Nach Ferrari-Fehlstart
Cheftechniker Sanchez muss gehen

Nach Teamchef Mattia Binotto muss nun auch der Chef der Ferrari-Entwicklungsabteilung, David Sanchez, die Scuderia verlassen. Vor allem das Timing der Trennung wirft Fragen auf.

David Sanchez - Ferrari - Bahrain-Test - 2023
Foto: xpb

Für Ferrari zählt bekanntlich nur der WM-Titel. Da war der hart erkämpfte zweite Platz in der Vorsaison schon fast eine kleine Enttäuschung, die am Ende Teamchef Mattia Binotto den Kopf kostete. Eigentlich waren Experten davon ausgegangen, dass neben dem Capo auch noch weitere Angestellte aus der Führungsebene freigestellt werden. Doch in der Winterpause blieb es dann zunächst überraschend ruhig in Maranello.

Mit dem Saisonstart in Bahrain änderte sich das. Noch am 3. März schickte die PR-Abteilung eine Auflistung der wichtigsten Führungspositionen an die Medien. Darauf war David Sanchez noch als "Head of Vehicle Concept” angeführt. Eine Woche später ist die Liste schon wieder veraltet. Der Franzose mit spanischen Wurzeln muss die Scuderia verlassen.

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David Sanchez & Sebastian Vettel - GP Belgien 2018
Motorsport Images
Ein Bild aus besseren Zeiten. David Sanchez war maßgeblich am Ferrari-Aufstieg in den letzten Jahren beteiligt. Doch Platz zwei ist offenbar nicht gut genug.

Vasseur räumt auf

Das Timing der Trennung dürfte viele im Fahrerlager überraschen. In Bahrain hatte der neue Teamchef, Frederic Vasseur, noch versucht, gute Stimmung zu verbreiten. Die Pace des Autos sei nicht so schlecht, wie es ausgesehen habe. Ein suboptimales Setup und der besondere Charakter des Wüstenkurs-Layouts hätten zu einem ungewöhnlich hohen Reifenverschleiß am SF-23 geführt.

Offenbar fiel die interne Analyse dann doch etwas kritischer aus. Wäre man mit dem neuen Auto komplett zufrieden, hätte es für die Trennung keinen Grund gegeben. Sanchez war mehr als zehn Jahre bei der Scuderia angestellt. 2012 kam er als Aerodynamik-Ingenieur nach Maranello. In mehreren Schritten folgte dann der Aufstieg zum Leiter der kompletten Aerodynamik-Abteilung.

2019 wurde Sanchez von Binotto zum obersten Entwicklungschef befördert. Unter seiner Leitung wurden der letztjährige F1-75 und der aktuelle SF-23 konstruiert. Wie im Falle von Binotto will Ferrari nicht offiziell bestätigen, dass die Trennung auf Druck von oben zustande kam. Nach Informationen von auto motor und sport soll Sanchez aber nicht ganz freiwillig gegangen sein.

Frederic Vasseur - Ferrari - GP Bahrain 2023
Wilhelm
Der neue Teamchef Frederic Vasseur wirkt nach außen immer nett und freundlich. Intern wird allerdings hart durchgegriffen.

Sanchez-Rückkehr zu McLaren?

Schon bei seinem Antritt hatte Vasseur klargemacht, was er von seiner Belegschaft erwartet: "Jeder Teil unseres Teams muss sich verbessern. Das ist die DNA meines Geschäfts. Wir müssen die Arbeit mit der Einstellung angehen, dass wir immer versuchen, morgen besser zu sein als heute. Das betrifft nicht nur die Top-Ingenieure, sondern jeden einzelnen Angestellten der Firma."

Sanchez ist nicht das erste Opfer von Neu-Teamchef Vasseur. Auch in der Strategie-Abteilung wurde bereits aufgeräumt. Nach einigen vermeidbaren Taktik-Fehlern in der Vorsaison ließ Vasseur Chefstratege Inaki Rueda in eine andere Position innerhalb des F1-Teams versetzen. Stattdessen wurde Ravin Jain zum "Head of Race Strategy Operations" befördert.

Wie es mit David Sanchez weitergeht, ist noch nicht ganz klar. Italienische Medien berichten, dass es den Franzosen wieder zu seinem alten Team McLaren zieht. Zuerst aber einmal muss der Ingenieur, wie in der Branche üblich, eine längere Arbeitssperre absitzen, bevor er einen neuen Job antreten darf. Auch die Frage, wie Ferrari den Posten neu besetzen wird, wird wohl erst in den kommenden Wochen beantwortet.