Ferrari erstmals nicht auf dem Podium
Zu nett zum harten Reifen

GP China 2024

Ferrari hoffte beim GP China auf seinen guten Rennspeed und war überrascht, dass die Trumpfkarte gegen McLaren nicht stach. Der Grund lag vermutlich in zu viel Vorsicht. Die harten Reifen lieferten nicht den nötigen Grip.

Charles Leclerc - Ferrari - GP China 2024
Foto: xpb

Ferrari machte sich das Leben selbst schwer. Von den Startplätzen sechs und sieben ist es auch mit einem Reifen schonenden Auto nicht einfach, noch auf das Podium zu fahren. Und trotzdem rechnete man nach den Erfahrungen des Sprints insgeheim damit, dass am Sonntag die Trumpfkarte sticht. Vielleicht nicht gegen Red Bull, aber doch wenigstens gegen McLaren.

Es kam anders. Weil das Hauptrennen zum Großteil auf den harten Reifen zurückgelegt wurde und nicht auf dem Medium, wie der Sprint, bei dem Ferrari in den letzten Runden noch den üblichen langen Atem zeigte. Doch auch als sich die Charles Leclerc und Carlos Sainz am Sonntag freigeschwommen hatten, machten sie keinen Boden auf Max Verstappen, Sergio Perez und Lando Norris gut. Das Gegenteil trat ein. Norris nahm Leclerc bis ins Ziel 9,7 Sekunden ab. Bei Perez waren es 4,4 Sekunden.

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Charles Leclerc - Ferrari - GP China 2024
Ferrari

Nach dem Stop in der Safety-Car-Phase fuhr Leclerc bis ins Ziel durch.

Ferrari schwenkt auf Einstopp-Rennen um

Teamchef Frédéric Vasseur und seine Fahrer machten drei Gründe dafür fest. Zuerst die schlechten Startplätze, die die Fahrer im frühen Rennstadium zu einer aggressiven Gangart zwingen. Dann das im Fall Sainz unglückliche Safety-Car-Timing. Es kam fünf Runden, nachdem der Spanier auf harte Reifen gewechselt hatte. Ferrari wollte sich einen Zusatz-Stopp ersparen. Sainz musste auf einem Satz überleben und mehr in den Rückspiegel als nach vorne schauen.

Für Leclerc kam die Neutralisation perfekt. Sie sparte ihm einen Reifenwechsel. Mit seinem Stopp in der 21. Runde bestand Hoffnung, das Rennen auf den harten Reifen zu Ende zu fahren, ohne groß Zurückhaltung üben zu müssen. "Deshalb haben wir von dem geplanten Zweistopp-Rennen auf einen umgeschwenkt", erzählte Vasseur.

Carlos Sainz - Ferrari - GP China 2024
Ferrari

Das Hauptproblem für Ferrari waren in Shanghai die schlechten Startplätze.

Keine Erfahrung mit harten Reifen

Als größtes Problem aber stellte sich der harte Reifen heraus. Die Ferrari-Fahrer brachten ihn nie perfekt zum Arbeiten. "Wir müssen herausfinden, warum wir mit den harten Reifen nicht auf Speed kamen", fordert Leclerc. "Bis zum Safety-Car lief alles nach Plan. Danach konnten wir nicht mehr mithalten."

Ferrari wurde wahrscheinlich für zu viel Vorsicht bestraft. Aus Angst vor der reifenmordenden Strecke und dem unbekannten Asphalt gingen die Ingenieure mit dem Setup zu stark Richtung Reifenschonen. Im Zusammenspiel mit den niedrigen Asphalttemperaturen waren besonders die harten Reifen davon betroffen.

Dazu kam, dass Ferrari die harten Reifen bis zum Rennen kein einziges Mal angerührt hatte. Man wollte sich auf jeden Fall je zwei Garnituren pro Fahrer in der Hinterhand halten. "Unsere Erfahrung mit dem harten Reifen war begrenzt", gab Vasseur zu. McLaren machte es besser und splittete im ersten Training das Programm. Oscar Piastri probierte den Medium-Gummi, Lando Norris die harten Sohlen. Der Gegner wusste, was man von der C2-Mischung erwarten konnte.

Carlos Sainz - Ferrari - GP China 2024
Ferrari

Mit den Medium-Reifen lief es im Sprint deutlich besser als mit den harten Gummis im Rennen.

Trumpfkarte Reifenschonen stach nicht

Für Ferrari rächten sich die fehlenden Daten. Die Autos gingen so pfleglich mit den Reifen um, dass in der Qualifikation nicht mal die Soft-Reifen optimal im Fenster lagen. Das erklärt die schlechten Startplätze und den ungewöhnlich großen Rückstand von sechs Zehnteln auf Red Bull.

Wenn schon die weichen Reifen nicht optimalen Grip lieferten, musste es auf den harten Gummis noch viel schlimmer sein. Die lange Safety-Car-Phase ließ die Reifen stark auskühlen. Der McLaren zündete sie danach besser an als der Ferrari. Norris zog Leclerc und Perez sofort davon.

Ferrari fehlte in der zweiten Hälfte des zweiten Stints nicht nur der Speed, sie konnten auch nicht vom guten Reifenmanagement profitieren. Der harte Reifen und 31 Grad Asphalttemperatur halfen der Konkurrenz, die Abnutzung unter Kontrolle zu halten. Ausnahmsweise war es gut, den Reifen zu fordern. So machte McLaren eine Stärke aus einer Schwäche.

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