McLaren und Ferrari erhöhen Druck
Muss Red Bull jetzt zittern?

GP Miami 2024

Lando Norris vor der Nase, Charles Leclerc im Rückspiegel: Max Verstappen gewinnt nicht mehr im Spaziergang. In Miami reichte ein Safety-Car zur falschen Zeit, um den Weltmeister ins Straucheln zu bringen. Ist das der Anfang vom Ende der Dominanz?

Max Verstappen - Formel 1 - GP Miami 2024
Foto: Motorsport Images

Zwei Niederlagen in vier Rennen. Das ist eine Bilanz, an die sich Red Bull und Max Verstappen nach zwei Jahren Alleinherrschaft erst noch gewöhnen müssen. Der Red Bull ist immer noch das schnellste Auto im Feld und Max Verstappen nach wie vor haushoher Favorit auf den WM-Titel, doch eines hat sich geändert: Das Gewinnen wird dem Holländer nicht mehr so leicht gemacht.

In Melbourne warf ein Bremsdefekt den Titelverteidiger früh aus der Bahn. Doch Verstappen hätte auch mit einem intakten Auto Probleme gehabt, den Grand Prix von Australien zu gewinnen. Red Bull fand nie das perfekte Setup für diese Strecke. Ferrari schon.

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In Miami sagten gleich zwei Teams Red Bull den Kampf an. McLaren hatte mit einer B-Version des MCL38 einen großen Sprung gemacht. Ferrari dagegen trat immer noch mit seinem Präsentationsmodell an, das schon im Qualifying beinahe mit dem Marktführer mithalten konnte.

Ein Safety-Car zur falschen Zeit brachte Verstappen beim sechsten WM-Lauf dann endgültig in Schwierigkeiten. Er hatte bereits sechs Runden davor seinen Boxenstopp abgespult. Für Lando Norris kam die Neutralisation zum perfekten Zeitpunkt. Der Gratis-Stopp schenkte ihm fünf Positionen. Das lange Warten lohnte sich. So rutschte er sukzessive in Führung und behielt sie dann auch.

Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP Miami 2024
Motorsport Images


Norris fliegt auf harten Reifen

Nach der Freigabe des Rennens machte Norris das, was man sonst von Verstappen kennt. Er hängte seinen Verfolger noch um 7,6 Sekunden ab. Und nur 2,3 Sekunden hinter Verstappen kam Charles Leclerc ins Ziel. Der Ferrari-Pilot hatte in Bezug auf das Safety-Car-Timing das gleiche Pech wie Verstappen. Er ließ sich im Rest des Rennens kaum abschütteln.

Red-Bull-Teamchef Christian Horner macht nicht nur das Safety-Car für die Niederlage verantwortlich. "Als Max den Poller in Kurve 15 abgeräumt hat, wurde der Unterboden erheblich beschädigt." Sein Fahrer wollte das nicht als Ausrede gelten lassen: "Das Auto fühlte sich nach dem Vorfall so angefühlt wie vorher. Und meine Rundenzeiten wurden auch nicht langsamer. Auf den harten Reifen hatte ich einfach keine Chance gegen die McLaren."

Die Wahrheit ist, dass sich Red Bull wie schon in Melbourne verwundbar zeigte. Verstappen klagte von Freitag bis Sonntag über Probleme mit der Fahrzeugbalance. "Ich hatte abwechselnd Unter- und Übersteuern." Und das führte schließlich auch zu einem seiner seltenen Fehler, bei dem ein Plastik-Poller daran glauben musste.

Max Verstappen & Lando Norris - Formel 1 - GP Miami 2024
Motorsport Images

Max Verstappen war der erste Gratulant nach der Zieldurchfahrt.

Norris-Sieg ohne Safety-Car?

Weder McLaren-Teamchef Andrea Stella noch sein Ferrari-Kollege Frédéric Vasseur schlossen aus dem Ergebnis, dass Red Bull nun bereits eingeholt ist. "Max stand zwei Mal auf der Pole Position. Wir brauchen noch einmal so ein Upgrade wie das aktuelle, um auf ihr Niveau zu kommen", gab Stella zu.

Auch für Vasseur ist Red Bull weiter die Nummer eins. "Aber wir kommen langsam näher. Wir holen sie immer öfter aus ihrer Komfortzone. Und dann reicht ein Safety-Car, damit McLaren gewinnt. Das war im letzten Jahr noch anders. Da konnte passieren, was wollte, und Red Bull hätte trotzdem gewonnen."

Die Preisfrage nach dem Rennen lautete, ob Norris die Neutralisation überhaupt für seinen ersten GP-Sieg gebraucht hätte. Horner traute sich keine definitive Antwort zu: "Alles wäre davon abhängig gewesen, wohin Lando bei einem Boxenstopp unter Renntempo gefallen wäre. Er hätte dann auf jeden Fall ein paar Autos überholen müssen, und das war auf dieser Strecke nicht so einfach."

Der Sieger zählte sie in der Pressekonferenz auf: "Ich hätte an zwei Ferrari, Piastri und Perez vorbei müssen." Max Verstappen fügte scherzhaft an: "Hätte, hätte, hätte…. Wenn meine Mutter Eier hätte, dann wäre sie mein Vater."

Charles Leclerc - GP Miami 2024
xpb

Ferrari konnte das Red-Bull-Tempo mitgehen. Überholen ließ sich Max Verstappen aber nicht auf der Strecke.

Leclerc lockt Verstappen an die Box

Das hört sich wie eine unlösbare Aufgabe an, doch man kann das Gedankenspiel auch anders sehen. Nachdem die fünf Fahrer vor Norris in die Boxengasse abgebogen waren und der McLaren-Star endlich freie Fahrt hatte, da war er auf gebrauchten Medium-Reifen deutlich schneller als seine Gegner auf neuen harten Sohlen. "Als ich Landos Rundenzeiten hörte, wusste ich: Das wird ein schwieriger Tag", gab Verstappen zu.

Da Norris seinem Kommandostand mitteilte, dass sich seine alten Reifen noch wie neu anfühlten, wurde der Plan geboren, ihn so lange wie möglich fahren zu lassen. Erstens machte er Zeit auf seine Verfolger gut, zweitens war er flexibel für mögliche Safety-Car-Einsätze und drittens hätte er nach dem Stopp in seinem zweiten Stint von einem großen Reifenvorteil profitiert.

Red Bull konnte diesmal nicht wie üblich eine x-beliebige Strategie fahren. Verstappen wurde schon in Runde 23 zum Reifenwechsel an die Box geholt, vier Runden nach Leclercs Boxenstopp. "Charles kam unserem Boxenstopp-Fenster immer näher. Deshalb haben wir reagiert", gab Horner zu.

Und genau das hatte Ferrari beabsichtigt. "Wir wollten mit dem frühen Boxenstopp von Charles andere zu einer Reaktion zwingen. Für uns war die lange Restdistanz kein Problem, weil wir wissen. wie gut unser Auto mit den Reifen umgeht", berichtete Vasseur. Vor einem Jahr wäre das unmöglich gewesen.

McLaren MCL38 - Upgrade - GP Miami 2024
ams

McLaren packte in Miami ein großes Upgrade-Paket aus. In Imola werden Ferrari und Red Bull nachziehen.

Ferrari und Red Bull mit Upgrades

McLaren ist in Miami mit einem großen Upgrade in Vorlage gegangen. In Imola wird Oscar Piastri mit dem vollen Paket nachziehen. Beim Heimspiel zündet Ferrari seine erste Ausbaustufe, die das Auto in den langsamen Kurven verbessern soll.

Vasseur dämpft allzu große Erwartungen: "Upgrades sind heute nicht mehr der große Gamechanger. Wenn sie ein oder zwei Zehntel bringen, dann hast du aber eine bessere Chance, am vorderen Ende der Gruppe zu stehen statt am hinteren. Aber nur, weil alles so eng ist."

Der Ferrari-Teamchef weiß ganz genau, dass im Wettrüsten alles nur eine Momentaufnahme ist. Auch Red Bull wird in Imola einen Entwicklungsschritt auspacken. Es wäre schon der zweite nach Suzuka. Auch das hat eine neue Qualität. 2023 begnügte sich Red Bull in der ganze Saison mit zwei größeren Aerodynamikpaketen. Da hatte man aber auch mehr als eine halbe Sekunde Luft auf seine Gegner.

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