VW Arteon Fastback und Shooting Brake
Die Arteon-Brothers im Fahrbericht

Das Facelift bringt dem Passat-Bruder eine neue Karosserieform und einen Plug-in-Hybrid. Wir sind beide Varianten und auch die Limousine gefahren.

VW Arteon Shooting Brake
Foto: VW

"So was hab‘n wir lang‘ nicht mehr geseh’n, so schön – so schön!" Kommt das Lied eigentlich tatsächlich von Mickie Krause? Na ja, hier ist jedenfalls der erheblich wohlklingendere Fan-Gesang aus Fußballstadien gemeint, der hervorragend zur freudigen Kunde passt: Es kommt ein neues Modell auf den Markt, das weder SUV noch Crossover ist, sondern ein Kombi. Im Zuge des Arteon-Facelifts erweitert Volkswagen das Programm des Passat-Ablegers um eine Variante mit großem Designer-Rucksack. Genau genommen ist er kein klassischer Kombi, sondern einer mit modischer Dachlinie und rahmenlosen Türen – also ein Shooting Brake. Weil das auch für die Limousine gilt, heißt die Fastback.

Unsere Highlights

Deren auffälligste Änderung sind die bis zum VW-Logo reichenden Lichtleisten, die bei Dunkelheit eine breite Lichtsignatur auf die Front zeichnen. Innen gibt’s jetzt ein eigenständiges Arteon-Armaturenbrett, das mit Zierleisten aus Echtholz, Aluminium oder mit Carbonmuster-Leisten kombinierbar ist. Außerdem liefert nicht mehr Dynaudio, sondern Harman Kardon die Options-Musikanlage. Diese lässt sich per Equalizer und Raumklang-Profilen an viele Hörgeschmäcker anpassen, noch dazu genügt schon leicht erhöhte Lautstärke für eine dynamische Wiedergabe. Leider kommt es beim Testhören mit reichlich Pegel jedoch ab und an vor, dass die Türverkleidungen hörbar vibrieren.

Mehr Touch bei der Bedienung

Das gute Bedienkonzept bleibt mit zwei Ausnahmen erhalten: Wer statt der Einzonen- die Dreizonen-Klimaanlage bestellt, muss auf die klassische Bedieneinheit verzichten. Stattdessen gibt es ein in Hochglanzschwarz lackiertes Panel, das auf beleuchtete Touch-Slider und -Felder setzt. Zweifelsfrei ist das weniger einfach zu bedienen als echte Tasten und Drehräder, mit etwas Gewöhnung kann man sich damit allerdings arrangieren. Super für die Bedienung: Wer es beim serienmäßigen 8-Zoll-Navi "Discover Media" belässt, bekommt weiterhin zwei Drehregler, einer davon für die Menünavigation. Das knopffreie "Discover Pro" hat hingegen einen 1,2 Zoll größeren Bildschirm und eine Auflösung von 1.280 x 640 statt 800 x 480.

VW Arteon 2020
VW
Das 9,2-Zoll-Display hat eine Pixeldichte von circa 155 PPI („pixels per inch“), 117 sind es beim kleinen Monitor.

Die zweite Änderung betrifft das Lenkrad: Die einfach zu bedienenden Tastenblöcke werden ebenfalls durch hochglanzschwarze Touch-Felder ersetzt, die schematisch identisch aufgebaut sind. Diese können weiterhin geklickt werden, zusätzlich reagieren sie auf Wischgesten. Vorteil? Na ja, kannst halt wischen. Nachteil? Noch mehr Fingerschmiere, weniger Präzision, außerdem erwischt man das Feld für die Lenkradheizung in spitzen Linkskurven gern auch mal mit dem Handballen.

Das Lenkrad mit den herkömmlichen Tasten taucht im Konfigurator zwar noch auf, allerdings nur bei der Basisausstattung "Arteon", die sich kaum mit Extras aufwerten lässt. Zudem beschränkt VW die Auswahl dafür auf den 150-PS-Diesel und eine öde Farbpalette bestehend aus diversen Schwarz-, Grau- und Weißtönen. Also lieber einen R-Line mit Kings Red Metallic oder einen Elegance, der zusätzlich in Eisvogelblau erhältlich ist: Die knalligen Farbtöne mischen eine ordentliche Portion Coolness unter, ohne den reichlich eleganten Auftritt zu vermurksen.

Praktisch trotz schwungvoller Dachlinie

Und der Auftritt kostet beim Shooting Brake eigentlich nicht übermäßig viel – also Geld schon, denn mindestens 44.387 Euro werden fällig, 863 Euro weniger für den Fastback. Aber auf den Passat Variant fehlen mit 563 Litern Gepäckvolumen keine 100 Liter, wobei die Fließhecklimousine nur wenige Liter darunter liegt. Für beide Arteon gilt jedoch, dass das Gepäck über eine hohe Ladekante gehievt werden muss.

Und im Fond? Da gibt es hier wie dort vorzügliche Beinfreiheit, noch dazu kann man die Füße unter den Vordersitzen ordentlich bewegen – doch während der Platz unter dem Dach im Fastback nur okay ist, gibt es im Shooting Brake selbst in Richtung Seitenfenster massig davon. Außerdem immer erwähnenswert sind die höhen- und längsverstellbare Mittelarmlehne und der vielfach elektrisch verstellbare "ergoComfort"-Fahrersitz mit einfacher Massagefunktion und zwei Speicherplätzen.

Reaktionsstarker Plug-in-Hybrid

Neben zwei Benzinern mit 190 und 280 PS, steht auch ein Plug-in-Hybrid zur Wahl. Wegen des Hochvoltakkus sitzt dessen Kofferraumboden höher, übrig bleiben 445 Liter Gepäckraum im Fastback, zehn mehr im Shooting Brake. Vorne erreichen der 156 PS starke 1,4-Liter-Benziner und die E-Maschine (115 PS) eine maximale Systemleistung von 218 PS: Den Antriebsstrang kennen wir bereits etwa aus dem VW Passat GTE oder Skoda Superb iV, die im Test knapp 50 Kilometer rein elektrisch schaffen.

VW Arteon Shooting Brake
VW
VW Arteon eHybrid als Shooting Brake.

Heute ist die Batterie zu Beginn der circa 30-minütigen Testfahrt mit dem Hybrid jedoch fast leer, ergo können wir nicht groß im E-Modus fahren. Da wir aber ohnehin auf einer kurvigen Landstraße unterwegs sind, passt das eigentlich ziemlich gut: So lässt sich prüfen, ob der E-Motor noch unterstützt, wenn der Akku keinen nennenswerten Vorrat mehr hat. Ergebnis: An den Kurvenausgängen gleicht der E-Motor das Turboloch des Vierzylinders zuverlässig aus, auf Gaspedalbefehle reagiert er dabei äußerst direkt. Das gilt aber nur im GTE-Modus, denn selbst auf "Sport" schaltet der Verbrenner auch im manuellen Getriebemodus ständig ab, wobei das Sechsgang-DKG erst dann wieder auf Schaltwippen-Klicks reagiert, wenn der Verbrenner etwa per Kick-down reaktiviert wird – zügig über kurvige Straßen fahren klappt so kaum. Also einfach den GTE-Modus anklicken, wenn’s zügiger voran gehen soll? Eigentlich ja, nur sind die Stoßdämpfer darin im Sportmodus festgenagelt. Der ist zwar nicht unbequem, aber gelegentlich würden der GTE-Antriebsmodus mit der weichen Stoßdämpferkennlinie gut zusammenpassen.

Nun gut, wir schalten jetzt auf Comfort und probieren mal einen der neuen Assistenten aus. Der prädiktive Abstandstempomat regelt vor Kurven die Geschwindigkeit runter: Das funktioniert, zusätzlich steht im serienmäßigen Digitaltacho auch das für die Biegung gewählte Tempo. Aber computerberechnete Effizienz hin oder her: Wie langweilig muss man kurvige Strecken eigentlich finden, um sich einen solchen Modus überhaupt auszudenken?

280 PS plus Allrad

Speziell der 280 PS starke 2.0 TSI hat hingegen schon einiges für Fahrspaß übrig, so bekommt der Motor seine 350 Nm mit nur kurzer Turboverzögerung auf die Kette. Auf Lenkbefehle reagiert der Aufbau zwar nicht übermäßig zackig, auch ist die Hinterachse eher auf Fahrstabilität denn Agilität ausgelegt. Nichtsdestotrotz fährt der Arteon (unabhängig der Karosserievariante) mit seinen Adaptivstoßdämpfern wenig wankend sowie lange neutralem Fahrverhalten durch die Ecken. Und trotz der aufgezogenen Winterreifen lässt er sich auch von ruckartigen Lenkbewegungen nicht so leicht überfordern – jedenfalls macht er viel mit, ohne dass ihm die Präzision flöten geht. Dennoch zeigt sich der Komfortgedanke auch in der Lenkung: Fahrbahnunebenheiten flüstert sie eher ins Lenkrad, dafür spricht sie genügend direkt an und baut in den Kurven passende Haltekräfte auf – Infos zur Reifenhaftung behält sie allerdings weitestgehend für sich.

VW Arteon Shooting Brake
VW
Bis das R-Modell kommt, ist der 280 PS starke Arteon 2.0 TSI das vorläufige Top-Modell - hier zu sehen als R-Line.

Wer einen spitzer abgestimmten Arteon möchte, muss bis zum Frühling 2021 auf das R-Sportmodell (320 PS) warten, das mit einem variablen Hinterachsdifferenzial viel Potenzial für ein lebendiges Handling hat. Nichtsdestotrotz: Unter dem Strich wird die Abstimmung des regulären Modells ziemlich perfekt über die Kundenblaupause passen. Auf Landstraßen liefert er anständigen Fahrspaß, vor allem sind schnelle Autobahnetappen genau sein Ding: Die hohe Durchzugsstärke in Richtung Vmax (250 km/h) mit der überaus bequemen Federung und der geringen Geräuschentwicklung sind doch immer eine starke Kombination, oder? Mit dem 66-Liter-Tank bleibt auch beim Schnellfahren genügend Reichweite.

Neue Diesel-Abgasreinigung

Selten tanken aber viel linke Spur ist immer ein großes Diesel-Plus. Mit der Modellpflege allerdings nur noch mit 150 und 200 PS, gestrichen wurde die 240-PS-Biturbo-Version. Grund ist die neue Twindosing-Abgasreinigung, die dem zweiten Abgaslader den Platz wegnimmt, denn neben einem motorfernen, kommt nun auch ein motornaher SCR-Katalysator zum Einsatz. Für die beiden 2.0 TDI mit Frontantrieb gilt: Aus dem Stand dauert’s einen Moment, bis der Wagen aus dem Quark kommt, was in der Hauptsache beim Vollgasbeschleunigen auffällt. Oberhalb von 2.000 Touren reagieren beide Motoren dann zügig, immerhin 220 respektive 230 km/h sind auch drin.

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Fazit

Der Arteon Fastback bereichert weiterhin das in Deutschland überschaubar populäre Limousinen-Segment, jetzt mit erweitertem Assistenzangebot und einer massiven Lichtsignatur. Die trägt auch der Shooting Brake, der im Vergleich mit dem Passat einen etwas weniger praktischen Kofferraum hat, aber dennoch massig Platz im Fond bietet. Dafür wirkt das Design tatsächlich richtig elegant-cool, noch dazu fahrwerken die beiden Arteon selbst auf 20-Zöllern mit tollem Komfort. Weniger cool sind die neuen Touch-Felder auf dem Lenkrad und der neuen Klimabedienung.