Delage D12 mit bis zu 1.115 PS
In Handarbeit zum Speedster umgebaut

Mit Delage steht die nächste vor langer Zeit verschwundene Automarke vor dem Comeback. Der V12-Hybrid-Sportwagen D12 hat ein festes Dach, das sich entfernen lässt.

08/2020, Delage D12 V12 Hypercar
Foto: Delage / Instagram

Nur echten Autoexperten dürfte die Automarke Delage ein Begriff sein. 1905 von Louis Delage gegründet, wurden bis 1953 unter seinem Namen vor allem luxuriöse und sportliche Automobile angeboten; auch auf den Rennstrecken waren die Franzosen erfolgreich. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Firma nie wieder richtig auf die Beine, sodass insgesamt wohl nicht viel mehr als 50.000 Delage-Exemplare produziert wurden.

Bis heute ist nur ein Bruchteil davon erhalten geblieben. Diese Autos befinden sich aber meist in einem perfekt restaurierten Zustand, weshalb sie oft zu Millionen-Preisen gehandelt werden und schon einige Delage-Modelle bei renommierten Concours d'Elegance-Wettbewerben erfolgreich waren.

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Delage-Neuauflage nach 67 Jahren

Nun schickt sich Laurent Tapie zusammen mit dem Delage Owners- und Collectors-Club an, der Marke neues Leben einzuhauchen. Der Sohn des streitbaren französischen Unternehmers, Politikers und Fußball-Funktionärs Bernard Tapie will mit dem Delage D12 ein kompromissloses Hybrid-Hypercar auf den Markt bringen. Das soll sogar den Rundenrekord auf der Nürburgring-Nordschleife für straßenzugelassene Autos brechen. Ein ambitioniertes Vorhaben, bei dem unter anderem der Formel-1-Weltmeister Jacques Villeneuve bei der Entwicklung und Feinabstimmung behilflich ist.

Bei einem solchen Projekt hilft natürlich maximale Motor-Power. Diese soll ein Hybridantrieb sicherstellen, dessen Herzstück ein 990 PS starker 7,6-Liter-V12-Saugmotor ist. Hinzu kommt ein ins automatisierte Achtgang-Getriebe integrierter Elektromotor, der die Systemleistung entweder auf 1.024 oder 1.115 PS hebt. Der höhere Wert gehört zur etwas schwereren (1.400 Kilogramm Trockengewicht) GT-Version; die niedrigere Angabe bezieht sich auf die puristische, um 90 Kilogramm gewichtsreduzierte Clubsport-Variante.

Den D12 soll es auch offen geben

Ursprünglich hatte Delage sogar eine Gesamtleistung von 1.247 PS in Aussicht gestellt. Aber offensichtlich haben die Franzosen davon Abstand genommen, einen zusätzlichen E-Motor, der alleine 246 kW (334 PS) beisteuern sollte, in den D12 einzubauen. Stattdessen gibt es nun die abgespeckte Variante mit ins Getriebe integrierter E-Maschine.

Delage D12 Speedster
Delage-Automobiles
Wer möchte, kann die Jetfighter-Kuppel entfernen und mit dem Delage D12 offen fahren.

Der Antrieb sitzt eingebettet in ein Kohlefaser-Monocoque im Rücken der beiden Insassen, die hintereinander im kuppelartigen, nach vorne öffnenden D12-Cockpit Platz nehmen – und zwar zentral. Das ist nicht die einzige Besonderheit des Delage. Die Jetfighter-Haube lässt sich entfernen, wodurch der D12 zum Speedster mutiert, nachdem eine Windschutzscheibe befestigt wurde. Wer einen regelrechten Sturm im Cockpit entfachen möchte, kann auch nur ein kleines Windschild anbringen – samt Halo-Kopfschutz wie im Rennwagen-Monoposto. Wer diese Option wählt, die Delage "F1" nennt, erhält als Dreingabe einen "hochwertigen" Helm. Der Umbau soll von zwei Leuten jeweils innerhalb von zehn Minuten zu bewerkstelligen sein.

Mehrfach von der Formel 1 inspiriert

Apropos Rennwagen: Der Delage D12 verfügt über eine Radaufhängungs-Konstruktion, die ganz Formel-1-like mit offen liegenden Querlenkern und Pushrod-Stoßdämpfern arbeitet. Die Behausungen der Kohlefaser-Räder sind nur vor und hinter den Rädern mit der Karosserie verbunden und tragen auf ihren äußeren Rändern die beiden Rückspiegel. Die zerklüftete Front mit ihren zahlreichen Flügelelementen scheint allein aerodynamischen Prämissen zu folgen.

Auch bei der Platzierung der Lufteinlässe – ein "Schnorchel" oberhalb des Cockpits und weit ausgestellte Seitenkästen vor den Hinterrädern – ließen sich die Delage-Konstrukteure und -designer offensichtlich von Formel-1-Rennwagen inspirieren. Der riesige Heckflügel scheint verstellbar zu sein und thront über einem offenherzigen Hinterteil. Die Heckleuchten verlaufen direkt darunter als schmales Band über die gesamte Fahrzeugbreite. Die beiden Auspuff-Endohre rücken – ähnlich wie bei den Sportwagen von McLaren – nach oben, um Platz für den ausladenden Diffusor zu schaffen.

2023 Angriff auf den Ring-Rekord

Futuristisch geht es im D12-Cockpit zu. Statt eines Lenkrads gibt es zwei Joystick-artige Stummel, die mit einem Pralltopf verbunden sind, an dessen Seiten sich einige Tasten befinden. Als Informationsquelle und Kommandozentrale dienen drei Bildschirme, die sich rund um die eigenwillige Steuereinheit gruppieren. In den schmalen Carbon-Schalensitze werden die Insassen mit Motorsport-Gurten festgeschnallt.

08/2020, Delage D12 V12 Hypercar
Delage / Instagram
Laurent Tapie, der hinter der Delage-Neuauflage steckt, im eigenwilligen D12-Cockpit.

Ursprünglichen Plänen zufolge sollte der D12 im vergangenen Jahr auf den Markt kommen. Daraus wurde nichts: Bis jetzt gibt es nur einen Prototyp. Insgesamt sollen 30 Exemplare zum Stückpreis von etwa zwei Millionen Euro entstehen. Wer die Speedster-Option wählt, zahlt 190.000 Euro extra; als F1 kostet das Hypercar 260.000 Euro Aufpreis (alle Preise sind Nettoangaben). Wann genau die Produktion der Kleinserie startet, verrät Delage bislang nicht. Der Nürburgring-Rekord, der eigentlich schon 2020 errungen werden sollte, steht inzwischen für 2023 auf dem Plan.

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Fazit

"Näher kann ein straßenzugelassenes einem Formel-1-Auto nicht kommen", heißt es bei Delage. Ob das aber auch noch gilt, seit der Mercedes-AMG One oder der Aston Martin Valkyrie auf der Straße rollen, muss die Zukunft zeigen. Hier zeichnen sich spannende Rundenzeit-Wettkämpfe ab, bei denen auch andere Hypercars ordentlich mitmischen dürften.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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