Neuer Chef in Maranello
Vasseur: „Ferrari first!“

Der Wahlspruch des neuen Ferrari-Rennleiters Frédéric Vasseur kam bei den Tifosi gut an. "Ferrari first!" Soll heißen, dass nur der Sieg für Ferrari zählt. Charles Leclerc lobt seinen neuen Chef schon in den höchsten Tönen.

Frederic Vasseur - Ferrari - 2023
Foto: Ferrari

Der erste große Auftritt des neuen Ferrari-Rennleiters Frédéric Vasseur begann mit einer kleinen Panne. Die ersten Bilder vom neuen SF-23 kursierten wenige Stunden vor der offiziellen Präsentation in den sozialen Netzwerken. Es war nicht das erste Mal, dass das interne Ferrari-Netzwerk ein Leck zeigte. Anhand der Bilder des Autos vor schwarzem Hintergrund ließ sich erkennen, dass da einer bei den Studioaufnahmen heimlich fotografiert hatte.

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Vasseur konnte es verschmerzen. Für die Tifosi vor Ort war die Präsentation ein unvergessliches Erlebnis. Während andere ihre ersten Runden hinter verschlossenen Türen drehen, suchte Ferrari diesmal die Öffentlichkeit. Das kam gut an. Und der Teamchef und die Fahrer versteckten sich nicht hinter vorsichtigen Bekenntnissen.

Wenn Vasseur mit "Ferrari first" Anspielungen auf Donald Trumps Wahlspruch nimmt, dann meint er damit: Alles andere als der Sieg wäre ein zu bescheidener Anspruch. "Diese Aufgabe ist Ehre und Verantwortung zugleich. Der Druck ist bei Ferrari größer als anderswo. Aber das kann dich auch beflügeln."

Fred Vasseur - Ferrari - Test Fiorano - Ferrari SF-21 - 2023
Ferrari
Frederic Vasseur schwingt in Maranello das Zepter. Der Franzose hat sich schon gut eingelebt.

Vasseur-Handschrift schon erkennbar

Der 54-jährige Franzose lebt sich gerade bei Ferrari ein. Die Präsentation des SF-23 war der Startschuss einer langen Reise. Nach vier Wochen ist der Überblick schon so groß, dass erste strukturelle Änderungen vorgenommen wurden.

"Ich habe schon eine ganz gute Vorstellung von dem, wie dieses Team tickt. Die DNA ist bei allen gleich. Das hat nichts mit der Größe der Mannschaft zu tun. Was sich von Sauber unterscheidet, ist die Erwartungshaltung." Der Lernprozess ist noch nicht zu Ende. "In Bahrain werde ich erleben, wie das Team an der Strecke arbeitet. Wahrscheinlich werde ich nie ganz auslernen."

Die Handschrift des neuen Capos lässt sich schon erkennen. Wer an Schlüsselpositionen sitzt, soll sich darauf fokussieren. Zuvor waren einige Mitarbeiter mit der Fülle ihrer Arbeit offenbar am Limit. Ein Beispiel für die neue Arbeitsteilung: Sportdirektor Laurent Mekies kümmert sich um das Team an der Strecke, Vasseur um die Fahrer, Sponsoren und Medien. Chefstratege Inaki Rueda soll aus der Schusslinie genommen werden. Er wird in der Fabrik gebraucht.

Vasseur steht auf dem Standpunkt, dass nicht ein einzelner Akteur in Verantwortung steht, sondern das ganze System. Da müssen Prozesse überprüft werden, die Kommunikation unter den Beteiligten, die Anzahl der Leute, die mitreden. "Es ist kein Erdrutsch, sondern kleine Änderungen, die wir vornehmen, um das System robuster zu machen."

Ferrari SF-23 - F1-Auto 2023
Ferrari
Der Teamchef hofft, dass es bei den Tests in Bahrain keine bösen Überraschungen gibt.

Zuverlässigkeit bei Testfahrten Pflicht

Vasseur gewöhnt sich langsam daran, dass er in Italien dank seines Amtes ein Star ist. Es vergeht kein Tag, an dem er auf dem Weg zur Arbeit nicht angesprochen wird. Noch wird er nicht an Ergebnissen beurteilt, noch liegt Ferrari im Plan. Für die drei Testtage in Bahrain fordert der ehemalige Sauber-Teamchef absolute Zuverlässigkeit, um die Vorbereitungszeit maximal zu nutzen. "Wenn ein größeres Problem auftritt, wie bei McLaren im letzten Jahr, hast du bis zum ersten Rennen nicht mehr die Zeit zu reagieren."

Insgesamt aber könnten die Teams etwas entspannter in die Testphase gehen als vor einem Jahr. "Da haben wir alle Neuland betreten. Diesmal sind die Konzepte der Autos und ihre Probleme besser bekannt." Deshalb blieben die Teams auch größtenteils der Grundkonstruktion ihrer Fahrzeuge treu. "Die Regeln und der Budgetdeckel geben dir nicht den Spielraum, alles auf den Kopf zu stellen."

Charles Leclerc streut seinem neuen Chef bereits Rosen. "Es ist beeindruckend, wie schnell er sich eingearbeitet hat. Er hat in der kurzen Zeit schon verstanden, was dieses Team braucht und was er der Mannschaft geben muss, damit sie ihre beste Leistung abrufen kann. Das ist keine leichte Aufgabe, weil Ferrari anders funktioniert als andere Teams." Carlos Sainz bestätigt: "Man muss respektieren, was Fred in der Vergangenheit geleistet hat. Er wird das Team auf seine Weise führen, und die wird eine andere sein, als das, was wir kennen."