Der neue VW Polo im Fahrbericht
Ist das noch ein Kleinwagen?

Der neue VW Polo wächst erstmals auf über vier Meter Länge. Ist das noch ein Kleinwagen oder hat der Polo schon Golf-Qualitäten? Erster Fahreindruck, Bilder und Preise.

VW Polo (2018)
Foto: VW

Der Fiesta hat ihn schon getan, auch der Corsa hat ihn hinter sich, und der Polo macht ihn jetzt ebenfalls: den Sprung über die Marke von vier Metern Außenlänge. Einst war das die natürliche Grenze zwischen Kleinwagen und Kompaktklasse – bis dann die SUV kamen und die Maßstäbe vieler Autokäufer verschoben. Um 81 Millimeter auf 4,05 Meter wuchs die sechste Modellgeneration des Polo, der Radstand legte sogar um 94 Millimeter zu, da es den Entwicklern gelang, die Überhänge zu reduzieren.

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Auf 335 Liter gewachsener Kofferraum

Entsprechend großzügig fällt daher das Raumangebot aus, wovon hauptsächlich Mitfahrer profitieren. Selbst hinter einem 1,90 Meter großen Fahrer, der seinen Sitz weit zurückgeschoben hat, bleibt noch genug Platz für zwei Erwachsene. Das Kofferraumvolumen legte um ebenfalls beachtliche 71 auf 355 Liter zu. Wir ersparen Ihnen jetzt Vergleiche mit früheren Golf-Generationen, aber kleinwagenhaft ist das wirklich nicht mehr.

Andererseits: Da er auch um rund sieben Zentimeter breiter wurde, benötigt der Polo nun fast einen halben Quadratmeter mehr Platz als bisher, was vermutlich nicht jedem Interessenten gefallen wird. Der Abstand zum Up fällt jedenfalls riesig aus.

Polo-Preise ab 12.975 Euro

Die meisten Käufer dürften jedoch kein Problem damit haben, dass es den Polo nur noch viertürig gibt. Beim Vorgänger verzichteten nur 20 Prozent auf die hinteren Türen, oft um sich den Aufpreis zu sparen, wie Kundenbefragungen ergeben haben. Trotz besserer Ausstattung (Front-Assist mit Fußgänger-Erkennung, Multikollisionsbremse etc.) liegt das Trendline-Basismodell (65 PS) mit 12.975 Euro nur rund 200 Euro über der zweitürigen Vorgängerversion.

Solides und praktisches Cockpit

VW Polo (2018)
VW
Das Cockpit ist solide und praktisch, die Konnektivität hat sich kaum verbessert, findet Tester Dirk Gulde.

Wer fürchtet, dass das Geld über schlichtere Materialien wieder reingeholt wurde, wird angenehm überrascht: Mit soliden Kunststoffen, sauber rastenden Schaltern und straff gepolsterten, bequem geformten Sitzen wirkt der neue Polo so hochwertig wie der Vorgänger. Ein weich geschäumtes Armaturenbrett statt Hartplastik gibt es wie bisher ab der zweiten Ausstattungslinie Comfortline. Großflächige Zierleisten in acht verschiedenen Varianten bringen auf Wunsch Farbe ins Cockpit, viele große Ablagen helfen Ordnung zu halten.

In der Mittelkonsole abgelegte Handys werden sogar kontaktlos aufgeladen, sofern sie den Qi-Standard unterstützen. Zudem verbinden sie sich mit einer empfangsverbessernden Außenantenne (325 Euro). Wie im Golf befindet sich der Navi-Monitor hinter einer dunklen Glasscheibe, deren Oberfläche sehr sensibel auf Berührungen reagiert. Noch eindrucksvoller sieht jedoch das neue digitale Kombiinstrument aus, das eine höhere Schärfe und mehr Einstellmöglichkeiten bietet als das aus Passat und Co. bekannte Vorgänger-Display. Über die Schnittstellen Apple Carplay, Android Auto sowie Mirrorlink lassen sich einige Handy-Apps auf dem Bordmonitor anzeigen und legal während der Fahrt bedienen.

Ansonsten fällt der Connectivity-Fortschritt übersichtlich aus: Wer Echtzeit-Staudienste empfangen möchte, muss entweder sein Handy als Datenmodem einspannen oder einen LTE-Stick in die USB-Schnittstelle stecken. Auf permanente Online-Anbindung über fest verbaute SIM-Karten verzichtet VW beim Polo derzeit noch.

Fährt so souverän wie ein Golf

Nur Gutes lässt sich über das Fahrverhalten berichten. So beeindruckt der Polo schon auf den ersten Metern mit hohem Geräusch- und Federungskomfort. Obwohl insgesamt straff abgestimmt, sprechen seine Dämpfer sehr sensibel auf kurze Verwerfungen oder Querrinnen an, ohne bei längeren Wellen nachzuschwingen. Für eine aufwendige Geräuschdämmung spricht, dass Fahrwerksgepolter ebenso selten durchdringt wie der Sound des Dreizylinder-Benziners mit 95 PS. Im Stand kaum zu hören, schnattert er äußerst dezent durchs Drehzahlband und verbrennt nur beim vollen Ausdrehen etwas lauter.

Doch hohe Drehzahlen sind selten erforderlich, für ein Einliter-Aggregat verblüfft der TSI mit seinem kräftigen Antritt bereits ab 1.500/min. Dank Turboaufladung stemmt er immerhin 175 Nm Drehmoment, was ihm mehr Reserven bei höheren Geschwindigkeiten beschert als die beiden Basis-Sauger mit ihren 95 Nm.

VW Polo (2018)
VW
Der neue Polo fährt fast so souverän wie ein Golf.

Dank seiner präzisen, leichtgängigen Lenkung schlängelt sich der Polo nicht nur geschickt durchs Innenstadt-Getümmel, er wuselt auch mitreißend zackig durch Kurven, die er seitenneigungsarm und frei von Lastwechselreaktionen durchfährt. Selbst ohne den direkten Vergleich dürfte der Abstand zum Golf nicht mehr allzu groß ausfallen, was auch an der prinzipiell ähnlichen Fahrwerkstechnik liegt. Denn die aufwendige Mehrlenker-Hinterachse ist den stärkeren Gölfen vorbehalten, in den schwächere Varianten kommen wie in allen Polo McPherson Federbeine vorn und eine Verbundlenker-Hinterachse zum Einsatz.

Neben den drei erwähnten Benzinern folgen bis Ende des Jahres ein weiterer Einliter-Dreizylinder mit 115 PS, ein 1,5-Liter-Vierzylinder mit 150 PS und ein 200 PS starker Zweiliter-Vierzylinder, Letzterer im GTI. Zudem kommt der Dreizylinder in einer CNG-Variante Compressed Natural Gas), die 90 PS leistet. Erdgas verbrennt nicht nur besonders sauber, es fällt im Vergleich zu Benzinern auch weniger klimaschädliches CO2 an, weshalb VW die hierzulande etwas eingeschlafene CNG-Gemeinde mit dem neuentwickelten Dreizylinder wachküssen möchte.

Diesel mit SCR-Abgasreinigung

Überraschenderweise kommen sogar zwei TDI hinzu (1,6-Liter-Vierzylinder mit 80 und 95 PS), die mit ihren aufwendigen SCR-Systemen bereits für die zukünftigen strengen Abgastests auf der Straße ausgelegt sind. Überraschend deshalb, da durch die immer teurer werdende Abgasreinigung viele Experten dem Diesel im Kleinwagen das Ende prophezeiten. Doch halt – als Kleinwagen will der Polo ja gar nicht mehr verstanden werden.

Fazit

Bis es 2020 mit der großen Elektro-Offensive auf Basis der neuen Plattform los geht, macht VW das, was man in Wolfsburg am besten kann: richtig gute Autos entwickeln. Der neue Polo befördert vier Erwachsene geräumig und beeindruckend komfortabel. Mit seiner präzisen Lenkung und dem sicheren Handling sorgt er gleichzeitig für viel Fahrspaß. Den großen Fortschritt erkauft er sich jedoch unter anderem mit spürbar gewachsenen Abmessungen. Wer meist allein oder zu zweit fährt und wenig Gepäck transportieren muss, dürfte in engen Parkhäusern gern auf die Extra-Zentimeter verzichten.

Technische Daten
VW Polo 1.0 TSI beats
Grundpreis19.075 €
Außenmaße4053 x 1751 x 1461 mm
Kofferraumvolumen351 bis 1125 l
Hubraum / Motor999 cm³ / 3-Zylinder
Leistung70 kW / 95 PS bei 5000 U/min
Höchstgeschwindigkeit187 km/h
Verbrauch4,4 l/100 km