VW Caddy V (2020) Fahrbericht
Fährt der Kastenwagen dank MQB wie ein Golf?

Der Caddy setzt jetzt auf die neue Golf-Plattform mit viel moderner Technik. Der Modulare Querbaukasten (MQB) bringt auch viele neue Assistenzsysteme. Erste Fahreindrücke mit Generation V.

VW Caddy 5 (2020) Fahrbericht
Foto: VW

Mehr Kante, mehr Lifestyle, mehr aktuelle Technik: Der VW Caddy, Generation 5, macht gleich zahlreiche Schritte in die Neuzeit. Während das, inklusive Facelift-Maßnahmen, seit 2003 produzierte Vorgängermodell noch auf der betagten Grundtechnik des Golf V basierte, zieht das praktische Großraum-Kästchen nun auf die aktuellste MQB evo-Plattform des Konzerns um. Für die Kunden, die den im Frühjahr präsentierten VW Caddy nun auch bestellen können, bedeutet das vor allem einen erheblichen Fortschritt bei den verfügbaren Assistenzsystemen, die nun auf dem Level des aktuellen Golf VIII zum Beispiel halb-autonomes, assistiertes Fahren oder das unterstützte Rangieren von Anhängern ermöglichen.

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Reichlich neue Assistenzsysteme

Verpackt wird die neue Plattformtechnik in einer optisch von den Proportionen her vertrauten, aber dennoch stark modernisierten Hülle, die maximalen Abstand von der teils barocken Rundlichkeit der Vorgänger-Generationen nimmt. Allerdings wäre es übertrieben, den neuen VW Caddy als Golf mit Hochdach zu verstehen. Denn die Gene bleiben natürlich nutzfahrzeugig, der geschlossene, unverglaste Kastenwagen das in Europa weiterhin wichtigste Modell der Baureihe. Das bedeutet auch für den in Deutschland am stärksten nachgefragten VW Caddy als Pkw Kombi zum Beispiel eine handfeste, für hohe Beladung ausgelegte Starrachse im Heck. Jedoch wird diese nun aufwändig von Längs- und Querlenkern geführt und stützt sich außerdem auf komfortable Schraubenfedern, während der bisherige VW Caddy noch mit Blattfedern antrat. Auch in Sachen Geräuschdämmung und Materialanmutung gilt es gegenüber anderen MQB-Teilhabern wie dem Golf weiterhin leichte Abstriche zu machen. Allerdings ist die Anfass-Qualität im Cockpit des neuen VW Caddy durchaus gelungen, mit dem optionalen Digital-Cockpit und dem großen Multimedia-Bildschirm zieht die Moderne auch optisch ein.

VW Caddy 5 (2020) Fahrbericht
VW
Die Bildschirmlandschaft in voller Ausbaustufe mit Digital-Cockpit und großem Multimedia-Display.

Zum Marktstart bringt VW zunächst ausschließlich Dieselmotoren. Der Zweiliter-TDI setzt auf "Twindosing" – eine Abgasreinigung mit zwei SCR-Katalysatoren und zweifacher AdBlue-Einspritzung, was die Schadstoffwerte im Realbetrieb auf ein sehr niedriges Level drückt. Der 55 kW-Basisdiesel wird nur für den VW Caddy Cargo angeboten, die Pkw-Caddy bekommen den 2.0 TDI in den Varianten mit 75 kW/102 PS und 90 kW/122 PS. Schon mit dem 102 PS-Motor geht der rund 1,7 Tonnen wiegende Großraumkombi zumindest in den unteren Gängen ausreichend munter an die Arbeit, erst ab der fünften von sechs Schaltstufen tendiert der Vortrieb dann doch deutlich ins Gemütliche. Für den unaufgeregten Alltagseinsatz völlig ausreichend, was laut VW auch die Kunden so sehen, dieser Motor wird den Löwenanteil in den Bestellungen stemmen. Der zum Vergleich gefahrene VW Caddy mit 122 Diesel-PS und Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe verdient dagegen das Attribut "munter" und kann selbst auf der Autobahn beachtlich lange mithalten.

Schon der Basis-Diesel ist kräftig genug

Beiden Leistungsvarianten gemeinsam ist der wahrnehmbare, aber nicht störende Hintergrundsound im Innenraum, der deutlich das Verbrennungsprinzip vermittelt. Die Windgeräusche bei hohem Tempo halten sich in vertretbaren Grenzen, bei den Abrollgeräuschen kommen dann allerdings doch die Kastenwagen-Gene durch: Die Insassen werden geräuschmäßig nicht in Watte gepackt, dröhnend laut wird der neue VW Caddy jedoch nie. Erlebbarer Fortschritt ist die neue, direkter übersetzte Servotronic-Lenkung, die den VW Caddy handlicher wirken lässt. Gemeinsam mit der exakter geführten Hinterachse und dem 122-PS-Motor lässt sich damit sogar eine Art sportliche Fahrweise realisieren, die der Kombi mit einem sehr neutralen und wankarmen Auftritt beantwortet. Zur Sänfte wird der VW Caddy jedoch auch mit der neuen Schraubenfeder-Hinterachse nicht, leichtes Stuckern und Trampeln auf schlechtem Untergrund erinnert dann doch eine Nuance mehr an Transporter als an moderne Pkw.

VW Caddy 5 (2020) Fahrbericht
VW
Einfach einladen, egal was kommt: Die Paradedisziplin des Caddy.

Ob die mit dem MQB evo eingeführte Bedienlandschaft mit "Slidern" und berührungssensitiven Flächen statt mechanischer Schalter und Regler ein Fortschritt ist, wird in der VW-Szene seit geraumer Zeit diskutiert und bleibt eine eher persönliche Einschätzung. Speziell für alltägliche, intuitive Handgriffe etwa beim Fahrlicht, der Audio-Bedienung oder der Klimatisierungseinstellung ist das neue System jedoch objektiv gegenüber klassischen Bedienformaten klar nur zweiter Sieger, daran ändert auch keine längerfristige Eingewöhnung etwas.

Betont praktisch bleibt dagegen natürlich die Parade-Disziplin des VW Caddy: Einladen. Der in der Pkw-Version als Fünf- und Siebensitzer lieferbare Hochdach-Kombi bietet bei nur 4,5 Meter Außenlänge einfach Platz satt. Die variabel klapp-, teil- und entfernbare Sitzlandschaft ermöglicht bis zu 2,6 Kubikmeter Ladevolumen, im Gepäckraum ist der Caddy dank der neuen Hinterachskonstruktion auch etwas breiter geworden.

VW Caddy 2020: Daten und Preise

Beide Diesel-Caddys sind ab sofort bestellbar, die Serienfertigung ist bereits angelaufen. Damit ist allerdings nur ein Anfang gemacht, denn in kurzer Reihenfolge werden bis Frühjahr 2021 weitere Varianten folgen. Bei den Motoren der 114 PS starke 1.5 TSI, eine Erdgas-Variante dieser Maschine mit 130 PS sowie der eHybrid-Caddy mit Plugin-Hybrid-Technik. Ebenfalls in der Pipeline ist wieder ein VW Caddy 4Motion mit Allradantrieb (nur mit 122-PS-Diesel) sowie die Camper-Variante VW Caddy California. Das Basismodell, der VW Caddy Kombi Eco Profi mit 102 Diesel-PS, startet bei 25.044 Euro, günstigste 122-PS-Variante ist die schlicht "Caddy" genannte Ausstattungslinie für 28.872 Euro. Die laut VW beliebteste Variante, der VW Caddy Life mit 75 kW, kommt auf 29.330 Euro. Die Preisliste endet derzeit mit dem VW Caddy Style und 90 kW für 33.297 Euro. Die Preise für die weiteren Motorenvarianten und das DSG-Getriebe nennt VW (Stand Oktober 2020) noch nicht.

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Fazit

Der neue VW Caddy fährt klar komfortabler als das Vorgängermodell und besitzt auch viele (wenn auch meistens aufpreispflichtige) neue Features. Dennoch bleibt er seinem Grund-Charakter treu und mehr nützlich als betont luxuriös. Genau das macht aber auch seinen Charme und für die meisten Kunden den Kaufgrund aus, denn ein verlässlicher Kumpel, der zupacken kann, ist im Alltag eben doch die bessere Wahl. Und so fühlt sich der neue VW Caddy im Grunde an wie sein Vorgänger – was man als Kompliment verstehen darf. Wer hingegen einen Golf mit Hochdach erwartet, ist vermutlich an der falschen Adresse. Denn bei der Haptik, beim Fahrverhalten und auch beim Fahrkomfort erreicht er, bedingt durch das Grundkonzept, nicht den Feinschliff des Wolfsburger Bestsellers.

Technische Daten
VW Caddy 2.0 TDI Life
Grundpreis34.455 €
Außenmaße4500 x 1855 x 1833 mm
Hubraum / Motor1968 cm³ / 4-Zylinder
Leistung75 kW / 102 PS bei 2750 U/min
Höchstgeschwindigkeit175 km/h
Verbrauch4,6 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten