Volvo XC90 im Fahrbericht
Alles neu, doch ganz der Alte

Im Juni kommt die zweite Generation des Volvo XC90 zu uns. Er basiert auf einer komplett neuen Architektur. Ob der SUV damit noch immer ein echtes Original ist, zeigt der Fahrbericht mit dem 225 PS starken Diesel D5 für 53.400 Euro.

Volvo XC90
Foto: Volvo

Traditionen sind bei Volvo nicht dazu da, um sie zu brechen, auch nicht, um sie zu wahren, sondern, um sie zu optimieren. So bauten die Schweden mit dem 140/240 eigentlich 27 Jahre lang das gleiche Auto. Es ähnelte eher einer Immobilie als einem Automobil. Alle paar Jahre bekam es mal einen neuen Außenputz, im Keller wurde herumgefuhrwerkt oder das Wohnzimmer neu gestrichen.

Auch der Volvo XC90 hat die letzten 13 Jahre erstaunlich unbedrängt von Erneuerungsambitionen überstanden – und dabei auch die ebenso kurze wie miesepetrige Ära, in der Volvo zu Ford gehörte. Nun jedoch ist es tatsächlich Zeit für einen neuen Volvo XC90, und der ist gleich ganz neu. Auf gerade Mal auf ein Prozent schätzt Forschungs- und Entwicklungsvorstand Dr. Peter Mertens den Anteil der Übernahmen vom Vorgänger. Als erstes Modell der Schweden baut der SUV auf der skalierbaren Produkt-Architektur (SPA) auf, die nichts anderes ist als das, was bei VW modularer Querbaukasten heißt. Die SPA ermöglicht zum einen neue Freiheiten beim Design wie weitgehende Vereinheitlichung bei der Technik. So gibt es bald nur noch einen Motor für die Modelle ab dem S60 aufwärts: ein Zweiliter, der als Benziner und Diesel mit Aufladung und E-Antrieben bestärkt wird.

Unsere Highlights

Volvo XC90 D5 kommt immer mit Allrad und Automatik

Im Volvo XC90 T6 leistet er als Benziner mit Kompressor und Turbo 320 PS, im T8 Plug-in-Hybrid assistiert ihm ein 59 kW starker E-Motor, was zu 400 PS und 640 Nm bündelt. Wir aber drehen nun den kleinen Starterknopf beim D5, und tief unter der Motorhaube grummelt der Turbodiesel mit 225 PS. Später kommt noch der D4, frontgetrieben, handgeschaltet, 35 PS schwächer und 5.000 Euro günstiger. Der D5 dagegen hat Allrad und Automatik immer dabei. Die Aisin-Box überschlupft sacht das Anfahrzögern des Biturbodiesels, perlt danach sanft, weich und so treffsicher durch ihre acht Stufen, dass manuelle Eingriffe ganz unnötig erscheinen. Dazu überkuschelt die optionale Luftfederung selbst herbe Unebenheiten. Es gibt auch noch eine dynamischere Kennlinie für Antrieb, Lenkung, Federung und sogar Lenkung. Aber sie zählt zu den Dingen im Leben, von denen es genügt zu wissen, dass es sie gibt und wo man sie findet, die man aber eigentlich nie brauchen möchte, wie etwa Nordic-Walking-Stöcke.

Eile passt auch genau nicht zum Volvo XC90, trotz des aufwändigen Fahrwerks-Setups (Doppelquerlenker vorn, Integral-Hinterachse mit Querblattfeder wie einst im 960) kurvt der XC90 eher besonnen als begierig um Kurven. Mit unaufdringlicher Rückmeldung in der Lenkung und bester Traktion bleibt er stets der Fahrsicherheit verpflichtet, nie dem Vergnügen.

Selbst dritten Sitzreihekommen zwei Erwachsene ordentlich unter

Aber der Volvo XC90 ist ja auch nicht zum Spaß hier. Sondern, um mit seinem durchaus enormen Platzangebot bis zu sieben Passagiere zu beherbergen. Vorne aus kuscheligen Sitzen, in Reihe zwei auf drei separat verschieb-, neigungsverstell- und umklappbaren Einzelsitzen. Und selbst in der schnell aufrichtbaren dritten Reihe (1.500 Euro) kommen zwei Erwachsene noch ordentlich unter. Eigentlich ist das Sitzduo nur für Passagiere bis 1,70 Meter gedacht, doch selbst größere Sitzen dort noch ordentlich. An Laderaum fehlt es ebenso wenig. Je nach Sitzkonfiguration reicht es für 314 über 692 bis 1.868 Liter Gepäck.

Und natürlich geht es um Sicherheit. Allein, die Sicherheitssysteme des Volvo XC90 aufzuzählen, wird nun einige Zeilen füllen: City-Safety mit Fahrradfahrer- und Fußgängererkennung, Head-up-Display mit Gefahrenmeldung, Adaptivtempomat mit teilautonomem Staufolgefahren, Kreuzungs-Notbremssystem, Ausparknotbremser, Heckkollisionswarner, Müdigkeitssensor, LED-Scheinwerfer mit maskiertem Dauerfernlicht, dazu der Totwinkelassistent sowie Spurhalteassistent mit Lenkeingriff und präventiver Gurtstraffer. Der funktioniert so: Erkennt der Volvo XC90, dass er die Straße verlässt, spannt der Gurtstraffer den Gurt innerhalb einer Zehntelsekunden um zehn Zentimeter und fixiert Fahrer und Beifahrer mit einer Kraft von 300 Newton im Sitz bis das Auto zum Stillstand kommt. Gleichzeitig dämpfen Deformationselemente im Sitzgestell die Aufprallwucht, sollte das Auto hart in einem Graben oder auf einer Böschung landen. Das senkt die Gefahr von Wirbelsäulenverletzungen.

An so etwas wie einen normalen Unfall hat Volvo natürlich auch gedacht, wenngleich es schwierig sein dürfte, daran überhaupt noch teilzunehmen. Jedenfalls besteht Sicherheit auch beim In Göteborg gebauten Volvo XC90 weiterhin aus Schwedenstahl, warmgeformtem Borstahl, um genau zu sein, 40 Prozent der Karosserie bestehen aus dieser Sorte, derzeit die härteste, die im Autobau genutzt wird.

Volvo XC90 mit intuitivem Hochkant-Touchscreen

Eine ganz neue Leichtigkeit soll dagegen das Bediensystem des Volvo XC90 ermöglichen. Nur noch acht Tasten liegen auf der Mittelkonsole, den Rest regelt der Hochkant-Touchscreen. Schaut alles ein wenig wie bei Tesla aus, funktioniert aber nach kurzer Eingewöhnung erstaunlich leicht und intuitiv. Schnell tippwischst du dich durch die vier Stammmenüs (Telefon, Navi, Klima, Musik) wie daheim beim iPad. Allerdings können Kleinigkeiten erheblich ablenken, etwa der Senderwechsel beim Radio.

In einem Untermenü übrigens lassen sich Klangerlebnisse wählen. Das Highlight der Liste ist der Sound, der einer Konzerthalle nachempfunden ist. Der von Volvos Heimatstadt Göteborg. Tradition verpflichtet.

Technische Daten
Volvo XC90 D5 AWD Kinetic
Grundpreis53.400 €
Außenmaße4950 x 2008 x 1776 mm
Kofferraumvolumen721 bis 1886 l
Hubraum / Motor1969 cm³ / 4-Zylinder
Leistung165 kW / 225 PS bei 4250 U/min
Höchstgeschwindigkeit210 km/h
Verbrauch5,8 l/100 km