Volvo V90 D5 AWD Fahrbericht
Fährt der Kombi so premium wie er kostet?

Der neue Volvo V90 legte zu: an Größe und Eleganz. Konkurrenz jetzt: A5, 5er, T-Modell. Wir konnten den Top-Diesel mit 235 PS und Allradantrieb bereits fahren.

Volvo V90 Fahrbericht Dirk Gulde
Foto: Hans-Dieter Seufert

Im Vergleich zum kantigen Vorgänger V70 hat der neue Volvo V90 an Größe und Eleganz gewonnen und konkurriert jetzt mit den Edelkombis der gehobenen Mittelklasse. Wir konnten den Top-Diesel mit 235 PS und Allradantrieb bereits fahren.

Ob das Plattformkürzel bewusst auf Doppeldeutigkeit angelegt ist? Die Wohlfühlatmosphäre eines Spa-Bereichs ist sicher nicht schlechteste Assoziation für einen Autoinnenraum. SPA steht bei Volvo für skalierbare Produktplattform, auf der alle größeren Modelle seit dem XC90 basieren. Der Innenraum des 4,94 Meter langen Kombi verströmt mit seinem weichen Leder, dem offenporigen Holz und kühlen Metall-Elementen aber tatsächlich auch Spa-Atmosphäre. Klickt man dann noch die Massagefunktion der Komfortsitze an, möchte man am liebsten im Handschuhfach nach weißen Frottee-Pantoffeln suchen.

Unsere Highlights
Volvo V90 Fahrbericht Dirk Gulde
Hans-Dieter Seufert

Platz für Passagiere, Rutsch-Schutz fürs Gepäck

Der robuste Lastesel V70 hat sich mit dem Namens- und Modellwechsel zu einem edlen Familien- und Freizeitbegleiter entwickelt, der mit seiner langen Motorhaube, gestreckter Silhouette und kurzen Überhängen zu den gelungensten Kombinationskraftwagen der Fünf-Meter-Klasse gehört. Das Plus an Außenlänge von 13 Zentimetern ging jedoch nicht für irgendwelche Design-Extravaganzen drauf, sondern kommt tatsächlich dem Innenraum zu Gute. Fondpassagiere steigen dank großer Türausschnitte bequem ein und genießen eine mehr als üppige Beinfreiheit. Mit 560 Litern Kofferraumvolumen stellt der V90 zwar keine Rekorde auf, dafür lässt sich der Laderaum praktisch unterteilen, indem ein Klapp-Schott nach oben geschwenkt wird und so das Verrutschen von Gepäckstücken verhindert. Wer mehr einladen will, betätigt einen Schalter an der Seitenverkleidung, worauf in einer ausgeklügelten Choreographie zuerst die Fond-Kopfstützen nach vorn schnellen und sich anschließend die Rückenlehnen flach legen, um einen fast zwei Meter langen Laderaum freizumachen. Leichter geht es nicht.

So gut uns der mit weichem Teppich ausgekleidete Kofferraum auch gefällt: Die Musik spielt beim V90 vorn, nicht nur weil das Infotainmentsystem mit einem handyunabhängigen Spotify-Zugang sowie weiteren Internet-Funktionen Reisen angenehmer machen soll. Wie im XC90 werden fast alle Funktionen über einen hochkant eingebauten Tablet-PC gesteuert, der sich ganz nach den Wünschen des Fahrers konfigurieren lässt. Durch die vielen Funktionen klappt die Bedienung jedoch nicht immer auf Anhieb, selbst Klimaeinstellungen sind im Menü versteckt. Daher heißt es, erst einmal im Stand üben, bis die Bedienschritte in Fleisch und Blut übergegangen sind.

Volvo V90 Fahrbericht Dirk Gulde
Hans-Dieter Seufert

Dieselmotor im neuen Volvo V90 mit Kompressor

Zum Starten des Motors genügt ein Griff zum silbernen Drehschalter auf der Mittelkonsole, worauf der neue Vierzylinder-Diesel im D5 mit 235 PS zu Leben erwacht. Obwohl er seinen Vorgänger nur um 10 PS übertrifft, verspricht Volvo, dass sich der Zweiliter wie ein Sechszylinder-Diesel anfühlen soll. Um das gefürchtete Turboloch zu eliminieren, setzen die Entwickler auf ein Power-Pulse genanntes System, das mit einem kleinen Kompressor Druckluft erzeugt, die direkt auf die Schaufeln des Turboladers strömt, sobald der Fahrer Gas gibt.

Und das lässt sich schon beim Anfahren spüren: Ohne lang rumzutrödeln wuchtet der Vierzylinder den schweren Wagen aus dem Block und dreht leichtfüßig durchs Drehzahlband. Ganz wegpusten kann der Druckluft-Kompressor das Turboloch zwar nicht, dennoch verblüfft der Zweiliter damit, wie er selbst bei niedrigen Drehzahlen spontan Gas annimmt und durchstartet. Ebenfalls auffällig: Die gute Geräuschisolierung, die nur ein sonores Brummen in den Innenraum lässt, das selbst bei höherem Tempo nicht unangenehm wird. Den stärksten der beiden zum Marktstart angebotenen Diesel kombiniert Volvo serienmäßig mit Allradantrieb, wodurch sich die 480 Nm selbst bei Nässe sicher auf die Straße bringen lassen. Das hohe Drehmoment ermöglicht der sehr sanft schaltenden Achtgangautomatik, schon früh den langen Gang einzulegen, um entspannt zu cruisen.

Volvo V90 Fahrbericht Dirk Gulde
Hans-Dieter Seufert

Fahrwerk des neuen Volvo V90 kann auch flott

Wenn es sein muss, kann der V90 jedoch auch anders: Die aus dem XC90 entnommene Lenkung wurde für den V90 verfeinert und arbeitet gefühlvoller. Damit lässt sich der XL-Kombi schnell und präzise durch enge Kehren zirkeln, die er mit wenig Seitenneigung durcheilt. Falls es der Fahrer übertreibt, schiebt der V90 unspektakulär und leicht beherrschbar über alle Viere, bis ihn sein ESP wieder einfängt. Das konnte der V70 Volvos nicht so gut. Auch beim Federungskomfort ist ein Fortschritt zu spüren: Rumpelten ältere Volvos zum Teil noch recht ungeschickt über Unebenheiten, nimmt das V90-Fahrwerk samt luftgefederter Hinterachse selbst tiefen Schlaglöchern den Schrecken. Da lässt es sich verschmerzen, dass kurze Stufen oder Querfugen spürbar durchklopfen.

Schwerer zu verkraften dürften hingegen die Preise sein, die Volvo für seinen neuen Wellness-Kombi verlangt. Wer sich in den ab September lieferbaren V90 verliebt, muss mindestens 45.800 Euro (D5 mit 190 PS) berappen, beim getesteten Top-Diesel mit Allradantrieb sind es sogar 57.500 Euro. Zudem stehen zwei Benziner mit 254 und 320 PS und Preisen zwischen 53.000 und 60.600 Euro zur Wahl. Ein gut ausgestatteter Kombi kommt da schnell mal auf 80.000 Euro, womit sich der V90 in bester Gesellschaft zum T-Modell der E-Klasse, 5er Touring oder A6 Avant befindet.

Technische Daten
Volvo V90 D5 AWD Inscription
Grundpreis65.250 €
Außenmaße4936 x 1879 x 1475 mm
Kofferraumvolumen560 bis 1526 l
Hubraum / Motor1969 cm³ / 4-Zylinder
Leistung173 kW / 235 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit235 km/h
Verbrauch5,6 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten