Williams besser als erwartet
Fokus bleibt weiter auf 2024

Williams geigte beim Kampf um WM-Punkte in den ersten drei Rennen ordentlich mit. Trotz des unerwartet starken Autos will Teamchef James Vowles die Saison 2023 aber vor allem dazu nutzen, den großen Schritt in der Winterpause vorzubereiten.

Alex Albon - GP Australien 2023
Foto: Wilhelm

Nach den ersten drei Rennen liegt Williams auf dem letzten Platz der WM-Wertung. Das hatte man vor der Saison so auch erwarten können. Das Traditionsteam ging mit dem bescheidenen Ziel in das Jahr, den Anschluss an das Mittelfeld wieder herzustellen. In der Vorsaison war man der Konkurrenz teilweise noch deutlich hinterhergefahren.

Doch mit dem neuen FW45 lief es dann plötzlich besser als erwartet. In Bahrain holte Alex Albon direkt verdient den ersten WM-Punkt. Und auch in Melbourne präsentierte sich das Paket gut in Form, als der Thailänder im Qualifying bis auf den achten Startplatz raste. Weitere WM-Zähler im Rennen schienen nur Formsache zu sein.

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Am Ende musste sich die Truppe von James Vowles jedoch mit leeren Taschen auf den Weg zurück nach England machen. Ein heftiger Crash von Albon in Runde 6 beendete den Traum vom zweiten Top-Ten-Ergebnis. Was zuerst wie ein einfacher Fahrfehler aussah, war nach dem Studium der Daten dann doch nicht ganz so eindeutig. Der Dreher in Kurve 6 hatte eine längere Vorgeschichte.

Williams - Formel 1 - GP Australien 2023
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Wenn es perfekt läuft, kann Williams auf jeder Strecke ins Q3 fahren, glaubt James Vowles.

Energie-Management narrt Albon

"Das Ganze ist schwer zu erklären, wenn man sich die Daten anschaut", verriet Vowles. "Kurve 5 geht im Qualifying locker mit Vollgas. Im Rennen mit mehr Sprit ist es eine deutlich größere Herausforderung. Wir hatten eigentlich erwartet, dass die Fahrer an dieser Stelle immer vom Gas gehen müssen. Aber dann war das Auto doch besser als gedacht und es ging doch, ohne zu Lupfen."

Die unerwartet lange Vollgaspassage am Ende des ersten Sektors hatte allerdings Auswirkungen auf das Energie-Management, wie Vowles erklärt: "Wir mussten unser System anpassen. Das Ergebnis war, dass Alex plötzlich mit 10 km/h mehr als in der Runde zuvor in Kurve 5 ankam. Das klingt nicht nach viel, aber in Sachen Reifenbelastung und Temperatur macht das einen großen Unterschied."

Plötzlich musste der Pilot in Kurve 5 doch vom Gas, um nicht da schon abzufliegen. Doch das Unheil ließ sich nicht mehr aufhalten: "Am Ausgang kam er weit raus und rollte über die Randsteine. Die Vibrationen haben die linken Hinterreifen weiter aufgeheizt. Das ist eigentlich nicht so schlimm, aber weil der Reifen vorher schon am Limit lag, produzierte er beim Einlenken in Kurve 6 einfach nicht mehr den Grip wie in den Runden zuvor."

James Vowles - GP Saudi-Arabien 2023
Williams
Nach seinem Wechsel von Mercedes zu Williams muss James Vowles kleinere Brötchen backen.

Pech mit Sargeant-Strategie

Der Einschlag in die Bande beendete Albons Rennen vorzeitig. Für das Team war der Ausfall doppelt ärgerlich, weil auch Teamkollege Logan Sargeant dadurch zurückgeworfen wurde. Der Australien-Debütant hatte am Freitag mit einem Elektrik-Problem viel Trainingszeit verloren und landete dadurch im Qualifying nur auf Rang 18. Mit einer Alternativ-Strategie hatten die Williams-Ingenieure versucht, den Rookie nach vorne zu bringen.

"Wir sind auf den harten Reifen gestartet und haben auf ein spätes Safety-Car gehofft. Dann kam das Safety-Car aber relativ früh und hat allen Piloten auf den weichen Reifen ein Geschenk gemacht", ärgerte sich Vowles. Mit den Mediums für den zweiten Stint ging Williams wieder antizyklisch vor. Doch wegen starken Grainings musste Sargeant einen zweiten Stopp einlegen. Ein Crash mit Nyck de Vries beendete schließlich einen verlustreichen Nachmittag.

Das Fazit von Vowles fiel entsprechend nüchtern aus: "Das war ein frustrierendes Wochenende. Ohne Punkte heimzufahren, hat dieses Auto nicht verdient. Wir müssen aber das Positive sehen. Wir hatten ein Auto, mit dem man vorne mitfahren kann. Das Paket war auf allen drei Strecken konkurrenzfähig. Punkte waren immer möglich. Deshalb lassen wir die Köpfe nicht hängen. Wir wissen jetzt, dass wir immer in die Top Ten fahren können, wenn bei uns alles perfekt zusammenpasst."

Williams - Formel 1 - GP Australien 2023
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Man kann davon ausgehen, dass die Weiterentwicklung des FW45 in dieser Saison frühzeitig eingestellt wird.

Williams stark auf schnellen Strecken

Die ersten Strecken haben gezeigt, dass Williams wie schon im Vorjahr ein extrem effizientes Auto gebaut hat, das wenig Luftwiderstand produziert. Im schnellen zweiten Sektor von Melbourne brannte Albon eine Abschnittsbestzeit nach der anderen in den Asphalt. Nur in den Kurven hakt es noch am fehlenden Abtrieb und mangelndem mechanischem Grip.

Hier muss man schnell eine Lösung finden, wenn man auf langsameren Strecken wie Miami, Imola, Monaco oder Barcelona bestehen will, die schon bald nach der Pause auf die beiden Piloten warten. Davor kommt mit dem GP Aserbaidschan aber noch einmal ein schneller Stadtkurs, auf dem der FW45 glänzen kann.

"In Baku sollten wir wieder in der Lage sein, in die Punkte zu fahren", gibt sich Vowles optimistisch. "Miami wird da schon etwas schwieriger. Die Streckencharakteristik passt nicht ganz so gut zu unserem Auto. Wir fahren aber stets mit der gleichen Einstellung zu den Rennen: Wir wollen immer Punkte mitnehmen, wenn sich eine Gelegenheit dazu bietet."

Der neue Teamchef spornt sein Team an, schneller Fortschritte zu machen als die Konkurrenz und gute Upgrades ans Auto zu bringen. Dabei dürfe man aber nicht die Zukunft aus dem Auge verlieren: "Unser Ziel lautet weiterhin, über den Winter einen größeren Schritt zu machen. Und das Jahr darauf dann direkt den nächsten. Das klappt in Zeiten eines Budget-Caps aber nur, wenn man in der laufenden Saison ein paar Opfer bringt."

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