Aston Martin AMR24 für F1-Saison 2024
Alonso-Renner mit radikalen Seitenkästen

Vor zwölf Monaten hat Aston Martin den größten Schritt aller Teams in der Winterpause hingelegt. Jetzt steht der nächste Modellwechsel vor der Tür. Legt auch der AMR24 wieder einen Raketenstart hin? Wir zeigen Ihnen den neuen Alonso-Renner im Detail.

Aus der unteren Tabellenhälfte des Vorjahres haben alle Teams ihre Launch-Events bereits absolviert. Diese Woche geht es nun ans Eingemachte. Innerhalb von nur vier Tagen stellen die fünf erfolgreichsten Rennställe der Vorsaison ihre neuen Modelle vor. Als Erstes legte Aston Martin die Karten auf den Tisch. In einem virtuellen Launch präsentierten die Briten am Montag (12.2.) den AMR24. Nur wenige Minuten nach der Enthüllung stand auch schon der Shakedown des Neuwagens in Silverstone auf dem Plan.

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Die Fahrer erhoffen sich noch einmal so einen großen Sprung wie in der Winterpause vor zwölf Monaten. In der ersten Saison der Ground-Effect-Ära landete das neuformierte Werksteam mit 55 Punkten nur auf Rang sieben. Dann folgte ein Raketenstart in das Jahr 2023, bei dem Alonso in den ersten acht Rennen sechs Mal aufs Podest raste. Aston Martin etablierte sich als erster Red-Bull-Verfolger. "Ich befürchte, dass wir nicht noch einmal so einen großen Schritt machen können. Wir bauen jetzt auf einer viel besseren Basis auf als damals", versuchte Alonso die Erwartung zu drücken.

Zudem ging den grünen Rennwagen zur Saisonmitte 2023 etwas die Puste aus. Pokale wurde immer seltener. Ein Konkurrent nach dem anderen zog in der Teamwertung vorbei. "Wir sind mit den Upgrades ein paar Mal falsch abgebogen. Leider haben wir das zu spät erkannt", erinnert sich Alonso. Technikchef Dan Fallows verspricht, dass es dieses Jahr besser laufen wird: "Wir haben in der zweiten Saisonhälfte einige Rennen als Testsessions missbraucht und dadurch viel gelernt, was nun in die Entwicklung des neuen Modells eingeflossen ist. Ich blicke mit Zuversicht auf die ersten Upgrades."

Aston Martin AMR24 - F1-Auto 2024
Aston Martin

Der Seitenkasten ist an der Unterseite ausgebeult. Beim Lufteinlass schiebt sich die Unterlippe weit nach vorne.

Gutes Auto für Alonso

Dass am Ende nur der fünfte Rang in der Konstrukteurswertung rausgesprungen ist, will Teamchef Mike Krack nicht als Enttäuschung werten. "Es war insgesamt eine starke Saison. Am Ende zeigte die Formkurve wieder nach oben, wie man am Podium in Brasilien sehen konnte. Ich hoffe, dass wir den Schwung in die neue Saison mitnehmen."

Teambesitzer Lawrence Stroll hat bekanntlich hohe Erwartungen. Ein guter Start würde sicher dabei helfen, Ruhe ins Team zu bringen. In der Winterpause waren schon erste Gerüchte aufgekommen, nach denen Stroll versucht haben soll, James Allison als Krack-Ersatz von Mercedes abzuwerben. Doch Allison entschied sich am Ende dazu, einen neuen Vertrag bei seinem alten Arbeitgeber zu unterschreiben.

Ein gutes Auto ist auch notwendig, um Superstar Alonso zu beweisen, dass man für 2025 eine gute Option ist. Mercedes ist bekanntlich auf der Suche nach einem Ersatz für Lewis Hamilton. Alonso steht bei Toto Wolff sicher weit oben auf der Wunschliste. Der Pilot selbst sieht die Lage aber noch entspannt: "Ich muss erst einmal für mich selbst entscheiden, ob ich weitermachen will. Wenn das der Fall ist, wird Aston Martin meine erste Anlaufstelle für Gespräche sein. Sollten wir uns nicht einigen, bin ich aber in einer guten Situation. So viele Weltmeister gibt es ja nicht auf dem Markt, die für 2025 noch frei sind."

Aston Martin AMR24 - F1-Auto 2024
Aston Martin

Die Nase setzt nicht mehr am Hauptblatt, sondern am zweiten Element des Frontflügels an.

Radikale Seitenkästen

Alonso wird bei seiner Entscheidung berücksichtigen, dass bei Aston Martin in den vergangenen Jahren viel investiert wurde. Im Hauptquartier in Silverstone vollzog die gesamte Entwicklungsabteilung Ende Mai einen Umzug in das 160 Meter lange "Gebäude 1" auf dem neuen Campus. Die kürzeren Wege sollen die Zusammenarbeit der einzelnen Abteilungen verbessern.

Laut Fallows hat der Umzug im Vorjahr und die Arbeiten an der Infrastruktur dem Entwicklungsprogramm des AMR24 aber nicht geschadet. Der oberste Ingenieur verspricht einen klaren Fortschritt im Vergleich zum alten Modell. Man habe die selbst gesteckten Ziele erreicht. Mit den Änderungen geht es schon an der nun kürzeren Nase und dem neu gestalteten Frontflügel los. Die Nasenspitze setzt nun nicht mehr am Hauptblatt, sondern eine Stufe höher am zweiten Element an. Das soll dabei helfen, die Luft effizienter an den Vorderrädern vorbeizuleiten.

Auch die Form der Seitenkästen ist neu. Sie sind an der Unterseite bauchiger und im Übergang zum Unterboden tiefer eingeschnitten. Besonders radikal ging man bei den Lufteinlässen zu den Kühlern zu Werke. Hier ist in der Seitenansicht nur noch ein schmaler Schlitz zu erkennen. Der untere Rand schiebt sich extrem weit nach vorne. Solch eine aggressive Lösung haben wir noch bei keinem anderen Auto gesehen.

Aston Martin AMR24 - F1-Auto 2024
Aston Martin

Die Hinterachse liefert Mercedes. Hier mussten die Ingenieure das Auto an eine komplette Neukonstruktion anpassen.

Aston wird zum Allrounder

Der AMR24 habe dadurch aerodynamisch an Effizienz gewonnen und verfüge nun über Allrounder-Qualitäten, hofft Fallows. Letzte Saison klagte Alonso noch über fehlenden Abtrieb in schnellen Kurven und den schwachen Top-Speed. Das habe man ausgemerzt. Der AMR24 soll auf allen Strecken konkurrenzfähig sein. Der Vorgänger konnte vor allem auf schnellen Kursen nur selten mit der Konkurrenz mithalten.

Bei der vorderen Aufhängung verzichteten die Ingenieure darauf, dem aktuellen Trend zu einem Pullrod-System zu folgen, wie es zum Beispiel bei Sauber und Toro Rosso gemacht haben. Es bleibt bei einem konventionellen Pushrod-Layout mit kleineren Anpassungen der Geometrie.

Hinten übernahm man wie üblich die Technik von Mercedes. Der Partner stellt 2024 auf ein innovatives Pushrod-System mit komplett veränderter Geometrie um. Damit bleibt das Auto in verschiedenen Fahrzuständen stabiler, was vor allem der Aerodynamik zugutekommt. Zudem wurde ein strenges Diätprogramm für alle Bauteile aufgelegt, mit dem das Gesamtgewicht deutlich reduziert wurde.

Aston Martin AMR24 - F1-Auto 2024
Aston Martin

Technik-Chef Dan Fallows ist zuversichtlich, dass man im Entwicklungswettlauf nicht noch einmal zurückfällt.

Fokus auf Entwicklungspotenzial

Der Technikchef bezeichnete den AMR24 als eine starke Evolution des Vorjahresmodells. "Uns ging es vor allem darum, eine stabile Basis zu schaffen, auf der wir aufbauen können. Man hat in der letzten Saison gesehen, wie wichtig die Weiterentwicklung im Laufe des Jahres ist. Ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Mal besser mithalten können."

Fallows gibt zu, dass sich Aston Martin beim Design am Marktführer Red Bull orientiert hat. "Wenn ein Auto so dominant ist, wie der Red Bull im letzten Jahr, dann ist es keine Überraschung, dass alle in eine ähnliche Richtung gehen. Ich glaube, dass es beim Grundkonzept keine größeren Ausreißer mehr geben wird. Stattdessen geht es nun in verstärkt in die Detailarbeit. Hier ist immer noch viel Rundenzeit zu holen. Ich denke, dass auch Red Bull schlagbar ist."

Alonso erwartet ebenfalls, dass sich das Feld an der Spitze noch einmal zusammenschieben wird. Der Doppel-Champion spornte seine Ingenieure deshalb an: "Wir haben es in Abu Dhabi gesehen. Da lagen zwischen der Pole Position und Platz 18 nur sechs Zehntel. Ein kleines Upgrade kann den Unterschied zwischen dem Ausscheiden im Q2 und einem Podiumsplatz machen."