Schmidts F1-Blog zum Ferrari-Teamchef
Erfolgsgeheimnis ist Kontinuität

Glaubt man Gerüchten aus Italien, will FCA-Chef John Elkann seinen Rennleiter Mattia Binotto gegen Frédéric Vasseur austauschen. Das wäre unbenommen von den Personen so ziemlich das Dümmste, was er tun könnte. Das Erfolgsgeheimnis in diesem Sport ist Kontinuität. Genau das fehlt Ferrari, meint Michael Schmidt.

Mattia Binotto - Ferrari - GP Niederlande 2022
Foto: Wilhelm

Der Rennleiter-Posten bei Ferrari war schon immer ein Schleudersitz. Angeblich steht er wieder einmal zur Disposition. Die "Gazetta dello Sport" berichtet von einem geplanten Austausch zwischen Mattia Binotto und Sauber-Teamchef Frédéric Vasseur. Wenn das Italiens Sportbibel tut und das Dementi von Ferrari ziemlich leise ausfällt, dann könnte etwas daran sein, dass in Maranello der Haussegen schief hängt. Wo Rauch aufsteigt, ist meistens auch Feuer.

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Es ist ein offenes Geheimnis, dass FCA-Chef John Elkann und Mattia Binotto keine engen Freunde sind. Angeblich wollte Elkann seinen Statthalter schon letzten Winter gegen Christian Horner und Andreas Seidl austauschen, was aber daran gescheitert ist, dass sich keiner den Spießrutenlauf in Maranello antun wollte.

Zu Recht. Wenn Elkann so sprunghaft reagiert, dann hat auch der nächste Rennleiter nur eine kurze Halbwertszeit. Und wenn er den Schritt wirklich tut, dann würde er zeigen, dass er von dem Geschäft ziemlich wenig versteht.

Frederic Vasseur - Alfa Romeo - GP Brasilien 2021
Alfa Romeo
Alfa-Teamchef Frédéric Vasseur soll Binotto ersetzen, schreibt die Gazzetta.

Ferrari-Entwicklung positiv

Egal, wie die Saison ausgeht: Ferrari hat einen guten Job gemacht. Man muss sich nur anschauen, wo das Team 2020 stand. Die Ingenieure haben ein völlig neues Reglement richtig gelesen und ein mutiges Konzept auf die Räder gestellt. Der F1-75 ist auf eine Quali-Runde so schnell wie der Red Bull.

Dass er diese Qualität im Rennen verloren hat, liegt daran, dass Ferrari auf den Topspeed-Vorteil des Red Bull reagieren musste und sich damit eine instabile Aerodynamik und höheren Reifenverschleiß eingefangen hat. Und dass Ferrari über die Saison zehn Kilogramm Gewichtsvorteil im Vergleich zu seinem Mitbewerber verloren hat. Der Red Bull hatte die dreieinhalb Zehntel von Anfang an in der Tasche. Er konnte sie nur erst in der zweiten Saisonhälfte ausspielen.

Natürlich sind im Verlauf der 22 Rennen Fehler passiert. Doch wo passieren die nicht? Red Bull hatte schlechte Boxenstopps in Austin und Mexiko und hat mit der Reifenwahl in Brasilien völlig verwachst. Mercedes entschied sich in Austin und Mexiko die falschen Reifen. Wenn Ferrari solche Fehler macht, ist das eine Staatsaffäre. Bei anderen Teams sind sie am nächsten Tag vergessen.

Horner, Wolff und Binotto - GP Monaco 2019
Wilhelm
Bei Mercedes und Red Bull regieren die Teamchefs schon seit langer Zeit.

Erfolgsgeheimnis Kontinuität

Die Richtung bei Ferrari stimmt. Sie wird sich ins Gegenteil verkehren, wenn man jetzt wieder nach alter Tradition den Mann an der Spitze tauscht. Ferrari hat seit Jean Todt in 15 Jahren vier Teamchefs verschlissen. Mercedes und Red Bull keinen.

Toto Wolff und Christian Horner haben die Rückendeckung ihrer Bosse, auch wenn es mal schlecht läuft. Ihr Erfolgsgeheimnis ist Kontinuität in der Führungsebene. In wie vielen Teams würden jetzt Köpfe rollen, wenn man die Maßstäbe anlegt, die der Ferrari-Führung jetzt angedichtet werden?

Das sollte Elkann eigentlich wissen. Die Ära Todt hat nur funktioniert, weil er 15 Jahre lang schalten und walten durfte. Auch in schlechten Zeiten. Und weil Todt seine Schlüsselfiguren Michael Schumacher, Ross Brawn, Rory Byrne und Tad Czapski mitbrachte. Wen bitte, hat Vasseur von Sauber im Gepäck?

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