter auf den Touchscreen, der nun höchst prominent aus dem Armaturenbrett ragt und mit einer Bildschirmdiagonale von 9,3 Zoll auftrumpft. Nur zum Verständnis: das sind 23,6 Zentimeter! Entsprechend groß die Navikarte und die Bedienfelder. Zugleich haben sich die Software-Entwickler der Programmierung des Infotainment (Renault Easy Link) angenommen und sie spürbar sinniger aufgebaut. Gut so. Auch kommen Updates für System und Karte nun via LTE-Netz over the air eingeflogen. Google-Suche, Spritpreise in der Karte – vieles ist so möglich. Für einen Kleinwagen nicht eben selbstverständlich.

Leichter zu bedienen und mehr Platz Insassen und Gepäck

Renault Clio 2019
Renault
Der prominent angeordnete Touchscreen bringt es auf eine Bildschirmdiagonale von 9,3 Zoll.

Unter dem Screen findet sich eine gut erreichbare Tastenleiste und große ansehnliche Drehregler für die Klimaautomatik. Die lobten wir schon beim Dacia Duster, erleichtern sie doch die Bedienung und sorgen zudem für ein schickes Ambiente. Überhaupt ist der Clio keine Bastelbude, sondern trumpft mit einer in dieser Klasse leider unüblich wertigen Interieur auf. An weichen Kunststoffen spart Renault jedenfalls nicht. Gut zu sehen auch an den weichen Armauflagen für die Insassen im Fond – ein Audi A1 kann damit beispielsweise nicht dienen.

Wohlgemerkt wir schreiben hier über ein top ausgestattetes Modell. Die Basisvariante (Life) kommt sicher nicht so fein daher, ist dafür aber knapp unter 13.000 Euro zu haben und bereits mit allerlei Fahrerassistenten sicher unterwegs. Darüber parken vier weitere Linien (Limited, Experience, Intens). Plus ein RS-Schmankerl-Paket, das den Intens-Modellen vorbehalten bleibt. Äußerlich ist der Clio R.S. Line an einer silbernen Lippe im Stoßfänger, 17-Zöllern sowie einem angedeuteter Diffusor und großen Auspuffendrohr zu erkennen. Innen sorgen unter gut gemachte Sportsitze für ordentlich Seitenhalt und Carbondekore sowie rote Ziernähte an Sitzen und Lederlenkrad für mehr Flair. Fahrwerk und Lenkung sind nicht betroffen. Das lässt Luft nach oben – über einen waschechten RS wird jedenfalls kräftigst nachgedacht. Mehr ist zu den Preisen noch nicht bekannt. Die Markteinführung ist ja auch erst im September.

Klar ist aber, dass die Neuauflage nur noch als Viertürer vom Band läuft und ein clever konstruiert ist. 12,0 Millimeter kürzer als der Vorgänger, bietet er deutlich mehr Raum für Insassen und Gepäck. So nimmt der Kofferraum 340 Liter Gepäck mit. Nicht schlecht – im Clio IV waren es 40 Liter weniger und ein aktueller VW Polo liegt mit 351 Liter nicht viel drüber. Bei vorgeklappten Rücksitzlehnen stehen 1.069 Liter Ladevolumen zur Verfügung. Ein solide gefertigter Ladeboden garantiert eine ebene Ladefläche.

Auch die Passagiere dürften sich nicht beschweren. So fehlt es nicht an Kniefreiheit, die Sitze bieten vorne wie hinten genug Beinauflage und wer nicht allzu groß ist, kann auch im Fond gut reisen. Die sich früh absenkende Dachlinie sollte man aber nicht unterschätzen.

Ein Kurvenkünstler erster Güte ist er aber nicht

Renault Clio 2019
Renault
Die Federung ist eher straff, die Lenkung präzise.

So genug der Theorie. Jetzt geht’s ums Fahren. Wobei es nicht viel zu schreiben gibt, den das macht er ziemlich gut. So ist das Fahrwerk eher straff ausgelegt, nervt seine Insassen aber nicht mit beständigem Gerüttel oder gar Polterei. Eben ein gesunder Mix aus Fahrkomfort und satter, wankarmer Seitenneigung. Auch die Lenkung liefert ordentlich Rückmeldung und ermöglicht ein präzises Dirigieren. Zackig-direktes Einlenken im Stile eines Ford Fiesta oder Seat Ibiza ist allerdings nicht ihr Metier.

Und die Motoren? Nun, Diesel gibt’s in Deutschland keine mehr. Angeboten wird der Kleinwagen mit einem Dreizylinder, der mit 65, 73 und 100 PS zu haben ist sowie einem 1,3 Liter großen Vierzylinder, der es auf 130 PS bringt und bis dato der stärkste Motor bleibt. Die beiden starken konnten wir fahren und schon der 100 PSler legt sich kräftig ins Zeug, ist drehfreudig und schubstark gleichermaßen. Ein kecker Dreizylinder, der Freude machen kann. Gut auch, dass der Fahrer zu einem knackig kurzen Schalthebel greifen darf. Das kennen wir leider auch anders. Nur ein sechster Gang wäre schön. Später wird er auch mit dem CVT-Getriebe erhältlich sein, auf das man oft verzichten kann.

Der 30 PS stärkere TCe 130 kommt indes schon mit einem zackig schaltenden Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, dass die Gänge schnell, ruckarm und meist clever sortiert. Ähnlich dem Dreizylinder tritt auch der 1,33 Liter große Benziner munter an, läuft aber viel ruhiger und leiser und verhilft dem nur 1,3 Tonnen schweren Franzosen zu guten Fahrleistungen (9,0 für nullhundert, 200 km/h Höchstgeschwindigkeit) Als einziger Antrieb reinigt er seine Abgase übrigens per Partikelfilter (GPF).

Fazit

Ganz ehrlich – wenn man es nicht wüsste, könnte dieser Renault Clio auch als Mégane durchgehen. Er bietet ordentlich Platz, federt manierlich, fühlt sich teils sogar wertiger an und trumpft mit nahezu allen Features auf, die Renault so bieten kann. Kurzum: der Clio ist erwachsen geworden.

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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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