50. Geburtstag von Sauber Motorsport
Schweizer F1-Geschichte(n)

Am 15. Mai 1970 wurde in der Schweiz eine Firma mit dem Namen PP Sauber AG gegründet. Zum 50. Geburtstag erinnern wir noch einmal an die aufregende Geschichte des Rennstalls.

Peter Sauber - Museum - F1
Foto: Dani Reinhard

Wer an erfolgreiche Rennsport-Nationen denkt, dem kommt sicher nicht sofort die Schweiz in den Sinn. Ohne Grand-Prix-Kurs und mit einem strengen Verbot von Rundstreckenrennen belegt, bietet die Alpenrepublik sicher nicht die besten Voraussetzungen für den Aufbau einer Motorsport-Basis. Doch das hielt Peter Sauber 1970 nicht davon ab, seinen eigenen Rennstall zu gründen. Der Konstrukteur hatte dabei auch schon konkrete Vorstellungen von seinem ersten Auto. Der "C1", angetrieben von einem Ein-Liter Cosworth-Motor, gewann direkt die Schweizer Sportwagen-Meisterschaft. Das "C" in der Bezeichnung der Renner aus Hinwil geht übrigens aus dem Vornamen von Saubers Ehefrau Christiane hervor. Die Tradition wird bis heute beibehalten.

Unsere Highlights

Nach dem erfolgreichen Start im Jahr 1970 ging es rasant weiter. Sauber machte sich auch im Ausland schnell einen Namen und fand erfolgreich Kunden für die Nachfolgemodelle C2, C3 und C4. 1976 wagte der Firmengründer schließlich den Sprung auf die internationale Bühne. Der Triumph von Herbert Müller mit dem C5 im Francy Racing Team in der Europäischen Interserie brachte weitere Anerkennung und war der Grundstein für die erste Teilnahme an den 24 Stunden von Le Mans ein Jahr später. Für die meisten Fans beginnt die Sauber-Ära aber erst so richtig mit dem Werkseinsatz der Mercedes Gruppe-C-Rennwagen in Le Mans im Jahr 1988.

Peter Sauber erinnert sich noch gut an die schwere Geburt: "Wir haben für Seger & Hoffmann, eine Schweizer Kunststoff-Firma, den C6 für die neue Gruppe C gebaut. In Zusammenhang mit diesem Auto gab es Kontakte zu drei Ingenieuren von Mercedes-Benz. Die wollten gerne Rennsport betreiben und haben das Thema vorangetrieben. Es hat aber von 1984 bis 1987 gedauert, bis wir Mercedes davon überzeugen konnten, dass hier Fleisch am Knochen ist." Der erste Le-Mans-Start im Jahr 1988 verlief noch etwas holprig. Die C9-Silberpfeile mussten beim Debüt aus Sicherheitsgründen zurückgezogen werden, nachdem Klaus Niedzwiedz im Training bei 300 km/h einen Reifenschaden ereilte. Beim zweiten Anlauf 1989 gab es dann direkt einen Doppelsieg.

Sauber Mercedes C11 / C291 - Suzuka - 1991
Wilhelm
Die Erfolge mit den "Gruppe-C-Silberpfeilen" ebneten Sauber den Weg in die Formel 1.

Le-Mans-Sieg größer als F1-Erfolg

Beat Zehnder, der 1988 als kleiner Mechaniker anfing und es bis zum F1-Teammanager schaffte, erinnert sich: "Für mich war es der größte Erfolg in unserer Geschichte. Mehr noch als der Doppelsieg in der Formel 1 in Kanada 2008. Damals hat es uns keiner zugetraut. Weil in 24 Stunden so viel schiefgehen kann. Jochen Mass im Siegerauto war über Auspuffteile von einem Porsche gefahren. Der Unterboden bekam einen Riss, der durch die Vibrationen im Fahrbetrieb immer größer wurde. Wir mussten Teile der Karosserie wegschneiden. Jochen ist mit einem Loch in der Seitenwand zum Sieg gefahren. Kenny Acheson im zweiten Auto hatte die letzten zwei Stunden nur noch den fünften Gang. Und das bei einem Auto, das im fünften Gang auf 400 km/h übersetzt war."

Für das Kundenprogramm in der Sportwagen-WM vertraute Mercedes dem Schweizer Rennstall 1990 seine neuen Junior-Fahrer Karl Wendlinger, Heinz-Harald Frentzen und Michael Schumacher an. "Die Zielsetzung war natürlich, dass wir alle Junioren in die Formel 1 bringen", erinnert sich Peter Sauber. "Das durfte man beim Start des Programms aber noch nicht sagen. Die Formel 1 war da noch tabu für Mercedes."

Bevor Sauber selbst den Einstieg in die Königsklasse wagte, gelang der Sprung den Piloten. Beim Durchbruch von Michael Schumacher musste Sauber selbst etwas nachhelfen: "Dass Michael Schumacher ein großes Talent war, hat man sofort erkannt. Das war nicht sehr schwierig", berichtet der Teamchef. "Eddie Jordan hat dann 300.000 Dollar für den Formel-1-Sitz in Spa verlangt, wenn ich mich richtig erinnere. Ich habe damals den Scheck ausgestellt."

Peter Sauber - Michael Schumacher - 1991
Wilhelm
Peter Sauber half auch Michael Schumacher zum Debüt in der Königsklasse.

F1-Einstieg mit Mercedes-Hilfe

Der weitere Werdegang von Schumi ist bekannt. Aber auch in der Schweiz wurde schnell selbst Formel-1-Geschichte geschrieben. Nach dem Vorbild des Le-Mans-Engagements wurde das Grand-Prix-Projekt zusammen mit Mercedes vorangetrieben. Doch kurz vor dem Einstieg bekamen die Bosse in Stuttgart plötzlich kalte Füße. "In Hinwil wurde damals viel investiert", verrät Sauber. "Wir haben deshalb Mercedes-Chef Jürgen Hubbert informiert, dass wir auch ohne Werksunterstützung in die Formel 1 einsteigen. Obwohl es offiziell nicht erlaubt war, hat uns Mercedes in der Anfangszeit unter die Arme gegriffen. Ohne die Hilfe hätten wir die ersten zwei Jahre wohl nicht fahren können."

In den Händen von JJ Lehto und Karl Wendlinger feierte der C12 beim Grand Prix von Südafrika sein F1-Debüt und sammelte in seinem ersten Rennen Punkte. Über die Jahre zeigte Peter Sauber auch ein Näschen für gute Junior-Fahrer: Neben dem bereits erwähnten Frentzen drehten auch Talente wie Kimi Räikkönen, Felipe Massa oder Sergio Perez ihre ersten Runden in der Königsklasse in einem Sauber.

Zehnder sind aber auch andere Piloten in Erinnerung geblieben, wenn auch nicht immer wegen ihrer fahrerischen Qualität. "Peter Sauber war ein strenger Chef. Unser neuer Fahrer Johnny Herbert eher das Gegenteil. Bei seinem ersten Test für uns in Paul Ricard hätte er sich fast um seinen Job gebracht. Er kam mit seinem Mietauto an, hat alle möglichen Faxen gemacht. Prompt hat er einen unserer Lastwagen gerammt. Peter stand direkt daneben. Er hat sich sicher gefragt, ob das wirklich der richtige Fahrer für uns ist."

Nicht nur mit dem Teamchef gab es Streit, auch untereinander waren sich die Fahrer nicht immer grün, wie eine weitere Episode vom Qualifying 1998 in Monte Carlo zeigt: "Jean Alesi will gerade seine fliegende Runde beginnen, da fährt ihm Teamkollege Pedro Diniz vor das Auto. Nicht, weil wir ihn falsch rausgeschickt hätten. Diniz hat von sich aus entschieden, wann es Zeit war", plaudert Zehnder aus dem Nähkästchen. "Als Jean zurück an der Box war, hat er eine Schimpftirade losgelassen, die einzigartig war. Den Funk hätten wir gar nicht gebraucht. Er hat so geschrien, dass wir es durch den Helm durchgehört haben."

Sauber F1.08 2008 GP Kanada
xpb
Als BMW-Werksteam feierte Sauber 2008 in Kanada einen Doppelsieg in der Formel 1.

BMW bringt Erfolg, aber auch Krise

Es wurde nicht nur in Fahrer sondern auch in die Infrastruktur investiert. So ließ Sauber 2004 einen hochmodernen Windkanal errichten. Nur wenig später weckte das gut aufgestellte Team die Begierde von BMW. Der Münchner Autobauer übernahm am 1. Januar 2006 das Kommando in Hinwil. Im neuen Kleid des Werksrennstalls stiegen natürlich auch die Ansprüche. Doch aus dem erhofften Titel wurde nichts. 2008 feierte Robert Kubica in Kanada aber immerhin den ersten und einzigen Sieg in der Königsklasse. Teamkollege Nick Heidfeld machte den Doppelsieg perfekt.

Mit dem unerwarteten Ausstieg von BMW nach nur vier Jahren geriet Sauber am Ende der Saison 2009 unerwartet in finanzielle Schieflage. Peter Sauber musste seinen Rennstall zurückkaufen, um das Überleben und den Erhalt der Arbeitsplätze zu sichern. Es folgten einige harte Jahre am Rande des Bankrotts. Erst 2016 brachte eine neue Eigentümer-Gemeinschaft wieder finanzielle Stabilität. Der Besitzwechsel ging allerdings auch mit der Trennung vom Firmengründer einher. Seit 2018 tritt das Team nun unter dem Namen Alfa Romeo Racing in der Königsklasse an. Charles Leclerc führte das Erbe talentierter Junior-Fahrer bei Sauber erfolgreich weiter. Es spricht somit nichts dagegen, dass die Schweiz auch in den nächsten 50 Jahren noch einen festen Platz auf der Rennsport-Landkarte hat.

In der Galerie nehmen wir Sie noch einmal mit auf die bewegte Reise des Sauber-Rennstalls.