Lotus Type 66 mit 840-PS-V8
Der hätte schon 1970 fahren sollen …

Eigentlich hätte der Type 66 vor über fünf Jahrzehnten Rennen fahren sollen. Doch die Zeichnungen verstaubten in den Archiven, bis sie Lotus heraus kramte und endlich umsetzte. Heraus kommt eine Neuinterpretation des Rennwagens mit einem über 840 PS starken Achtzylinder-Motor. Die Briten wollen nur zehn Modelle bauen.

Lotus Type 66 - Rennwagen - V8
Foto: Lotus

Der Verbrenner spielt in den Zukunftsplänen von Lotus keine Rolle mehr. Mit dem Emira hat der britische Traditionshersteller nur noch einen Sportwagen im Portfolio, der Benzin verbrennt. Entweder mit Sechszylinder-Kompressor von Toyota oder Vierzylinder-Turbo von AMG. Ansonsten richtet Lotus alles auf die Elektromobilität aus.

Wobei: Es gibt doch noch eine Ausnahme. Sie ist auf zehn Exemplare begrenzt, kostet pro Stück mehr als eine Million britische Pfund und ist rund 840 PS stark. Die Rede ist vom Typ 66 (auf Englisch Type 66), einem Flügelmonster ohne Straßenzulassung, das Lotus in Pebble Beach vorstellt. Der Rennwagen verdeutlicht, dass die Briten zwar in die Zukunft schauen, aber ihre Vergangenheit nicht vergessen haben.

Mehr zum Thema
Lotus Type 66 - Rennwagen - V8
Lotus

Schön für die Optik: Hinter dem Fahrerkopf zeigen sich die Luftansaugtrichter.

Type 66 in Gold-Leaf-Farben

Für den Type 66 musste Lotus ganz tief in den Archiven wühlen. Beziehungsweise tat das Clive Chapman, Sohn von Firmengründer Colin Chapman. Clive leitet die Klassik-Abteilung von Lotus Motorsport (Classic Team Lotus) und machte die alten Dokumente zugänglich. Die Lotus-Designer digitalisierten die Zeichnungen im Maßstab 1:4 sowie 1:10 und machten daraus erste Renderings. So nahm die Entwicklung ihren Lauf.

Für den Kontext muss man wissen, dass Colin Chapman seinen damaligen Konstrukteur Geoff Ferris in den späten 1960er Jahren damit beauftragt hatte, einen Rennwagen für die Can-Am-Serie zu bauen. Die Abkürzung steht für Canadian-American Challenge Cup. Das Projekt blieb jedoch in den Kinderschuhen stecken. Es kam nie über technische Zeichnungen und Maßstabsmodelle hinaus. Weil sich Chapman dann doch mehr für die Erfolge in der Formel 1 interessierte, als es tatsächlich in der Rennserie über dem Großen Teich zu versuchen. Doch besser spät als nie: 53 Jahre danach erwacht der Lotus Type 66 zum Leben.

Die Lackierung in Rot, Weiß und Gold ist eine Hommage an die damaligen Lotus-Rennwagen. In den Farben von Sponsor Gold Leaf hätte der Type 66 in der Can-Am-Saison 1970 am Start stehen können. Ja, wenn er denn gebaut worden wäre. Am Steuer hätte dann Emerson Fittipaldi gesessen. Der brasilianische Doppelweltmeister der Formel 1 (1972, 1974) half bei der Enthüllung der Neuinterpretation in Pebble Beach.

Lotus Type 66 - Rennwagen - V8
Lotus

Der Type 66 soll es von der Geschwindigkeit mit aktuellen Rennwagen aus der GT3-Klasse aufnehmen können.

So schnell wie ein GT3-Auto

Der Type 66 sieht durchaus wie ein moderner Can-Am-Rennwagen aus. Auf den ersten Blick fallen die vielen Lufteinlässe auf, die sich bereits durch die Frontpartie ziehen. Sie sind nicht einzig für die Kühlung da, sondern Teil des Durchströmungs-Konzepts der Verkleidung. Das ist auch eine Philosophie, die Lotus beispielsweise mit dem Emira oder seinem Hypercar Evija verfolgt.

Die Kühler lässt Lotus seitlich ein – wie beim Type 72 aus der Formel-1-Saison 1970. So kann man die Vorderachse aerodynamisch günstiger verkleiden und mit der Durchströmung beginnen. Über das gesamte Heck spannt sich ein Flügel. Lotus hat den Luftstrom durch, unter, über und um das Auto in mehr als 1000 Stunden am Computer simuliert. Das Ergebnis soll ein Abtriebswert von 800 Kilogramm bei 241 km/h (150 mph) sein.

Der V8 sitzt hinter dem Cockpit in Mittelmotor-Position. Lotus verspricht eine Leistung von 841 PS bei 8.800 Touren. Das maximale Drehmoment des Motors mit Aluminium-Kurbelwelle beziffern die Briten mit 746 bei 7400 Umdrehungen. Ein sequenzielles Renngetriebe stemmt die Kraftübertragung. Simulationen haben Lotus zufolge ergeben, dass der Type 66 auf Rennstrecken wie Laguna Seca, Silverstone, Fuji und Spa-Francorchamps so schnell sei wie ein modernes GT3-Auto.

Zehn Rennen, zehn Exemplare

Der Fahrer sitzt in einem kleinen Cockpit, das nach rechts versetzt ist. Seinen Schutz verstärkt ein Überrollbügel. Beim Bremsvorgang unterstützt ABS, für die Oberarme die Servolenkung. Damit der Achtzylinder nicht absterben kann – zum Beispiel am Start oder nach einem Dreher – rüstet ihn Lotus mit einem Anti-Stall-System aus.

Ach ja, sie werden sich vielleicht fragen, wie Lotus darauf kommt, die Kleinserie auf zehn Exemplare zu beschränken. Das hat mit der Anzahl der Rennen in der Can-Am-Saison 1970 zu tun. Zehn Läufe gleich zehn Modelle des Type 66 der Moderne.