Renault Kangoo E-Tech Electric (2022)
Wir geben dem E-Kangoo die Sporen

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Der elektrische Renault Kangoo E-Tech startet mit 44-kWh-Akku zuerst als Transporter, die Pkw-Variante folgt später. Wir waren mit dem Kastenwagen zu ersten Probefahrten unterwegs.

6/2022, Renault Kangoo Van E-Tech Electric
Foto: Bernd Conrad

Eigentlich ist alles wie immer. Hinter dem bekannten Dreispeichenlenkrad blickt man auf analoge Instrumente, weiter rechts präsentiert das Armaturenbrett ein optionales 8-Zoll-Display und den praktischen Smartphone-Halter. Auch ein recht langer Wählhebel steht in der Mittelkonsole herum. Erst ein genauer Blick offenbart Unterschiede. Anstelle des Drehzahlmessers zeigt ein Rundinstrument, ob man gerade viel Energie verbraucht oder gar zurückgewinnt. Die aufgedruckte Schaltkulisse am Getriebehebel präsentiert eine B-Stufe für die Einstellung der Rekuperation. Der Renault Kangoo, der heute zur Probefahrt bereitsteht, ist nämlich mit Elektroantrieb unterwegs.

Neue Mobilität im Alltag

Nach den Verbrenner-Modellen kommt der Renault Kangoo E-Tech Electric, dessen Transporter-Variante je nach Markt außerdem den Namenszusatz "Van" oder "Rapid" trägt, zuerst als Nutzfahrzeug auf den Markt. Die Pkw-Variante für Freizeit und Familienalltag folgt mit leichtem Zeitversatz.

Auf 80 Prozent in knapp drei Stunden

Bei der Entwicklung der aktuellen Kangoo-Generation wurde die lokal emissionsfreie Fortbewegung von Anfang an berücksichtigt, der Akku konnte somit gut im Gesamtpaket integriert werden. 44 kWh Speicherkapazität stehen zur Verfügung, was nach WLTP-Norm für eine Reichweite von 287 Kilometern (im reinen Stadtverkehr bis zu 350 Kilometer) sorgen soll.

Der Ladeanschluss für die Stromzufuhr steckt mittig in der Frontmaske unter dem Renault-Markenlogo. Serienmäßig kann der Renault Kangoo E-Tech Electric Wechselstrom dreiphasig mit 11 kW laden. Um den Füllstand des Akkus von 15 auf 80 Prozent zu steigern, soll eine Parkdauer von 2:40 Stunden ausreichen. Schneller geht es mit dem aufpreispflichtigen 22-kW-Ladegerät. Wer den elektrischen Kangoo öfter auch auf längeren Strecken bewegt, sollte sich dafür entscheiden. Denn nur dann kann man auch Schnelllader ansteuern, um über den CCS-Anschluss Gleichstrom mit einer Leistung von bis zu 80 kW zu laden.

Alltagstauglich für 220 Kilometer

Auf unseren Testkilometern, die über französische Landstraßen und durch Ortschaften mit nur wenigen Ampelstopps führten, wobei also weniger rekuperiert wurde als im dichten Stadtverkehr, lag der Durchschnittsverbrauch laut Anzeige des Bordcomputers bei knapp über 20 kWh je 100 Kilometer. Rund 220 Kilometer Strecke sollten also im Alltag machbar sein.

150 Kilogramm Ballast wurde dem Testwagen in den Laderaum geschnallt, um ein einigermaßen realitätsnahes Szenario für den Transporter zu schaffen. Die Nutzlast der "L1" genannten Version mit Standard-Karosserielänge (4,49 Meter) bietet eine Nutzlast von 526 Kilogramm. Einen Vorteil gegenüber dem Wettbewerb in Form von Citroën e-Berlingo und Co. bietet der Kangoo bei der Anhängelast. 1.500 Kilogramm kann er an den Haken nehmen. Deutlich mehr als die 750 Kilogramm des genannten Konkurrenten.

Fehlende B-Säule als Option

6/2022, Renault Kangoo Van E-Tech Electric
Bernd Conrad
"Open Sesame" nennt Renault die Option für mehr Flexibilität.

Eine weitere Besonderheit des Renault Kangoo ist die auf Wunsch fehlende B-Säule an der Beifahrerseite. "Open Sesame" nennen die Franzosen diese Option. Zusammen mit dem flach zusammenlegbaren Beifahrersitz steigert das nicht nur die maximale Ladelänge im Innenraum, sondern zusammen mit der um fast 90 Grad öffnenden vorderen Tür auch den Zugang zur Ladung. Branchenspezifischen Einbaulösungen, beispielsweise für Werkstattwagen, bieten sich damit auch mehr Möglichkeiten.

Das Zusatzgewicht im Heck des Kangoo bot auch eine Möglichkeit, den Federungskomfort zu beurteilen. Während Fahrzeuge mit hoher Zuladung im leeren Zustand oft straff wirken, verbessert sich der Komfort mit den Kilos. Der elektrische Kangoo steckt auch Wurzelaufbrüche und Querfugen gut weg. Einzig der arg flache Fahrersitz mit kurzer Sitzauflage stört das Komfortempfinden, zumindest für große Menschen hinter dem Lenkrad.

Für mehr Effizienz lässt sich per Tastendruck in der Mittelkonsole ein Eco-Modus aktivieren. Dann reduziert sich die maximale Leistung des Motors auf 56 kW (75 PS), die Höchstgeschwindigkeit sinkt von 132 auf 110 km/h. Mit dieser Einstellung wird der Kangoo E-Tech Electric spürbar träger, die Leistung reicht aber zumindest mit weniger Zuladung meistens aus. Wird mehr Kraft benötigt, zum Beispiel bei einem Überholvorgang, lässt sich der Eco-Modus durch einen "Kick-Down"-Befehl am Fahrpedal deaktivieren.

Basis für den elektrischen Mercedes Citan

Die oben erwähnte Rekuperation von Energie lässt sich über den Getriebewählhebel in drei Stufen steuern. Das berühmte Ein-Pedal-Fahren, bei dem das Auto in der höchsten Stufe ohne Betätigung der Bremse bis zum Stillstand bremst, funktioniert hier aber nicht. Für die letzten km/h vor dem Stoppschild oder der Ampel muss der Fuß aufs linke Pedal wechseln.

Die Preisliste des elektrischen Renault Kangoo startet bei 33.990 Euro (netto ohne Mehrwertsteuer, brutto 40.448 Euro). Damit liegt er 5.000 Euro über dem Citroën e-Berlingo. Teurer als der Renault dürften die E-Varianten von Mercedes Citan und T-Klasse, dann als EQT, werden. Sie teilen sich, wie auch der Nissan Townstar, weite Teile von Aufbau und Technik mit dem Franzosen.

Fazit

Der elektrische Renault Kangoo bekam mit dem Generationswechsel mehr Leistung und eine größere Batteriekapazität für mehr Reichweite. Antrieb und Fahrkomfort können auf den ersten Probefahrten überzeugen, ebenso der Stromverbrauch. Ein großes Plus des Kangoo ist die für Elektroautos hohe Anhängelast, er kann 1.500 Kilogramm schwere Anhänger ziehen.

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