F1-Vorschau GP Saudi-Arabien
Red-Bull-Jagd im Highspeed-Kanal

GP Saudi-Arabien 2024

Als zweites Rennen der Saison steht der Grand Prix von Saudi-Arabien auf dem Formel-1-Plan. Nach der Red-Bull-Dominanz in Bahrain fürchtet sich die Konkurrenz vor der nächsten Klatsche der Überflieger. Max Verstappen will den zweiten Saisonsieg. In der Vorschau haben wir die letzten Infos zum Nachtrennen in Jeddah.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Bahrain - Rennen - 2. März 2024
Foto: Red Bull

Der Saisonstart in Bahrain verlief für Red Bull sportlich nach Maß: Wie 2023 feierte das Weltmeister-Team einen Doppelsieg. Max Verstappen gewann vor Sergio Perez. Ohne Luft zu holen geht es nun nach Saudi-Arabien. Vom kleinen Königreich im Golf fliegt der F1-Tross einmal quer über die arabische Halbinsel ans Rote Meer. Zwischen den beiden Grand-Prix-Strecken liegen 1.200 Kilometer Luftlinie, die vor allem aus einer kargen Wüstenlandschaft bestehen.

Unsere Highlights

Doch beim Rennen am Samstag (9. März) ist von der Umgebung nicht viel zu sehen. Wie schon beim Saisonstart gehen die Lichter der Startampel erst aus, wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist. Und wegen des am Sonntag beginnenden Ramadans steigt der zweite Grand Prix des Jahres ebenfalls am Samstag.

Vor dem zweiten Teil des Flutlicht-Doppelschlags zum Start in die neue Formel-1-Saison fragen sich natürlich viele Fans, ob die Red-Bull-Dominanz beim Auftakt nur ein Ausrutscher war, oder ob wir uns auf eine langweilige Saison einstellen müssen. Max Verstappen fuhr im Rennen teilweise Kreise um seine Gegner. Interessant wird auch zu sehen sein, wie schnell Mercedes, Ferrari und Co. mit Upgrades gegensteuern können.

Das Streckenlayout bietet Potential für Überraschungen. Nach dem kurvigen Auftakt geht es jetzt erstmals auf eine richtig schnelle Strecke, auf der maximaler Abtrieb deutlich weniger zählt als ein geringer Luftwiderstand. Auch das Thema Kühlung der Motoren und der Bremsen dürfte ein Thema werden. Dafür fällt der Reifenverschleiß geringer aus. Im Gegensatz zu Bahrain sind in Jeddah eher die Gummis auf der vorderen Achse gefordert und nicht die hinteren.

Die Strecke: Jeddah Corniche Circuit

Der Jeddah Corniche Circuit, der rund zwölf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegt, wurde 2021 in nicht einmal zwölf Monaten Bauzeit aus dem Boden gestampft. Es handelt sich zwar um einen temporären Stadtkurs, doch im Prinzip musste alles neu errichtet und verlegt werden. Der Asphalt. Die Gebäude wie die Boxenanlage. Die Tribünen. Die Drainage rund um die über sechs Kilometer lange Rennstrecke.

Am Pistenrand stehen 3.000 Tecpro-Schutzmauern, um entgleiste Autos abzufedern. Ansonsten sind noch 3.300 Betonelemente verteilt. 13 Kilometer an Fangzäunen sollen herumfliegende Teile von den Tribünen abhalten. In Summe verbauten die Streckenarbeiter mehr als 37.000 Tonnen Asphalt. Und sie verlegten mehr als 20 Kilometer an elektrischen Kabeln. Jeddah ist eines von sechs Nachtrennen im Kalender. Deshalb wird die Strecke neben Flutlichtern an Gebäuden und Brücken auch von mehr als 600 Leuchtmasten bestrahlt.

Für das Strecken-Design waren zwei alte Bekannte verantwortlich: Hermann Tilke und sein Sohn Carsten. Die Vorgabe: Es sollte kein typischer Stadtkurs mit 90-Grad-Ecken entstehen, sondern eine schnelle Rennstrecke. Was noch wichtig war: Überholen soll in Jeddah möglich sein. Um nachzuhelfen, richtet die FIA hier immer drei DRS-Zonen ein. Sie befinden sich auf der Zielgerade (T27-1), sowie zwischen den Kurven 20 und 22 sowie 25 und 27.

Der Jeddah Corniche Circuit ist der zweitlängste GP-Kurs im Rennkalender nach Spa-Francorchamps. Über die 6,174 Kilometer verteilen sich 27 Kurven. Mehr als auf jeder anderen Rennstrecke. 16 davon gehen links herum, elf nach rechts. Wirklich langsame Ecken gibt es nicht. Auslaufzonen sind Mangelware. Das erhöht bei einem Unfall die Wahrscheinlichkeit auf ein Safety-Car oder gar eine Unterbrechung. Bei den ersten drei Auftritten musste Bernd Mayländer jeweils ausrücken.

Vor der letztjährigen Ausgabe wurden im Sinne der Sicherheit noch einige Änderungen an der Strecke durchgeführt. Um das Tempo zu senken und einige Passagen besser einsehbar zu machen, ließ die FIA in den Kurven 14, 20, 22 und 23 Umbauten vornehmen. Dazu wurden an vielen Stellen höhere Randsteine verlegt. In einigen Auslaufzonen gibt es dazu auch noch künstliche Bodenwellen, mit denen die Piloten am Verlassen der Strecke gehindert werden sollen.

Bei der Jeddah-Ausgabe 2022 sorgte vor allem die DRS-Detection-Line vor der letzten Kurve für Action. Piloten verlangsamten hier im Zweikampf absichtlich das Tempo, um auf der folgenden Gerade den Top-Speed-Vorteil zu nutzen. Vor dem 2023er-Event hatte die Rennleitung die Messlinie versetzt. Der Abstand wurde erst hinter der Schlusskurve ermittelt – also zu Beginn der Zielgeraden. Das verhinderte gefährliche Stehversuche.

Pirelli - Reifen - GP Saudi-Arabien 2024 - Formel 1
Pirelli

Pirelli bringt eine Stufe weichere Reifen nach Jeddah. Der Verschleiß ist geringer als in Bahrain.

Fast Facts

  • Streckenlänge: 6,174 Kilometer
  • Rundenzahl: 50
  • Renndistanz: 308,45 Kilometer
  • Anzahl Kurven: 27 (11 rechts / 16 links)
  • Rundenrekord im Rennen: 1:30.734 Min. (Lewis Hamilton, 2021)
  • Absoluter Rundenrekord: 1:27.511 Min. (Lewis Hamilton in Q3, 2021)
  • Distanz Pole Position bis erste Bremszone: 147,9 Meter
  • Länge der Boxengasse: 337,3 Meter
  • Vollgas-Anteil (Rundenzeit): 73 Prozent (Distanz: 80 Prozent)
  • Top-Speed: 329 km/h
  • DRS-Zonen: 3 (T27-1, T20-22, T25-27)
  • Safety-Car-Wahrscheinlichkeit: 100% (3/3)
  • Reifenwahl: C2, C3 & C4
Nico Hülkenberg - Haas - Formel 1 - GP Bahrain - 1. März 2024
Motorsport Images

Die Ingenieure müssen in den Trainings gemeinsam mit den Fahrern ein gutes Setup für die Highspeed-Strecke finden.

Setup

In Bahrain waren wenigstens im Mittelsektor noch ein paar langsame Kurven versteckt. Auf dem flüssigen Highspeed-Kurs von Saudi-Arabien müssen die Ingenieure die Flügel nun deutlich flacher stellen. Die Vollgas-Passagen mixen sich mit schnellen Kurven. Zu viel Luftwiderstand würde zu viel Rundenzeit kosten. Viele der Kurven werden auf Anschlag, sprich unter Volllast, durchfahren. Die Telemetrie zeigt, dass die Fahrer auf 4.877 der 6.174 Meter voll auf dem Gas stehen werden. Einer der höchsten Werte des Jahres. Die Strecke konkurriert hier mit Spa und Monza.

Weil die neuen Rennwagen bisher nur in Bahrain unterwegs waren, müssen sich die Teams beim Grund-Setup vor allem auf ihre Simulationen verlassen. Am Rennwochenende heißt es dann: schnell verstehen, schnell lernen, schnell umsetzen. Dabei müssen die Teams die Entwicklung der Rennstrecke einbeziehen. Im ersten Training zeigt sich der Asphalt traditionell noch sehr sandig. Da kann man sich bei Setup-Änderungen schnell verzetteln, weil die Piste von Runde zu Runde schneller wird. Hilfreich ist das Rahmenprogramm aus Formel 2 und Formel-1-Academy, um die Oberfläche zu säubern und Gummi zu legen.

Das erste und das dritte Training beginnen wie in Bahrain vor Sonnenuntergang. Sie sind also nicht ganz repräsentativ, was die Asphalttemperaturen angeht. Die entscheidenden Sessions – Qualifikation und Rennen – finden ausschließlich unter Kunstlicht statt. Bei der Vorbereitung wird also vor allem das zweite Training aufschlussreich. Reifenlieferant Pirelli ist eine Spur aggressiver als zuletzt in Bahrain. Es kommen die Mischungen C2, C3 und C4 zum Einsatz.

Red Bull- Formel 1 - GP Bahrain 2024
Red Bull

Red Bull könnte bereits in Jeddah kleinere Updates an den in Bahrain überlegenen RB20 schrauben.

Upgrades

Nur eine Woche nach dem Saisonstart ist nicht viel an Upgrades zu erwarten. Die meisten Teams werden mit ihren ersten größeren Ausbaustufen bis zum Europa-Auftakt in Imola warten (19.5.). Die Übersee-Rennen davor in Melbourne, Suzuka, Shanghai und Miami dürften ohne Upgrade-Feuerwerke über die Bühne gehen. Kleinere Modifikationen für Jeddah haben im Vorfeld nur Toro Rosso und McLaren angekündigt.

Dazu gibt es sicher noch streckenspezifische Veränderungen an den Neuwagen. Auf dem schnellen Stadtkurs werden die meisten Teams ihre Renner mit Low-Downforce-Flügeln ausrüsten. Ansonsten werden die Ingenieure versuchen, ihre neuen Modelle besser kennenzulernen. Erfreulich für alle Teams war die beeindruckende Zuverlässigkeit beim Saisonstart. Noch nie beendeten alle Autos das Auftaktrennen.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Bahrain 2024
Red Bull

Alles andere als ein Verstappen-Sieg in Jeddah wäre eine Überraschung. Red Bull und sein Starpilot können sich wohl nur selbst schlagen.

Favoriten

Nach der Vorstellung in Bahrain erübrigt sich diese Frage: Max Verstappen dürfte unter normalen Umständen in Jeddah nicht zu schlagen sein. Zudem holte der Niederländer saisonübergreifend acht Siege in Folge. Der F1-Rekord, den er 2023 selbst aufgestellt hat, liegt bei zehn Triumphen en suite. Der Red Bull RB20 zeigte sich in Bahrain vor allem bei der Renn-Pace als überlegen. Im Qualifying hingegen hätte Max Verstappen eine Niederlage einstecken können. Charles Leclerc war in seinem Ferrari auf eine Runde ebenbürtig. Doch der Monegasse verwachste seinen letzten Versuch.

Das besondere Jeddah-Layout dürfte den Abstand zwar etwas schrumpfen lassen, eine echte Gefahr sehen wir für Verstappen aber noch nicht. Interessanter ist die Frage, wer der erste Verfolger des Dauersiegers sein wird. In Bahrain präsentierte sich Ferrari als zweite Kraft. Charles Leclerc hatte jedoch Bremsprobleme und musste sich seinem Teamkollegen Carlos Sainz geschlagen geben. Ferrari-Verfolger war beim Auftakt Mercedes. Die Silberpfeile sahen sich im Renntrim schneller als die Roten. Doch Kühlprobleme verhinderten laut Mercedes ein besseres Resultat von George Russell und Lewis Hamilton.

McLaren und Aston Martin hatten das Nachsehen. Zwar sprengte Lando Norris das Mercedes-Duo und wurde Sechster, doch den beiden Überraschungsteams des Vorjahres fehlte in Bahrain etwas die Pace, um ein Wörtchen im Kampf um das Podium mitzureden. McLaren hofft, von den schnelleren Kurven in Jeddah zu profitieren. In den langsamen Ecken von Bahrain litt der MCL38. Aston Martin hat sich mit dem neuen AMR24 in schnellen Kurven hingegen verbessert. Beide könnten somit näher an die Top 3 heranrücken.

Die zweite Hälfte des Formel-1-Feldes hofft darauf, in Jeddah Punkte zu sammeln. Hier liegen die Verfolger noch enger beisammen. Es ist schwierig vorherzusagen, wer das Mittelfeld anführt. Toro Rosso enttäuschte nach vielversprechenden Testfahrten und blieb punktelos. Williams, Haas und Sauber befinden sich auf einem ähnlichen Niveau. Alpine erlebte beim Saisonauftakt ein Wochenende zum Vergessen und belegte im Qualifying die letzte Startreihe. Hoffnung macht auch hier das Layout. Die Traktion ist in Jeddah weniger essenziell als in Bahrain. In diesem Bereich litt der A524 am meisten.

Sergio Perez - Formel 1 - Jeddah - GP Saudi-Arabien 2023
xpb

Sergio Perez siegte 2023 in Jeddah. Max Verstappen musste nach einem Problem im Qualifying durch das Feld pflügen.

So lief das Rennen im Vorjahr

Sergio Perez schnappte sich 2023 die Pole Position. Teamkollege Max Verstappen startete nach einem Problem mit der Antriebswelle nur von Platz 15. Fernando Alonso ließ aus der ersten Reihe kommend Perez stehen und übernahm die Führung. Der Aston-Martin-Pilot konnte sich allerdings nur kurz freuen: In Runde 2 verhängte die Rennleitung eine fünfsekündige Zeitstrafe wegen einer inkorrekten Start-Position im Grid.

Zwei Umläufe später schnappte sich Perez dank DRS den Spanier auf der Start- und Zielgeraden. Der Mexikaner bügelte seinen Patzer am Start wieder aus. Während Max Verstappen sich peu à peu durch das Feld arbeitete, rollte der Aston Martin von Lance Stroll in Runde 17 aus. Die ungünstige Lage des gestrandeten AMR23 zwang die Rennleitung dazu, das Safety Car auf die Strecke zu schicken.

Alle Fahrer, die noch nicht an der Box waren, steuerten ihre Mechaniker an, um sich frische Reifen abzuholen. Perez wechselte auf den harten Pirelli-Pneu, ebenso wie sein Teamkollege. Verstappen lag nun bereits auf dem vierten Rang und hatte nur noch George Russell sowie Fernando Alonso zwischen sich und seinem Stallgefährten. Nachdem das Safety Car wieder von der Strecke verschwand, konnte Verstappen mithilfe vom DRS den Mercedes-Mann in Runde 23 überholen. Alonso war dann zwei Umläufe später fällig.

Wer darauf gesetzt hatte, dass Verstappen noch seinen Teamkollegen kassiert, wurde eines Besseren belehrt. Sergio Perez konnte den nach der Safety-Car-Phase herausgefahrenen Vorsprung verwalten und siegte vor Max Verstappen. Dritter wurde wie in Bahrain Fernando Alonso. Die Mercedes-Fahrer George Russell und Lewis Hamilton landeten auf den Rängen vier und fünf. Dahinter trudelten die Ferrari von Carlos Sainz und Charles Leclerc vor den beiden Alpine ein. Esteban Ocon konnte sich gegen seinen Landsmann Pierre Gasly behaupten. Einen unverhofften Punkt holte Kevin Magnussen in seinem Haas.

Ein Hinweis für alle TV-Zuschauer: Nachdem RTL den Saisonauftakt im Free TV gezeigt hatte, findet der GP Saudi-Arabien wieder hinter der Bezahlschranke auf Sky statt. Erst in Ungarn wird der Kölner Sender das nächste seiner insgesamt sieben Rennwochenenden übertragen.

In der Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal die Bilder des letztjährigen Rennens in Jeddah.

Zeitplan GP Saudi-Arabien 2024

Tag

Session

Uhrzeit (MEZ)

Donnerstag, 07.03.2024

1. Training

14.30 - 15.30 Uhr

2. Training

18.00 - 19.00 Uhr

Freitag, 08.03.2024

3. Training

14.30 - 15.30 Uhr

Qualifikation

18.00 - 19.00 Uhr

Samstag, 09.03.2024

Rennen

ab 18.00 Uhr

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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten