Lancia-Boliden der 80er
Rennwagen-Legenden im Martini-Outfit zu verkaufen

Vom 1981er Beta Montecarlo Gruppe 5 bis zum Delta HF Integrale Gruppe A von 1988: John Campion trug eine unvergleichliche Sammlung an legendären Lancia-Rennwagen zusammen. Die könnte bald Ihnen gehören – für schlappe 6,8 Millionen Euro.

Lancia Delta S4 Corsa Gruppe B
Foto: Girardo & Co.

John Joseph Campion muss ein sehr glücklicher Mann sein. Es gab eine Zeit, da reiste der aus Irland stammende Amerikaner mit Rockbands als Roadie um die Welt. Später verkaufte er diesen und anderen Musikgruppen tragbare Generatoren, damit sie ihre Instrumente, Verstärker und sonstige Technik mit Strom versorgen konnten. Zu seinen Kunden zählten unter anderem AC/DC, Kiss, die Rolling Stones und U2. Aus diesem Business ging die Firma APR Energy hervor; ein an der Londoner Börse im Milliardenbereich notiertes Unternehmen, dessen Chef Campion ist.

Unsere Highlights
The Campion Collection Lancia Rennwagen
Girardo & Co.
Alle Lancia-Rallye-Ikonen der Achtzigerjahre, vereint auf einem Bild. Herrlich!

Man kann also davon ausgehen, das John Campion ziemlich vermögend ist. Diesen Reichtum nutzte der Motorsport-Fan vor einigen Jahren, um eine sehr illustre Sammlung an historischen, sportlichen und seltenen zwei- und vierrädrigen Fahrzeugen zusammenzustellen. Neben diversen Superbike-Motorrädern, US-Sportwagen sowie Ferrari- und Porsche-Modellen fand sich darin auch eine ziemlich vollständige Kollektion von Rennwagen der Marke Lancia. Von dieser wird nun allerdings ein Großteil verkauft. Der britische Oldtimer-Händler Girardo & Co. hat die Ehre, insgesamt sechs Rundstrecken- und Rallye-Lancias in der ikonischen Martini-Lackierung zu verkaufen. Geschätzter Erlös: etwa 6,8 Millionen Euro.

Lancia Delta HF Integrale 8V Gruppe A von 1988

Jüngstes Exemplar der Sechserbande ist gleichzeitig das erfolgreichste: Der nach dem Gruppe-A-Reglement aufgebaute Lancia Delta HF Integrale holte zwischen 1987 und 1992 sechs Hersteller-WM-Titel in Folge. Ein Kunststück, das nicht einmal Citroën zu Sebastien Loebs Zeiten gelang. Das hier angebotene Auto mit der Chassis-Nummer 417887 ist jenes der Saison 1988, das in den Händen von Miki Biasion beim dritten WM-Lauf in Portugal debütierte. Der Italiener gewann die Rallye mit einem Vorsprung von 8:46 Minuten. Ähnlich dominant geriet der zweite Einsatz derselben Fahrer-Auto-Kombination: Biasion und der Delta Nummer 417887 gewannen die Rallye USA mit 5:23 Minuten Vorsprung und machten Lancia damit so früh wie nie zuvor zum Markenweltmeister. Der Italiener gewann 1988 noch drei weitere Rallyes mit einem anderen Delta-Chassis und krönte sich am Saisonende überlegen zum Weltmeister.

John Campion kaufte den HF Integrale 8V Gruppe A im Jahr 2013 und ließ ihn komplett restaurieren. Nun erstrahlt er wieder in jenem Zustand, in dem er 1988 bei der Rallye Portugal antrat. Der Delta verfügt über ein Echtheits-Zertifikat von Abarth Classiche und gewann mehrere Preise bei Oldtimer-Veranstaltungen.

Lancia Delta HF Integrale 8V Gruppe A
Girardo & Co.
Christbaum an und Siege feiern: Der Lancia Delta Gruppe A holte sechsmal in Folge die Marken-WM.

Lancia Delta S4 Corsa Gruppe B von 1985

Lancia setzte den Delta HF Integrale ab 1987 in der Rallye-WM ein. Dessen direkter Vorgänger war der Delta S4 Gruppe B, mit dem sich die Italiener gegen Peugeot, Audi oder Renault behaupten wollten. Das gelang mehr schlecht als recht, vor allem gegen die Finnen am Peugeot-Steuer hatte Lancia keine Chance. Schlimmer noch: Der tödliche Unfall des Werksfahrer-Duos Henri Toivonen und Sergio Cresta im Delta S4 führte final dazu, dass die Gruppe B mit den ultraschnellen Quasi-Prototypen aus Sicherheitsgründen abgeschafft wurde.

Die tragische Karriere des Allradlers überdeckt leider die technische Pionierleistung, die Lancia bei seinem Gruppe B-Boliden gelang. So verpassten die Konstrukteure dem Vierzylinder-Mittelmotor nicht nur eine doppelte Nockenwelle, sondern auch eine doppelte Aufladung per Kompressor und Turbo. Diesem Delta S4 mit der Chassis-Nummer 208 wurden nach einer Restaurierung fast 550 PS attestiert. Er wurde Ende 1985 gebaut und bei Testfahrten für die Saison 1986 eingesetzt, bevor das Semi-Werksteam Jolly Club damit bei nationalen Rallyes erfolgreich war. John Campion kaufte den S4 Anfang 2016, bevor er die Totip-Farben des Jolly Club-Teams in die Martini-Lackierung ändern ließ, was aufgrund der frühen Historie des Autos absolut legitim war.

Lancia 037 Rally Evo 2 Gruppe B von 1984

Ein Jahr zuvor deutete sich erst an, welche Monster die Marken da mit ihren Gruppe B-Autos züchteten. Peugeot siegte mit seinem 205 Turbo 16 erst gegen Ende der Saison, der neue Audi Sport Quattro war noch sehr unzuverlässig. So waren dessen Vorgänger Quattro A2 und der Lancia 037 Rallye die dominierenden Autos der Saison. Der Italiener war mit seinem Mittelmotor-Heckantriebs-Konzept und dem nur 325 PS starken 2,1-Liter-Vierzylinder-Turbo zwar nur auf Asphalt konkurrenzfähig, doch der zuverlässige Lancia konnte konstant punkten. So fehlten auf Audi in der Herstellerwertung lediglich zwölf Punkte auf den Champion Audi. 1983 ging die Sache noch genau andersherum aus, womit der Lancia 037 Rally das letzte hinterradgetriebene Auto war, das den WM-Titel holen konnte. Walter Röhrl wurde damals Vizeweltmeister.

Lancia 037 Rally Evo 2 Gruppe B
Girardo & Co.
Mit einem Lancia Rally 037 wurde Walter Röhrl 1983 Vize-Weltmeister.

Der Werdegang dieses Autos ist mit jenem des Delta S4 aus der Campion-Sammlung vergleichbar. Das Martini-Werksteam setzte es für Testfahrten ein, bevor es die Jolly Club-Mannschaft mit Totip-Sponsoring bei unterklassigen Rallyes erfolgreich an den Start brachte. Er kam 2013 zu John Campion, erhielt die obligatorische Restaurierung sowie Abarth Classiche-Zertifizierung und außerdem die ursprüngliche Martini-Lackierung zurück.

Lancia LC2 Gruppe C von 1983

Was die Gruppe B im Rallyesport war, war die Gruppe C auf der Rundstrecke. Sündhaft teure und unfassbar schnelle Renn-Prototypen, mit denen namhafte Hersteller im Rahmen einer Weltmeisterschaft um die Krone wetteiferten. Auch hier war Lancia mittendrin und brachte 1983 den LC2 an den Start. Ohne Hilfe aus dem Fiat-Konzern hätte das aber wohl nicht geklappt. Ferrari, das sich damals auf die Formel 1 konzentrierte, steuerte den Motor bei: den Dreiliter-Vierventil-V8 aus dem Straßen-Sportwagen 308. Um den Motor auf Leistung zu bringen (im Training sollen es etwa 800 PS gewesen sein), verpasste ihm Abarth zwei KKK-Turbos und verringerte gleichzeitig den Hubraum auf 2,6 Liter. Dallara wiederum half beim Chassis, bei der Karosserie und bei der Fahrwerks-Konstruktion.

So richtig erfolgreich war der LC2 allerdings nicht: Ihm gelangen zwar ein paar schnellste Runden, Pole Positions und Rennsiege, aber die Titel schnappte sich in der frühen Gruppe C-Ära ausschließlich Porsche. Dieser LC2 war der erste von den italienischen Partnern aufgebaute Gruppe C-Bolide und trägt folgerichtig die Chassis-Nummer 1. 1983 trat er beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans an, schied jedoch aus. Auch in den Folgejahren gelangen ihm keine echten Rennerfolge. Aber der LC2 sieht hinreißend schön aus und machte die Sammlung von John Campion, der ihn 2017 erwarb, komplett.

Lancia LC2 Gruppe C
Girardo & Co.
Der nach Gruppe C-Reglement aufgebaute LC2 war zwar nicht sehr erfolgreich, sieht aber wunderschön aus.

Lancia LC1 Gruppe 6 von 1982

Weil das Gruppe C-Reglement eine geschlossene Karosserie vorschrieb, trat Lancia 1982 mit dem LC1 in der Gruppe 6-Kategorie der Marken-Weltmeisterschaft an. Auch hier half Dallara bei der Konstruktion, was Lancia vor allem beim Gewicht Vorteile verschaffte. Dallara adaptierte Formel 1-Entwicklungen und schaffte es so, das Monocoque bei 55, die Karbon-Karosserie bei 58 und das gesamte Auto bei 640 Kilogramm Trockengewicht zu halten. Gleichzeitig entlockte Lancia dem nur 1,4 Liter großen Vierzylinder-Turbo 450 PS, was zu einem starken Leistungsgewicht von nur gut 1,4 kg/PS führte.

Das Problem war die Motorkühlung, weshalb der Sechzehnventiler oft überhitzte. Dennoch gelang es Lancia mit dem LC1, von Zeit zu Zeit Glanzlichter zu setzen. Eines der vier gebauten Exemplare gewann 1982 das Sechs-Stunden-Rennen in Silverstone und ließ dabei den eigentlich unschlagbaren Porsche 956 Gruppe C hinter sich. Dieser LC1 gewann 1983 das 1.000-Kilometer-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife und trat wenige Wochen später in Le Mans an, wo er jedoch kurz nach Mitternacht ausschied. John Campion kaufte das Auto schließlich Ende 2016.

Lancia Beta Montecarlo Turbo Gruppe V
Girardo & Co.
Mit dem Beta Montecarlo kehrte Lancia 1980 auf die Rennstrecke zurück - im ikonischen Martini-Design.

Lancia Beta Montecarlo Turbo Gruppe 5 von 1981

Lancias bedeutendster und erfolgreichster Rundstrecken-Bolide aus dieser Ära war aber der nach Gruppe 5-Reglement aufgebaute Beta Montecarlo Turbo. Mit ihm wagte sich die Marke nach langer Abstinenz auf die Asphaltbänder dieser Welt zurück – und dominierte auf Anhieb. Der mit einem mächtigen KKK-Turbolader ausgerüstete 1,4-Liter-Vierzylinder trieb mit seinen fast 500 PS das 780 Kilogramm leichte Auto unerbittlich nach vorne und sicherte den Italienern nicht nur die Marken-WM 1980 und 1981 (unter anderem mit einem gewissen Walter Röhrl am Steuer), sondern mit Hans Heyer im Cockpit auch den Fahrertitel in der Deutschen Rennsportmeisterschaft 1980.

Noch ein anderer Fakt wertet die Relevanz dieses Autos auf: Der Beta war der erste Renn-Lancia, der in Martini-Farben antrat. Zuvor war die italienische Spirituosen-Marke jahrelang mit Porsche verbandelt. Nun kam zusammen, was zusammen gehörte. Und mal ehrlich: Nur in den Farben Blau, Weiß und Rot kann die Campion-Sammlung ihre volle Wirkung entfalten.

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Wenn ich 6,8 Millionen Euro übrig hätte, dann würde ich ...
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... mir sofort die Lancia-Sammlung von John Campion kaufen.... mir alles Mögliche kaufen, aber sicher keine Lancia-Sammlung.

Fazit

Ach, wenn sich doch nur auf die Schnelle mindestens 6,8 Millionen Euro auftreiben ließen! So dürften viele Auto- und Motorsport-Fans denken, wenn sie sich näher mit der Lancia-Sammlung von John Campion befassen. Das hier angebotene Sextett umfasst fast alle relevanten Rennwagen der jüngeren Markengeschichte. Fehlen eigentlich nur noch die Fulvia und der Stratos. Aber die sind ja nie im Martini-Outfit gefahren.