EuroNCAP testet Transporter
Sicherheitsniveau steigt, aber nur gegen Aufpreis

Hier wird nicht gecrasht, sondern nur das Sicherheitsniveau anhand der Sicherheitssysteme bewertet. Der Trend geht klar in eine positive Richtung. Aber weiter nur gegen Aufpreis. In der Serienkonfiguration bleiben die meisten Transporter weiter gefährlich.

EuroNCAP Sicherheitsbewertung Transporter 2022
Foto: EuroNCAP

Das EuroNCAP-Konsortium hat 19 Transporter-Modelle – darunter zahlreiche baugleiche – auf ihre Sicherheitstechnik hin abgeklopft. Machten in früheren Tests noch viele Modelle mit ihrer unzureichenden Ausstattung auf sich aufmerksam, so stellten die Tester für 2022 ein durchweg steigendes Sicherheitsniveau fest. Mit dem Fiat Ducato erreichte sogar erstmals ein Transporter die höchste Auszeichnung. Allerdings testete EuroNCAP die Fahrzeuge mit optionalen Sicherheitsausstattungen. Betrachtet man nur die Serienausstattungen, dann bleibt das Sicherheitsniveau der Transporter auch 2022 eher bescheiden.

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So wird gewertet

Anders als bei den Pkw werden in diesem EuroNCAP-Test keine Sterne vergeben, sondern Medaillen – Gold, Silber und Bronze sowie als Bestwertung Platin. Eine Platin-Bewertung gibt es, wenn über 80 Prozent der möglichen Punkte eingefahren werden, Gold gibt es ab 60 Prozent, Silber ab 40 Prozent und Bronze ab 20 Prozent. Modelle die unter dieser Schwelle bleiben, werden als "nicht empfehlenswert" eingestuft. Das jetzt überprüfte Testfeld umfasst 19 Modelle, die in ihrer Verbreitung den Löwenanteil der in Europa verkauften Transporter-Modelle ausmachen. Nur ein bewerteter Transporter erhielt 2022 das Prädikat "nicht empfehlenswert"; im Vorjahr wurden noch fünf Modelle entsprechend eingestuft.

Ducato holt Bestergebnis

Das beste Ergebnis und die erste Platin-Einstufung überhaupt holt sich der Fiat Ducato. Der Italiener wurde im Rahmen einer Modellpflege auch in Sachen verfügbarer Sicherheitsausstattung deutlich aufgewertet. Gerade mit seinem verbesserten Notbrems-Assistenten holt er sich unter dem Strich eine 88 Prozent-Wertung und lässt die Konkurrenz damit weit hinter sich. Erstaunlicherweise erhielten die anderen Stellantis-Fahrzeuge, mit denen sich der Ducato die Plattform teilt (Peugeot Boxer, Citroën Jumper und Opel Movano), nicht die gleiche Ausstattungs-Aufrüstung und bleiben entsprechend hinter dem italienischen Schwestermodell zurück. Alle drei erreichen nur eine Bronze-Bewertung.

EuroNCAP Sicherheitsbewertung Transporter 2022
EuroNCAP
Die meisten Mängel zeigten die Notbremsassistenten. Speziell Fußgänger und Radfahrer wurden vielfach nur schwer oder nicht erkannt.

Der Renault Master hat in diesem Jahr dank kleiner, aber bemerkenswerter Verbesserungen seiner Geschwindigkeits- und Spurhalte-Assistenten ebenfalls eine Bronzemedaille gewonnen. Sein Zwilling, der Nissan Interstar (früher NV400), erhält diese Verbesserungen ebenfalls, jedoch fehlt vorerst noch ein autonomes Notbremssystem (AEB); er kommt daher nicht über ein "nicht empfehlenswert" hinaus. Verbessert hat sich der Renault Trafic, der ebenfalls von seiner deutlich erweiterten Sicherheitsausstattung profitiert. Er macht im gesamten Testfeld den größten Schritt und kommt 2022 auf eine Silber-Wertung. Die größten Defizite im Testfeld zeigten sich wiederholt bei den Notbremsassistenten und hier speziell bei der Erkennung von Fußgängern oder Radfahrern.

Sicherheit nimmt zu

"Wir sehen vielversprechende Anzeichen dafür, dass Nutzfahrzeuge mit fortschrittlicheren Sicherheits-Systemen aufgerüstet werden, wodurch die Lücke zwischen dem Pkw- und dem Nutzfahrzeug-Segment geschlossen wird. Im Allgemeinen sieht es so aus, als ob die Hersteller beginnen, die Sicherheit in diesem Segment ernster zu nehmen. Obwohl noch ein weiter Weg vor uns liegt, sind wir von den Verbesserungen – einige bescheiden, andere beeindruckend – inspiriert, die wir im letzten Jahr gesehen haben", kommentiert EuroNCAP-Generalsekretär Michiel van Ratingen das Testergebnis.

Mehr Sicherheit kostet fast immer Aufpreis

Der ADAC, der auch den EuroNCAP-Test begleitete, hat dessen Ergebnis zusätzlich unter dem Aspekt der reinen Serienausstattung bewertet. Demnach ergibt sich ein deutlich anderes Bild. Auch 2022 ist keins der 19 getesteten Modelle serienmäßig mit Sicherheitssystemen wie dem Notbremsassistenten ausgestattet. Lediglich ein Gurtwarner ist serienmäßig in den Fahrzeugen verbaut. Mehr Sicherheit gibt es also immer noch nur gegen Aufpreis. Entsprechend erreichen in der ADAC-Betrachtung 18 Transporter nur ein "nicht empfehlenswert". Lediglich der Mercedes Vito kommt auf ein Bronze-Ergebnis.

EuroNCAP Crashtest Transporter Sicherheitsausstattung Gegenüberstellung ADAC
EuroNCAP/ADAC
Die Gegenüberstellung der Ergebnisse von ADAC und EuroNCAP zeigt deutlich, wie sich das Sicherheitsniveau zwischen Serien- und optionaler Vollausstattung unterscheidet.

Eine gesetzliche Pflichtausstattung von Kleintransportern mit einem Notbremssystem gilt erst ab Juli 2022 und auch nur für Fahrzeuge, für die eine neue Typgenehmigung erteilt wird. Alle Neufahrzeuge müssen erst ab Juli 2024 damit ausgerüstet sein. Wer also schon vorher die Sicherheit für sich und vor allem für Fußgänger und Radfahrer erhöhen will, sollte beim Kauf wenigstens einen Notbremsassistenten als Zusatzausstattung wählen.

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Fazit

Die Hersteller von Kleintransportern nehmen das Thema Sicherheit zunehmend ernst. Entsprechend fallen die Bewertungen vielfach besser aus als noch vor einem Jahr. Aber nur, wenn der Käufer bei zahlreichen aufpreispflichtigen Assistenten einen Haken gesetzt hat. Manche Modelle haben aber selbst dann noch großen Nachholbedarf. Vor allen in Sachen Notbremsassistenten muss nachgelegt werden. Betrachtet man nur die reine Serien-Sicherheitsausstattung, dann bleiben noch immer fast alle Transporter weit hinter den Möglichkeiten zurück. Ist der Kunde also nicht bereit, für die Systeme Aufpreis zu bezahlen, dann dürfte sich eine flächendeckende Verbesserung bei der Transportersicherheit erst ab Juli 2024 einstellen, wenn Systeme wie ein Notbremsassistent verpflichtend eingeführt werden.