Formel-1-Neustart ruckelt noch
Sauber hängt in der Warteschleife

Sauber kämpft auch diese Saison am Ende des F1-Feldes. Sportlich legten die Schweizer einen Fehlstart in die Saison 2024 hin. Die Hoffnung liegt auf Audi ab 2026. Bis dahin ist Geduld gefragt.

Guanyu Zhou - GP Saudi-Arabien 2024
Foto: Motorsport Images

Zwei Rennen, null Punkte. Nach dem Grand Prix von Saudi-Arabien versteckte der stellvertretende Sauber-Teamchef Alessandro Alunni Bravi seinen Frust über den Fehlstart nicht: "Der heutige Tag markierte ein enttäuschendes Ergebnis", klagte der Italiener. Valtteri Bottas fügte an: "Jeddah muss für uns ein Alarmsignal sein. Es ist zwar erst das zweite Rennen und wir haben noch ein paar Sachen in der Pipeline, aber wir müssen uns unbedingt verbessern."

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Die Hoffnungen auf ein besseres Jahr 2024 waren bei Sauber vor dem Saisonstart noch groß. Keinen Stein ließen die Schweizer bei dem neuen C44 auf dem anderen. Zudem bekamen die Renner aus Hinwil einen neuen Look verpasst. Den Abschied des Titelsponsors Alfa Romeo fing das Online-Casino Stake auf. Sauber pinselte das neue Auto in den Farben Schwarz und Grün an.

Auf der Strecke fällt der neue Rennwagen zwar optisch auf – aber nicht durch gute Resultate. Die ersten beiden WM-Läufe beendete Valtteri Bottas auf den Rängen 19 und 17, während Teamkollege Guanyu Zhou die Plätze elf und 18 erzielte. Letzte Saison reisten die Schweizer noch mit vier Zählern im Gepäck zum dritten Saisonrennen.

Valtteri Bottas - Sauber - Jeddah - GP Saudi-Arabien 2024 - Formel 1
Wilhelm

Sauber liegt auch mit dem C44 am Ende des Feldes. Nur Alpine ist aktuell noch langsamer.

Nur Alpine schlechter

Noch ernüchternder als der Blick auf die Punktetabelle ist die schlechte Rennpace. Im Schnitt verliert Sauber 2,08 Sekunden pro Runde auf Branchenprimus Red Bull. Nur Alpine weist nach zwei Grands Prix einen noch schlechteren Wert auf. Die Franzosen hinken den Weltmeistern aus Milton Keynes 2,11 Sekunden pro Runde hinterher. Für das Rennen nach Melbourne haben die Ingenieure immerhin schon ein paar Upgrades angekündigt.

Ohne neue Teile wird es schwer, sich im umkämpften Mittelfeld gegen die Konkurrenz zu behaupten. In Saudi-Arabien kamen auch noch Probleme beim Boxenstopp von Guanyu Zhou dazu. Der Chinese beklagte eine klemmende Radmutter. Optimistisch erklärte der 24-Jährige, er wäre andernfalls auf Platz elf über die Ziellinie gefahren. Zhou stand bei seinem einzigen Stopp 28,71 Sekunden.

Die Boxenstopp-Thematik verfolgt das Traditionsteam seit mehreren Jahren. In den Saisons 2022 und 2023 landeten die Schweizer auf dem neunten Platz im Team-Ranking. Nur Haas schnitt schlechter ab. Dieses Jahr liegt Sauber nach zwei Rennen erneut auf dem neunten Rang – eine unerwünschte Stagnation.

Sauber - Formel 1 - Test - Bahrain - 22. Februar 2024
ams

Die Ingenieure verpassten dem Sauber C44 an der Vorderachse eine Pullrod-Aufhängung. Zum ersten Mal in der F1-Geschichte des Teams.

Rätselhafte Red-Bull-Kopie

Sauber wagte sich bei seinem neuen Entwurf auf ungewohntes Territorium. Die Ingenieure brachen mit ihrer Philosophie und verpassten beim C44 erstmals einem F1-Auto aus Hinwil eine Pullrod-Vorderradaufhängung. Technik-Chef James Key erklärte während der Testfahrten noch, wie kompliziert solch eine Umstellung sein kann. "Die Herausforderung dieser Bauart ist es, einen steifen Verbund hinzukriegen, der seine Dämpfungs- und Federungsarbeit ähnlich gut erledigt wie eine Pushrod-Aufhängung. Bei einer Pullrod-Aufhängung funktioniert alles spiegelverkehrt."

Das Team entschied sich wegen aerodynamischer Vorteile zu diesem Konzeptwechsel. Der erst seit September 2023 für Sauber arbeitende Key hatte selbst wenig Einfluss auf die Grundarchitektur des C44. Chassis und Aufhängungen hatten die Schweizer bereits fertiggestellt. Die Anordnung der Kühler und der Steuergeräte mündet in einen extrem unterschnittenen Seitenkasten. Bis zur Bodenplatte bildet er eine Art Tunnel. Das Seitenteil wird so zum Flügel. Sauber hat sich, wie die meisten Teams am Red Bull RB19 angelehnt. Der war im Vorjahr das beste Auto im Feld. Doch Sauber scheint das volle Potenzial (noch) nicht ausschöpfen zu können.

Die Fahrer setzen aktuell ebenfalls keine Glanzlichter. Sowohl bei Valtteri Bottas als auch bei Guanyu Zhou laufen am Ende des Jahres die Verträge aus. Haas-Pilot Nico Hülkenberg gab nach dem Jeddah-Rennen Einblick in die enge zweite Tabellenhälfte der Formel 1: "Da geht es wirklich nur um ein bis zwei Zehntel."

Diese Zeitspäne finden weder Valtteri Bottas noch Guanyu Zhou. Dazu gesellen sich Fahrfehler. Zhou zerstörte im dritten freien Training sein Auto und konnte im Qualifying keine gezeitete Runde setzen. Die Summe der Unzulänglichkeiten wirft Sauber momentan ans Ende des Feldes zurück.

Audi - F1-Fabrik - Neuburg - 2023
Audi

Audi stellt die Weichen für 2026. Die Ingolstädter übernehmen 100 Prozent der Anteile des Sauber-Teams.

Audi stellt die Weichen

Das lässt bereits nach wenigen Rennen den Eindruck zu, als wäre die Saison 2024 ein weiteres Übergangsjahr für das Team. Positive Neuigkeiten vermeldete Sauber zuletzt nur abseits der Rennstrecke. Nach ständigen Kreuzfeuern hinsichtlich eines vorzeitigen Audi-Endes in der Formel 1 verkündete der Autobauer am Freitag (8.3.), 100 Prozent von Sauber zu übernehmen. Ursprünglich hatte Audi geplant, lediglich 75 Prozent der Anteile zu kaufen.

Das dürfte den Gerüchten um ein gescheitertes F1-Engagement vor 2026 ein Ende bereiten. Eine weitere positive Nachricht ist die Budget-Cap-Anpassung in der Schweiz ab 2026. Ein Gehalt von 150.000 Schweizer Franken müssen Sauber und Audi lediglich mit 100.000 Schweizer Franken im Budget-Cap verbuchen. Es ist ein Ausgleich für die höheren Lohnkosten in der Schweiz gegenüber England, wo die meisten Teams in der Königsklasse stationiert sind.

Die Anpassung verschafft dem künftigen Teamchef Andreas Seidl Luft, um hochrangiges Personal für das ehrgeizige Projekt zu verpflichten. In Hinwil sollen in Zukunft 900 Angestellte das Team an die Spitze der Formel 1 führen. Seidl konnte bereits 100 neue Mitarbeiter gewinnen. Aktuell sind es 650 Angestellte.

Audi-Motor liegt im Zeitplan

Sauber und Audi investieren auch in die Infrastruktur. Die Fabrik wird ausgebaut, um Platz für das neue Personal zu schaffen. In Neuburg an der Donau läuft der Audi-Motor auf insgesamt neun Prüfständen und soll im Zeitplan liegen. Zusätzlich will Sauber noch neue Produktionsmaschinen kaufen. Die Werkzeuge müssen in der Formel 1 auf dem neuesten Stand sein.

Bis das Team komplett aufgebaut ist, könnte es noch einige klare Aussagen von Alunni Bravi über enttäuschende Vorstellungen auf der Rennstrecke geben. Die Ankunft Audis ab 2026 wird sehnsüchtig erwartet.

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