Erste Fahrt mit dem Aston Martin Rapide
Was der britische Panamera-Konkurrent bietet

Inhalt von

Mit wunderschöner Silhouette und fesselndem Zwölfzylinder-Sound will der Aston Martin Rapide die Wahl zum König unter den Sportlimousinen für sich entscheiden. Ob die Krönung des britischen Viersitzers mit 477 PS gelingen könnte, verrät der erste Fahrbericht.

Aston Martin Rapide
Foto: Nick Dimbleby

Entspannt, locker und sympathisch. Nein, es ist nicht nur sein Auftritt - keine hochglanzpolierten Budapester Schuhe und kein faltenfreier Nadelstreifen-Anzug mit Einstecktuch. Er trägt Sneakers, Polohemd und Blazer. Es ist nicht die typische Manager-Art, wie er sein Produkt präsentiert. Eher wie ein Schuljunge, der gerade mit verschmitztem Lächeln von seinem Lieblingsspielzeug erzählt. 22 Jahre nachdem der Porsche-Entwicklungschef Bez den nie in Serie gegangenen viersitzigen Porsche 989 vorgestellt hat, präsentiert der heutige Aston Martin-CEO Bez nun den Rapide. Einen Sportwagen mit vier Sitzen. Die Vision von Dr. Ulrich Bez ist endlich Realität. Power, Beauty and Soul - die typischen Markenwerte sind auch dem Aston Martin Rapide maßgenau auf den Leib geschneidert worden.
 
Kleine, aber feine Details
 
Power: Unter der langgezogenen Motorhaube sitzt weit hinten der aus dem DB9 bekannte 60-Grad-V12 mit 477 PS und bis zu 600 Newtonmeter maximalem Drehmoment. Damit soll der 1.950 Kilogramm schwere Rapide in 5,3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigen. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Aston Martin mit 303 km/h an. Beauty: Die graziöse Linie des britischen Viersitzers stammt aus der Feder von Aston-Designchef Marek Reichmann. Trotz 30 Zentimeter längerer Silhouette ist der Rapide nicht einfach nur ein auf der Streckbank gezogener DB9. Coupé-Fans jubilieren in Anbetracht der nach hinten abfallenden Linie. Und wie sieht sein Hinterteil aus? Ein zierlich, durchtrainierter Po im Vergleich zur pummeligen Heckpartie des Porsche Panamera. Soul: Schon der stylische Zündschlüssel im Zündholzschachtel-Format mit Kristallspitze verrät die elitäre Begegnung mit einem Aston - so auch im Rapide. Es sind die kleinen, aber feinen Details, die auch ihn zum Charakterdarsteller machen. Die wunderschönen Instrumente mit den gegenläufigen Zeigern streicheln das Auge des Fahrers liebevoll - wer hierzu noch Kombiinstrument sagt, ist ein Kulturbanause. Die Bang & Olufsen-Anlage verwandelt das mit Leder, Alcantara und Edelholz ausstaffierte Cockpit in einen Konzertsaal der Extraklasse - serienmäßig ab Werk versteht sich natürlich. Doch das stärkste Aphrodisiakum für Aston-Fans betört erst, nachdem der Designer-Schlüssel in den Schlitz der Mittelkonsole geglitten ist. Mit blechern-bellendem Auspuffgeräusch schiebt der Rapide an. "Obwohl er rund 200 Kilogramm schwerer als der DB9 ist, lässt sich der Rapide agil und einfach fahren", sagt Bez.Stimmt, die Körperfülle von zirka zwei Tonnen und die beiden Sitze im Fond sind schnell vergessen. Gefühlt bewegt man einen kompakten Sportwagen.

Unsere Highlights

Das schmälert die Faszination Aston Martin nur minimal
 
Mit adaptiven Bilstein-Dämpfern und Sporttaste lässt sich das Fahrvergnügen im Aston Martin Rapide auf Knopfdruck nachwürzen. Dank Transaxle-Bauweise und einer Gewichtsverteilung von 51 zu 49 Prozent punktet der Gentleman-Sportler mit ordentlicher Traktion. Der Zwölfzylinder dreht mit sämiger Laufkultur hoch, die Lenkung arbeitet präzise, und im manuellen Modus darf der Fahrer mit feststehenden Schaltwippen die Fahrstufen der Sechsgang-Wandlerautomatik von ZF wechseln. Doch der Vergleich mit dem Panamera wird kommen, dafür fischt der in Graz bei Magna Steyr gebaute Rapide zu stark im Sport-Limo-Revier des Leipziger Porsche-Viersitzers. Dabei wird er es nicht leicht haben. Für den Grundpreis des Porsche Panamera Turbo von rund 135 000 Euro bekommt man gerade mal drei Viertel des Rapide. 180 000 Euro sind auch im Segment der Sportlimousinen eine happige Ansage. Mit 500 PS übertrifft der deutsche V8- Viersitzer mit Turbo-Direkteinspritzer seinen britischen Konkurrenten nicht nur um 23 PS, er wird ihn auch mit seinem Allradantrieb in puncto Traktion mächtig unter Druck setzen. Das Siebengang-PDK schaltet ebenfalls knackiger als der Aston-Wandler. Und auch der Preis für die Nutzraum- Wertung in der zweiten Reihe geht an die Weissacher Entwickler. Mit 432 Litern bietet der Porsche 115 Liter mehr Kofferraum-Volumen. Gleiches gilt für das Platzangebot im Panamera auf den hinteren Sitzen. Der distinguierte Brite lässt das Motto "form follows function" links liegen. Schon der Einstieg hinten erfordert Bewegungstalent. Der breite Mitteltunnel und die abfallende Dachlinie engen ein und machen Langstrecken höchstens für Grundschüler zum entspannten Erlebnis. Doch das schmälert die Faszination Aston Martin nur minimal - zu herrlich gurgelt der V12-Sauger und zu sehr umschmeicheln die feine Ausstattung und die elegante Linienführung. Mitte Mai wird der Rapide dem Panamera dann defintiv eins voraus haben: "Wie es bei uns mit allen neuen Modellen Tradition ist, werden wir auch den Rapide beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring einsetzen", verspricht Aston-Chef Bez, der auch wieder selbst in den Rennoverall schlüpfen wird. Wie am Anfang schon gesagt: Der etwas andere Typ Manager.

Technische Daten
Aston Martin Rapide 5.9 V12
Grundpreis189.995 €
Außenmaße5019 x 1929 x 1360 mm
Kofferraumvolumen317 bis 886 l
Hubraum / Motor5935 cm³ / 12-Zylinder
Leistung350 kW / 477 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit296 km/h
Verbrauch14,9 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten