Volles Bekenntnis zur Formel 1
Audi übernimmt Sauber zu 100 Prozent

Audi meint es ernst mit der Formel 1. Das Ingolstädter Unternehmen wird zeitnah 100 Prozent der Anteile der Sauber-Gruppe übernehmen. Im Hintergrund baut Teamchef Andreas Seidl bereits mit Volldampf am Werksteam der Zukunft.

Audi - F1-Fabrik - Neuburg - 2023
Foto: Audi

Im August 2022 gab Audi sein Formel-1-Projekt bekannt. Ab 2026 liefert die modernisierte Rennfabrik in Neuburg an der Donau die Motoren. Ab da sollte auch der Schweizer Sauber-Rennstall zu 75 Prozent von Audi übernommen werden. In der Zwischenzeit tauchten in regelmäßigen Abständen Gerüchte auf, Audi könnte die Formel-1-Pläne vorzeitig einstellen. Doch jetzt passiert genau das Gegenteil.

Am Freitag, dem 8. März gab Audi offiziell bekannt, dass die Sauber Holding AG zeitnah zu 100 Prozent übernommen wird. Damit gibt der alte Mehrheitseigner Finn Rausing alle Aktien an das Ingolstädter Unternehmen ab. In einer Zeit, in der die Formel-1-Teams immer mehr an Wert gewinnen und der Sport boomt, ergibt es Sinn, alle Anteile zu kaufen. Die Rechteinhaber der Königsklasse vermeldeten kürzlich Rekordeinnahmen von 3,222 Milliarden US-Dollar. Mit diesem Bekenntnis dokumentiert die Firma mit den vier Ringen ihr Ziel, die Marke Audi im globalen Umfeld zu stärken und vom Austausch zwischen Motorsport und Serie zu profitieren.

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Bevor Audi Vollzug melden konnte, musste noch ein Abkommen mit Ferrari geschlossen werden. Man brauchte eine Garantie, dass die Italiener Motoren bis zum Vertragsende 2025 liefern. Ferrari hätte theoretisch den Liefervertrag kündigen können, wenn ein anderer Autokonzern das Team mehrheitlich übernimmt. Im Extremfall hätte sich Sauber dann ein Jahr lang mit Renault-Motoren eindecken müssen.

Sauber - Fabrik - Windkanal - Hinwil
ams

Die Sauber-Fabrik in Hinwil wird künftig noch ordentlich aufgestockt.

Budget-Cap-Anpassung für die Schweiz

Außer der Übernahme haben die Aufsichtsräte der Audi AG und Volkswagen AG noch zwei Personalien beschlossen. Oliver Hoffmann wechselt nach seinem Abschied vom Posten des Audi-Entwicklungsvorstands ganz in das Formel-1-Projekt. Er übernimmt die Gesamtverantwortung zur Umsetzung des Formel-1-Engagements und damit den Vorsitz des Verwaltungsrats aller Sauber-Gesellschaften und der Audi Formula Racing GmbH in Neuburg. Hoffmanns Posten der Leitung der technischen Entwicklung wird künftig von Audi CEO Gernot Döllner ausgefüllt.

Geschäftsführer Andreas Seidl übernimmt künftig offiziell die Rolle des Teamchefs. Bislang ließ er sich von Teamrepräsentant Alessandro Alunni Bravi vertreten. "Ich bedanke mich bei Gernot Döllner und Oliver Hoffmann für das entgegengebrachte Vertrauen. Wir haben einen klaren Fahrplan, wie wir sowohl in Hinwil als auch in Neuburg schnellstmöglich konkurrenzfähig sein wolle. Wir haben ehrgeizige Ziele. Deren Umsetzung ist in vollem Gange und wird durch die vollständige Übernahme von Sauber durch die Audi AG nochmals beschleunigt."

Der Bayer hat im Hintergrund bereits die Fäden gezogen, aus Sauber ein Top-Team zu schmieden. Die Personaldecke wurde durch Zukäufe von 550 auf knapp 650 Mitarbeiter erhöht. 900 Angestellte sind das Ziel. Viele der Spezialisten, die von Red Bull, Mercedes und Ferrari kommen, haben noch Arbeitssperren.

Ganz im Stillen landete Seidl noch einen Coup. Ab 2026 wird für den Standort Schweiz eine Währungsanpassung in den operativen Kostendeckel der Formel 1 eingerechnet. Ein Gehalt von 150.000 Schweizer Franken wird dann nur zu 100.000 Schweizer Franken im Budget-Cap verbucht. So soll das Lohngefälle zwischen England und anderen Ländern ausgeglichen werden. Und das verschafft Seidl Luft, auf die nötige Teamgröße zu kommen, ohne dafür bei der Entwicklung und dem Materialdurchsatz etwas opfern zu müssen.

Andreas Seidl - Audi - Formel 1 - GP Bahrain - 28. Februar 2024
Motorsport Images

Nachdem sich Andreas Seidl lange im Hintergrund gehalten hat, trägt er künftig wieder offiziell den Titel Teamchef.

Audi investiert in die F1-Infrastruktur

In der Zeit der Ungewissheit konnte Seidl nur begrenzt in die Infrastruktur investieren. Jetzt, mit dem vollen Bekenntnis, werden die Werkzeuge in Hinwil modernisiert. Der Windkanal wurde bereits renoviert. Der Simulator, der 2021 installiert wurde, braucht nur eine Auffrischung. Neue Produktionsmaschinen sind entweder schon da oder bestellt. Wer den Budgetdeckel effizient ausnutzen will, muss möglichst viel selbst produzieren.

Auch die Fabrik wird ausgebaut. Die neuen Mitarbeiter brauchen Platz. Ein Gebäude soll komplett neu errichtet, ein anderes wird um ein paar Stockwerke vergrößert. In Neuburg an der Donau laufen die neun Prüfstände bereits auf Hochtouren. Der neue Motor ist dem Vernehmen nach im Zeitplan. Wie gut die Entwicklung läuft, lässt sich schwer abschätzen. Die Rahmenbedingungen für die Antriebseinheit sind 2026 durch den Wegfall der MGU-H, den Einsatz von 100 Prozent nachhaltigem Kraftstoff und die neuen Limits für Verdichtung und Ladedruck so anders als heute, dass keiner einen Vergleichsmaßstab hat.

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