ADAC GT Masters 2013
Wo steht die deutsche GT-Serie?

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Das ADAC GT Masters hat sich über die Winterpause stark gewandelt: Das Starterfeld präsentiert sich 2013 nahezu halbiert, Teams und Fahrer spielten Bäumchen wechsle dich, die Hersteller zogen mit neuen Update-Paketen in den Kampf. Und als Sahnehäubchen gab es neue Reifen.

GT Masters, Rennszene, Audi
Foto: Burkhard Kasan

Vielleicht ist diese Rennserie ja einfach zu heiß gewaschen worden. Die Folgen kennt jeder, der schon einmal ein T-Shirt in XL in die Waschmaschine gestopft hat und es dann mit erstauntem Blick in Kindergröße aus der Trommel fischen musste. Aus 47 Autos in der Saison 2012 und 13 Marken wurden über die Winterpause 25 Autos und acht Marken - das Starterfeld des ADAC GT Masters hat sich beinahe halbiert.

In den vergangenen Jahren wuchs und wuchs die Serie. Doch Ende der Saison 2012 stieß der Riese mit dem Kopf an die Decke. Blaue Flecken? Darüber lässt sich trefflich streiten. Logisch, dass die Organisatoren rund um den ADAC sich darauf berufen, dass bereits im Oktober die Entscheidung fiel, in der kommenden Saison nur noch 28 Autos starten zu lassen. „Wir wollten ein kleineres Feld, denn wir sind in mehreren Bereichen an die Grenzen gestoßen, zum Beispiel bei der Boxeneinteilung“, begründet ADAC-Sportpräsident Hermann Tomczyk die Obergrenze.

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20 Autos in einem Jahr verloren

Andererseits brauchte man nach dem hochexplosiven Finale in Hockenheim, bei dem in letzter Sekunde vom DMSB noch einmal die Balance of Performance-Einstufungen umgeschmissen wurden, keinen Rechenschieber, um zu prophezeien, dass einigen Beteiligten die Hutschnur geplatzt war. Dazu gehörte beispielsweise Alpina-Teamchef Andreas Bovensiepen, der damals vor Ort seinen Rückzug verkündete. „Ich finde es traurig, in nur einem Jahr 20 Autos zu verlieren“, meint Christian Abt, der neuerdings als Teamchef von Prosperia C. Abt Racing agiert. „Ich mache mir ja schon Gedanken, wenn ich in meinem Unternehmen nur einen einzigen Mitarbeiter verliere.“

Mancher scheiterte einfach am schnöden Mammon. „Es war noch nie so schwierig wie 2013, Sponsoren zu finden“, seufzt Uwe Geipel. Was die Suche nach prallen Geldbeuteln nicht gerade leichter machte: Der Fernsehdeal mit Kabel eins wurde erst Mitte Februar final besiegelt. „Diese Unsicherheit bei den Teams war uns so nicht bewusst“, sagt Tomczyk. „Der Vertrag war nie gefährdet, aber wir verkünden eben erst, wenn die Unterschriften da sind.“ Ein Trost: Der neue Vertrag gilt für zwei Jahre.

Schwund bei den Amateuren

Was zum Saisonauftakt in Oschersleben noch vom gemähten Starterfeld übrig blieb, ist mehr als nur der Rest vom Fest. Die Amateure blieben trotz aufgewerteter Gentlemen-Wertung weitgehend auf der Strecke, übrig blieb das Konzentrat der deutschen GT-Profis.
 
Christian Abt brachte mit seinen drei Audi R8 LMS ultra und deren hochkarätiger Besetzung ein Bataillon in die Magdeburger Börde: Der dreimalige Porsche Supercup-Champion René Rast teilt sich eine Flunder mit Christopher Mies, Ex-DTM-Pilotin Rahel Frey wechselt sich mit Markus Winkelhock ab, und Christer Jöns und Chris Mamerow sind ebenfalls GT-Cracks.
 
Das riecht nach Werksteam. Abt, der an dem neu formierten Team mit 45 Prozent beteiligt ist, wiegelt ab: „Jedes Kundenteam kann bei Audi Unterstützung durch Werksfahrer anfragen.“ Theoretisch. Denn nicht jeder kann sich die VIP-Kutscher leisten. Bei den meisten anderen Teams wird das schnellere Auto von der zahlungskräftigen Besetzung im zweiten Auto getragen.
 
Das Starterfeld ist nicht nur eingegangen, sondern hat sich auch verfärbt. Das letztjährige Meisterteam MS Racing wechselte vom SLS-Sternenkrieger zum R8-Bayern-Bomber - vor allem aus wirtschaftlichen Gründen: Das Team betreibt ein VW-Autohaus. Maxi Götz, der 2012 mit dieser Truppe Meister wurde, hielt hingegen dem Stern die Treue und dockte beim HTP-Rennstall an. Der firmierte vormals unter dem Namen Heico, gehört jetzt aber einer holländischen Investmentgruppe.
 
Neben der amtierenden Meistermannschaft fand die Audi-Kundensportabteilung im Team von Uwe Geipel, die bisher den US-Bomber Camaro einsetzte, einen weiteren Überläufer zum R8 LMS ultra. „Wir wollten mit dem Camaro nicht nur Exot sein“, erklärt Geipel. „Wir haben einfach die sportliche Zuversicht verloren.“ Warum die Wahl auf Audi fiel?: „Ich komme wie die Firma Horch aus Zwickau und wollte schon immer mal einen Horch fahren. Weil Audi die lateinische Übersetzung für Horch ist, hat das nun endlich geklappt. Aber im Ernst: Uns hat die Konsequenz von Audi im Kundensport beeindruckt.“
 
Der Audi R8 LMS ultra für Geipels Sohn Philip und Ex-GT-Masters-Champion Dino Lunardi kam allerdings erst auf den letzten Drücker in Oschersleben an, das Roll-Out fand im freien Training statt. So gesehen war der vierte Platz im Regenrennen am Samstag schon einen kleinen Orden wert.

Keine Zweifel bei der Qualität

Selbst BMW-Werkspilot Jörg Müller, der sich noch eine Nebenbeschäftigung zu seinem ALMS-Programm suchte und im ADAC GT Masters bei Schubert im BMW Z4 landete, musste zugeben: „Bei der Konkurrenz musst du dich ganz schön langmachen.“ Wen man im Fahrerlager auch fragte, alle Experten zählen mindestens zehn Fahrerpaarungen zu den potenziellen Siegkandidaten in der Saison 2013.
 
Im ersten Qualifying von Oschersleben lagen die besten zehn Piloten innerhalb einer Sekunde, im zweiten Qualifying sogar die ersten zwölf Autos. „Mit Fahrhilfen wie ABS, ASR und so weiter sind die Autos relativ leicht zu fahren, sonst wären die Abstände wahrscheinlich etwas größer“, meinte Markus Winkelhock.
 
Nicht nur bei den Fahrern zählt nun Qualität statt Quantität, sondern auch die Hersteller tüftelten über den Winter, um ihre Schäfchen zufriedenzustellen. Allen voran Audi und Porsche, die mit jeweils sechs Autos die Mehrheit im GT Masters stellen. Bei Audi stand das Heck im Fokus. Der Heckflügel ist nun hängend montiert und anders positioniert. Während dieser im vergangenen Jahr noch für Hokuspokus mit der FIA sorgte, war es dieses Mal der Diffusor, den die oberste Motorsportbehörde nicht durchwinken wollte - ein Dorn im Auge der Audi-Teams.
 
Porsche widmete sich ebenfalls der Aerodynamik. Mit verbreiterter Spur, neuen Front- und Heckschürzen, breiteren Kotflügeln ringsum, neuem Frontsplitter, zusätzlichen Flaps und neuem Heckspoiler soll der Elfer jetzt mehr Abtrieb generieren. Zudem bekam er einen neuen Unterboden spendiert. „Auf dem Heckflügel kannst du jetzt auch schlafen“, scherzte Teamchef Horst Farnbacher, der mit drei Pferdchen im Stall das mächtigste Porsche-Aufgebot stellt.
 
Die größte Baustelle war der Ford GT. Warum dieses Auto überhaupt runderneuert wurde, wo es doch gar nicht mehr gebaut wird? „Reine Liebhaberei“, antwortet Lambda Performance-Teammanager Martin Garbrecht. „Ford interessiert das nicht.“ Der US-Sportler tritt mit mehr Hubraum und Drehmoment an, hat nun ein Xtrac- statt eines Hewland-Getriebes unter der Haube, ein neues Fahrwerk und einen modifizierten Unterboden. Seit Anfang Januar schufteten die sechs Mitarbeiter von Lambda Performance, um das Auto rechtzeitig zum Saisonauftakt in Oschersleben fertigzustellen. Die vorderen Kotflügel trafen erst zum Rennwochenende ein. Ihre Plackerei wurde zumindest am Samstag auf nasser Piste belohnt: Nicolas Verdonck und Frank Kechele rollten auf Rang fünf über die Ziellinie.

Die sportliche Hackordnung

Die großen Teams mit den guten Fahrern gaben bei den ersten beiden Rennen in Oschersleben erwartungsgemäß den Ton an: René Rast machte sich mit Fabel-Rundenzeiten im R8 einen Namen als Regentänzer. Am Sonntag im Trockenen war der Drops nicht ganz so einfach gelutscht: Der schnellste Audi mit Jöns/Mamerow hinkte auf Platz sechs ins Ziel. An der Spitze machten die Callaway-Corvette, der BMW Z4 von DB Motorsport und der Farnbacher-Porsche die Musik.

Ausnahmsweise gab es beim Saisonauftakt erstaunlich wenig BOP-Gemurre. Nur der Mercedes SLS von Götz/Buhk, der zwei Mal auf Pole stand, sich in beiden Rennen jedoch selbst ein Bein stellte, zog Groll auf sich. Und warum ein Daniel Keilwitz der Fahrereinstufung Gold zugeordnet wird, die amtierenden Meister aber als Silber durchgewunken werden, mochte im Fahrerlager auch niemand so recht verstehen. Keilwitz beschwerte sich bei der FIA, erhielt aber nach eigener Aussage keine Antwort.

Gelobt wurden stattdessen die neuen Yokohama-Reifen. Im Vergleich zu den oft als „Holzreifen“ betitelten Pneus der vergangenen Saison sind sowohl die Konstruktion als auch die Mischung weicher gestaltet. Der Reifen wurde nun darauf ausgelegt, den Peak in den ersten drei Runden zu entwickeln. Früher war dies zunächst an der Vorderachse der Fall, erst später an der Hinterachse. Jedoch wird es noch ein paar Rennen dauern, bis die Teams alle Reifen-Rätsel vollständig lösen. Vielleicht bringen dann ja auch die genannten Gaststarter zusätzlich Farbe in die Wäsche.

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