Fahrbericht VW.ID Xtreme
Diesen Antrieb braucht ein GTX

VW hat einen ID.4 GTX in den ID.Xtreme verwandelt. Das Ergebnis soll die Vielseitigkeit des Modularen E-Antriebsbaukastens (MEB) beweisen. Ob das gelingt? Finden wir's raus – VW lädt zur Probefahrt.

Concept Car VW ID.Xtreme Fahrbericht
Foto: Tom Salt / VW

Was soll das eigentlich? Diese Frage stellt sich häufig, wenn ein Hersteller zur Fahrt mit einem Concept Car lädt. Manchmal heißt es dann nämlich: "Bitte nicht schneller als 25 km/h fahren und parken Sie im Schatten, weil sonst die Speziallackierung schmilzt." Der Erkenntnisgewinn einer solchen Spritztour bewegt sich naturgemäß in engen Grenzen – und dann schiebt VW den ID.Xtreme auf einen ostdeutschen Flugplatz. "Klar kannst du richtig Stoff geben. Da hinten ist außerdem noch etwas unwegsameres Gelände, um das Fahrwerk auf die Probe zu stellen." Projektmanager Sven Wachendorf grinst verschmitzt. "Wenn wir so ein Auto auf die Räder stellen, dann schon mit dem Anspruch, dass es auch funktioniert." Sehr löblich.

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In rund zehn Monaten hat ein interdisziplinäres VW-Team das Basisfahrzeug, einen ID.4 GTX, in den ID.Xtreme verwandelt. Der Umstand, dass dafür mehrere Gewerke zusammengearbeitet haben, beweist, dass es um mehr geht, als nur kosmetischen Offroad-Chic. Wobei der Look des Xtreme trotzdem eine tragende Rolle spielt. Das Thema "Abenteuer" verkauft sich nun mal am besten über zusätzliche Lichtleisten, grobstollige Reifen und Kotflügelverbreiterungen. Bei der vorderen Spur legt die Studie um 20 Millimeter zu, die schwarzen Anbauteile aus dem 3D-Drucker tragen die Radläufe um 50 Millimeter weiter nach außen.

Breiter Bad Boy?

Dafür stellen sie die Hütchen des vorbereiteten Parcours ganz schön eng auf, merkt die innere Stimme an, sobald die Hände den Lenkradkranz umschließen. Auch eine Art, um auf die Verbreiterung aufmerksam zu machen. Überdies thront man dank eines Rallye-Fahrwerks 30 Millimeter höher über dem Asphalt. Die Morgensonne wirft bei 15 Grad unter null ein scheckiges Schattenmuster ins Cockpit. Das ist dem ebenfalls 3D-gedruckten Dachträger mit seiner Wabenstruktur geschuldet, der sich über das Glasdach spannt.

Concept Car VW ID.Xtreme Fahrbericht
Tom Salt / VW
Von innen gut zu lesen: "Made with passion and friends." Klingt gar nicht so martialisch, wie der Look des Autos vermuten lässt.

Die Parole "Made with passion and friends" ist mittig ausgestanzt. Der ID.Xtreme ist also trotz seines forschen Namens offenbar kein Bad Boy. Oder doch? Ein Tritt aufs rechte Pedal führt zu einem ungeahnten Ruck. Mal ehrlich: Das GTX-Label, das VW gerne als elektrisches GTI-Pendant verstanden wissen will, kann vor allem bei der Preisgestaltung mithalten. Ein handfester Performance-Gewinn ließ sich bei den entsprechend betitelten ID-Modellen dagegen kaum feststellen. Das fühlt sich im Concept Car schon deutlich verbindlicher an.

30 Prozent mehr Leistung

Verantwortlich ist die gesteigerte Systemleistung. 285 kW (387 PS) schieben an, und damit etwa 30 Prozent mehr, als im Basismodell. 205 kW steuert die erstarkte E-Maschine an der Hinterachse bei. In 5,3 Sekunden stehen 100 km/h auf dem digitalen Kombiinstrument. Fast eine ganze Sekunde flotter als der Serien-GTX (6,2 Sekunden) – und das spürt man. "Wir haben die Software angepasst", verrät Wachendorf. Aha – also könnte die Power per OTA-Update auch in Bestandsfahrzeugen freigeschaltet werden? Oder wurde auch die Hardware angefasst? "Wir haben ein ‚anderes Teil‘ eingesetzt", lautet die wenig konkrete Auskunft. Zu mehr Information lässt sich keiner der Anwesenden hinreißen. Schade, die Extra-Power gibt's also nicht einfach so für bereits verkaufte GTX.

Concept Car VW ID.Xtreme Fahrbericht
Tom Salt / VW
Der ID.Xtreme wedelt beherzt durch die Pylonen. Die Kraft-Kur steht dem Auto gut.

Dabei wedelt der erstarkte Xtreme doch so überzeugend durch die Pylonen. Nicht einmal die Höherlegung stört mit gesteigerter Wankneigung. Die Kernkompetenz des Fahrwerks liegt trotzdem abseits des asphaltierten Rollfelds, wo zusätzliche Antriebsleistung und ein hohes Drehmoment auch noch nie geschadet haben. Auf der kurzen Strecke bis zum holprigen Geläuf am anderen Ende des Areals fällt auf, wie laut der ID.Xtreme ist. "Wir haben das Auto natürlich nicht in jedem Bereich zur Serienreife entwickelt", räumt Sven Wachendorf ein. Der Fahrwind pfeift durch die Löcher im Dachträger und wetteifert mit den Abrollgeräuschen der Nokian-Pneus.

Entspannt über Stock und Stein

Trotzdem ist es drinnen nicht ungemütlich. Die bequemen Micorfaser-Sportsitze mit integrierter Kopfstütze geben anständigen Halt. Orange Ziernähte und Akzente spielen das Exterieur-Designthema unaufdringlich ins Cockpit. Beim ersten Treffen von Vorderrädern und vereistem Feldweg gerät der ID.Xtreme ins Schaukeln. Erwartbar, nicht ungebührlich – den abseitigen Pfad säumen etliche Eisbrocken und Krater, die einmal Pfützen waren.

Der sportliche Offroader schiebt sich unbeeindruckt über jegliche Hindernisse hinweg, die Verschränkungen provozieren kein Knarren und Ächzen. Ein voll verkleideter Unterboden sorgt zudem für das gute Gefühl, dass keine Verwerfung ernsthafte Schäden anzurichten vermag, während sich die groben Gummis mit Schnee und Eis verzahnen.

Concept Car VW ID.Xtreme Fahrbericht
Tom Salt / VW
Ein Ausflug ins leichte Gelände? Kein Problem. Das Rallye-Fahrwerk und die grobstolligen Reifen garantieren souveränes Vorankommen.

Was übrig bleibt

Den kräftigen Antritt hat der ID.Xtreme also drauf. Das leichtfüßige Kraxeln ebenso. Der Look ist gefällig, suggeriert Abenteuer. Trotzdem bleibt die eingangs gestellte Frage: Was soll das eigentlich? Ob irgendwas davon in die Serienmodelle überführt wird, fragen wir. Diese Möglichkeit werde noch geprüft, entgegnen die Verantwortlichen. Aha. Bis wir darüber nicht mehr wissen, bleibt der Xtreme ein schickes Recycling-Produkt, wurde hier doch ein ausrangierter Testträger der Serienentwicklung umgebaut. Auch die 77-kWh-Batterie ist ein gebrauchtes Exemplar, das im Concept Car seinen zweiten Frühling erleben darf.

Dafür ist jetzt klar, wie eine VW-Front mit beleuchtetem Markenlogo aussieht, denn auf dem hiesigen Markt klafft dort bislang eine Lücke im LED-Band. Das soll sich wohl schon im Laufe des Jahres 2023 ändern und dem Look in Deutschland das gewisse "X-tra" verleihen.

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Fazit

Die Extra-Power des ID.Xtreme stünde so einem GTX-Modell ganz hervorragend zu Gesicht. Schließlich soll das Kürzel in der elektrischen Welt dem ikonischen GTI-Label entsprechen, ohne diesem Anspruch bislang gerecht zu werden. Ob es im Alltag auch ein Rallye-Fahrwerk braucht? Höchstens für eine sehr spitze Zielgruppe. Was die Kunden letztlich wirklich bekommen, ist zumindest das leuchtende Logo.