Le Mans 2014 Background
Nick Heidfelds viertes Le Mans-Rennen

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Für Nick Heidfeld gibt es bei seinem vierten Le Mans-Einsatz nur ein Ziel: Ankommen. Dann hat der Mönchengladbacher so gut wie sicher gewonnen. Einziger Gegner sind die Teamkollegen vom Rebellion-Team. Wenn die Werksautos schwächeln, kann für Heidfeld aber auch ein Platz in den Top 5 herausspringen.

Nick Heidfeld - Rebellion - Le Mans 2014 - 24h-Rennen
Foto: xpb

Vier Stunden vor dem Start saß Nick Heidfeld ganz entspannt in der Hospitality seines Rebellion-Teams. Der frühere Formel 1-Pilot plauderte über das Abenteuer von Le Mans. Für den 37-jährigen Mönchengladbacher ist es der vierte Auftritt beim längsten Rennen des Jahres. 1999 debütierte er mit Mercedes. In jenem unheilvollen Jahr, als die Silberpfeile fliegen gingen. "Ich bin den Stint vor Peter Dumbreck gefahren, der dann in den Wald geflogen ist." Seit dieser Zeit schätzt er den Langstrecken-Klassiker. "Das ist schon eine ganz spezielle Atmosphäre hier. Und ein Rennen mit vielen Schwierigkeiten."

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Nick Heidfeld im Rebellion R One-Toyota in Le Mans 2014

Dann machte Heidfeld lange Pause und kehrte erst 2012 wieder zurück. Diesmal fährt der 183-fache GP-Starter einen Rebellion R One-Toyota. Dahinter verbirgt sich das Vorjahresauto von Toyota mit dem 3,4 Liter V8-Motor, aber ohne die Hybridsysteme. Leistung: Zwischen 550 und 600 PS. "Damit haben wir gegen die Werksautos mit ihren Hybridantrieben natürlich keine Chance." Heidfeld fehlten acht Sekunden auf die Pole Position. Kunststück bei 200 PS weniger.

Zu Saisonbeginn war der Rebellion R One mit Toyota-Power noch ein unberechenbares Biest. "Das Auto war brandneu, wir haben praktisch nicht getestet. Das Auto sprang ziemlich viel herum, und das Heck ist schlagartig ausgebrochen. Ein bisschen könnte von den Reifen herrühren, die ja schmäler sind als im letzten Jahr. Ein bisschen auch Aerodynamik." Für Heidfeld ein Grund für die vielen Unfälle. "Auch bei den Werksautos zeigt sich diese Tendenz. Sie sind alle ein bisschen unruhig auf der Hinterachse."

Die Ingenieure haben seitdem viel gearbeitet. Und der Rebellion wurde mit jedem Schritt berechenbarer. "Noch nicht optimal, aber deutlich besser. Im Warm-up war ich schon ganz zufrieden. Zum Glück. In einem 24 Stunden-Rennen willst du nicht jede Runde mit deinem Auto kämpfen müssen." Die LMP1-Renner sind zwar nicht so schnell wie die Formel 1, aber schnell genug, dass man Respekt haben muss: "In den Porsche-Kurven geht es schon richtig vorwärts. Sie sind fast zu schnell für diese Autos. Oder der Auslauf zu knapp."

Wenn das eigene Auto zum Hindernis wird

Die große Aufgabe für einen ehemaligen Formel 1-Fahrer ist das richtige Timing im Verkehr. "In der Formel 1 kennst du das nicht, dass da so viele langsame Autos herumfahren. Am Anfang war das nicht so mein Ding. Aber mit mehr Erfahrung macht es Spaß, durch den Verkehr die beste Linie zu finden. Da kannst du richtig viel Zeit gewinnen oder liegenlassen. Du musst erst mal lernen, die Geschwindigkeiten abzuschätzen und die Fahrer in den langsamen Autos einzuschätzen. Es hilft zu wissen, wer da vorne im Auto sitzt."

Manchmal werden Heidfeld und seine Rebellion-Kollegen Nicolas Prost, Mathias Beche, Dominik Kralhamer, Andrea Belicchi und Fabio Leimer selbst zum Hindernis. Dann, wenn die Werksautos von hinten anfliegen. Das kann in der Nacht für Schrecksekunden sorgen. Weil da die Rebellion auf Toyota, Porsche und Audi zusätzlich Zeit verlieren. Ihre Reifen kommen bei niedrigen Temperaturen nur schwer auf Temperatur. Michelin macht seine Reifenentwicklung für die frontlastigen Werksrenner.

Heidfeld weiß, was dann passieren kann: "Dann musst du selbst den Geschwindigkeitsunterschied abschätzen. In der Nacht ist das besonders schwierig. Die Werksautos haben stärkere Scheinwerfer als der Rest. Wenn sie dann noch aufblinken, weißt du nicht mehr wie schnell sie sind und auf welcher Seite sie daherkommen. Du willst aus dem Weg, fährst ihnen aber dabei gerade vor die Nase und siehst aus wie ein Depp."

Besser ein Training getrennt nach Klassen

In der Qualifikation werden die vielen Autos auf der Strecke zum echten Ärgernis. "Du willst in einen Rhythmus kommen, aber es geht nicht, weil dauernd einer im Weg steht, oder wieder mal eine rote Flagge das Training unterbricht. Ich fände es besser, wenn man die LMP-Autos und die GT-Fahrzeuge getrennt trainieren ließe. Dann wäre die Jagd nach den Startplätzen interessanter für die Zuschauer. Auch die GT-Fahrer würden profitieren, weil sie nicht dauernd in den Rückspiegel schauen müssten."

Jedes Le Mans Rennen hat seine eigene Geschichte. Auch für Heidfeld: "Der tote Punkt im Rennen kommt immer anders. Vor zwei Jahren kam ich kurz nach Mitternacht aus dem Auto raus. Das war gut, weil ich einer bin, der spät ins Bett geht. Das nächste Mal saß ich dann um sieben Uhr morgens im Auto. Also alles ganz normal. Letztes habe ich nicht so gut geschlafen und der nächste Tag war ziemlich zäh."

Wer wird Klassensieger: Rebellion oder Rebellion?

Die rotweißen Rebellion fahren in einer eigenen Klasse. Zwischen LMP1 und den LMP2. Deshalb ist einer der beiden verkappten Toyota jetzt schon Klassensieger. Wenn sie ins Ziel kommen. "Unsere Aufgabe ist deshalb etwas einfacher als die der Werksteam", sagt Heidfeld. "Mein Team ist auf Ankommen programmiert. Deshalb etwas weniger Risiko. Die Kollegen im anderen Auto dürfen mehr Tempo machen. An den Werksautos kommen wir nur vorbei, wenn die Technik Ärger macht oder sie sich ins Auto fahren. Wir dürfen aber auch keine Probleme bekommen. Sonst schlucken uns die LMP2."

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