Gordon Murray T.50 und T.50S (2022)
Erste Testrunden auf der Top-Gear-Teststrecke

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Design-Legende Gordon Murray baut wieder einen Supersportwagen. Das T.50 getaufte Auto läuft unter dem Label IGM und lehnt sich stark am ebenfalls von Murray gezeichneten McLaren F1 an. Jetzt schiebt er eine noch krassere Rennversion nach.

Murray T.50
Foto: Gordon Murray Design

Seit 50 Jahren zeichnet Gordon Murray Autos. Eine entsprechende Feierlichkeit nutzte der Stardesigner im November 2017, um sein jüngstes Projekt anzukündigen – einen neuen Sportwagen, der unter dem Kürzel T.50 eingeführt wird. Der soll Anfang 2022 an den Start gehen und in einer Auflage von nur 100 Exemplaren gefertigt werden. Als Preis werden rund 2,6 Millionen Euro genannt – plus Steuern, versteht sich. Dennoch sollen die meisten Fahrzeuge bereits an Kunden versprochen sein – die meisten davon aus den USA und Japan. Als Entwicklungspartner in Sachen Aerodynamik hat sich Murray bereits die Dienste des Formel 1-Teams Racing Point gesichert, denn der T.50 soll über die fortschrittlichste Aerodynamik verfügen, die je ein Serienauto getragen hat. Jetzt absolvierte der Prototyp des Sportwagens seine ersten gemütlichen Testrunden auf der Top-Gear-Teststrecke in Dunsfold, England.

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Der neue Sportwagen T.50 tritt unter dem neu gegründeten Label IGM an. Die Konstruktions-Philosophie lehnt sich stark an den legendären McLaren F1 an, den Murray ebenfalls gezeichnet hatte. Das Label IGM leitet sich von Murrays erstem Rennwagen – einem T1 IGM Ford Special – ab, mit dem er 1967/1968 in Südafrika an verschiedenen Rennveranstaltungen teilgenommen hatte.

Fahrspaß im Fokus

Das neue Sportwagenmodell zeigt sich auf Leichtbau und Fahrspaß fokussiert. Das nur 150 Kilogramm schwere Monocoque wird aus Kohlefaserlaminat gefertigt und soll zu einem Gewicht von nur fahrfertig 986 Kilogramm beitragen. Trocken bringt der T.50 nur 957 Kilogramm auf die Waage. Es umfasst neben einer Dreiersitzkonfiguration, die den Fahrer in die Mitte nimmt auch eine Sicherheitszelle im Formel-1-Stil. Die Scheiben setzen auf Dünnglas, was ebenfalls Gewicht spart. Zugang zum Interieur erlauben weit ins Dach reichende , noch vorne oben öffnende Türen, die auch vom Mittelplatz aus bedient werden können. Vorne rollt der T.50 auf 19-Zoll-Felgen, hinten sind 20 Zöller verbaut.

Es bleibt beim Mittelmotorkonzept und reinem Hinterradantrieb. Als Antriebsquelle dient ein von Cosworth gefertigter V12-Saugmotor mit 3.994 Kubikzentimetern Hubraum, 65 Grad Bankwinkel, Titanpleuel und Trockensumpfschmierung, der so hoch drehen soll, wie noch kein Hubkolben-Motor in einem Serienauto. Genannt werden 12.100/min. Die Leistung soll bei 663 PS liegen. Das maximale Drehmoment von 467 Nm soll bei 9.000 Touren anliegen. Aber bereits ab 2.500/min sollen schon über 70 Prozent davon bereitstehen.

Murray T.50 Cosworth GMA V12 Motor
Gordon Murray
Dreht höher als jeder Serienmotor: Der Cosworth V12.

Einen zusätzlichen Boost von 30 PS soll ein an ein 48-Volt-Bordnetz angehängter Starter-Generator liefern. Bei Vollgas soll der Ram-Air-Effekt durch den Staudruck in der Dachhutze die Leistung gar auf über 700 PS anschwellen lassen. Der komplette V12 soll nur 178 Kilogramm auf die Waage bringen.

Murray zielt dabei nicht auf eine möglichst hohe Höchstgeschwindigkeit oder Rekorde bei den Beschleunigungswerten. Vielmehr zählt nur maximale Fahrdynamik auf der Straße. Dazu adaptiert Murray im T.50 auch die Sitzkonfiguration aus dem McLaren F1 – der Fahrer sitzt mittig im Cockpit, die beiden Passagiere flankieren ihn. Und sogar einen kleinen Kofferraum soll es geben.

Murray T.50 Supercar
Murray Design
Leichtbau in allen Bereichen.

T.50 kommt als "Staubsauger"-Auto

Für die Gangwechsel spannt Murray eine manuelle Sechsgang-Schaltbox von Xtrac ein, die es auf 80,5 Kilogramm Gewicht bringen soll. Der sechste Gang ist dabei als Overdrive ausgelegt. Verzögert wird mit Karbon-Keramik-Bremsen von Bremo. Vorne arbeiten Sechskolbenzangen mit 370er Scheiben, hinten Vierkolbenzangen mit 340er Scheiben. Auch in Sachen Aerodynamik liefert Murray revolutionäre Ansätze und nennt dabei das Stichwort "Fan Car"-Technologie. Damit bezieht er sich auf ein System, wie es Murray bereits 1978 bei Brabham BT46B in der Formel 1 eingesetzt hat. Am T.50 saugt ein 40 Zentimeter großer Ventilator die Luft vom Unterboden ab und bläst sie nach hinten aus – so entsteht ein Unterdruck unter dem Fahrzeug, was für satten Abtrieb sorgt. Entsprechend kommt die Karosserie ohne zusätzliche sichtbare Spoiler aus. dafür trägt der T.50 verschiedene versteckte aktive Luftleitelemente.

Murray T.50
Gordon Murray Design
Aktive Aerodynamik.

Insgesamt sollen die aktiven Aeroelemente sechs Konfigurationen zulassen. Gewählt werden kann zwischen den Modi Auto, High downforce, Streamline, Braking, Test und V-Max Boost. Der Streamline-Modus macht den T.50 virtuell zu einer Longtail-Variante. Seine Maximalleistung erreicht der T.50 im V-Max-Boost-Modus (hier gibt das System für drei Minuten zusätzlich bis zu 30 PS über den Starter-Generator frei).Im Bremsmodus, der sich automatisch einstellt, soll der zusätzliche Abtrieb den Bremsweg deutlich verringern. Dazu gibt es den Auto-Standardmodus für Alltagsfahrten, Steamline dient als Spritspar-Modus, der Test-Modus erlaubt die statische Überprüfung des Systems. Getestet wird die Aerodynamik als rollendes Chassis des T.50 im Racing Point-Windkanal.

Der T.50 soll aber auch ein kleiner Sportwagen werden. Mit einer Länge von 4,38 Meter und einer Breite von nur 1,85 Meter unterbietet er beispielsweise einen Porsche 911 deutlich. Die Fahrzeughöhe liegt bei 1,15 Meter. Der Radstand wird mit 2,70 Meter angegeben. Aber auch in Sachen Leichtbau zieht Gordon Murray alle Register. "Jede Komponente zählt", sagt das Konstrukteurs-Genie, weshalb sein Team eine unfassbare Detailarbeit geleistet hat. Monocoque und Karosserie wiegen zusammen nur 150 Kilogramm und der Motor kommt auf lediglich 180 Kilogramm. Auch die Pedalerie, die Windschutzscheibe und alle Befestigungspunkte wurden konsequent gewichtsoptimiert. Resultat ist ein Leistungsgewicht von nicht einmal 1,5 kg/PS – so manches Super- oder Hypercar schafft nicht mal das Doppelte.

08/2020, Gordon Murray Automotive T.74
Gordon Murray Automotive
Dreiersitzkonfiguration wie im McLaren F1.

Dennoch wartet der Dreisitzer mit einem 700-Watt-Premium-Soundsystem auf, das auch Android Auto und Apple Carplay kann. Entwickelt wurde es von Arcam, das Gewicht liegt bei nur 3,9 Kilogramm. Die Dreier-Sitzkonfiguration soll drei Erwachsenen bequem Platz bieten. Fünf über den Innenraum verteilte Staufächer mit größen von 30 bis 90 Liter sollen insgesamt 228 Liter Gepäck aufnehmen. Sind nur zwei Personen an Bord kann auf dem dritten Platz ein Spezialkoffer montiert werden, dann steigt das Ladevolumen auf 288 Liter. Der zentral angeordnete Drehzahlmesser zeigt analog an, rechts daneben liegt ein kleiner Infotainmentbildschirm. Auf Touchscreen muss man im T.50 verzichten. Ach ja, auf eine Werkstatt auch, denn Murray verspricht eine weltweiten Vor-Ort-Service.

Gebaut wird der T.50 bei Gordon Murray Automotive am Standort Surrey in Großbritannien. Auch die wichtigsten Komponenten – darunter Motor, Chassis und Karosserie – sollen von Zulieferern aus Großbritannien kommen. Der T.50 soll ein echter Brite werden.

Rennkarriere möglich

Denkbar ist auch eine Rückkehr auf die Rennstrecke für Gordon Murray. Der Brite denkt dabei an die Hypercar-Klasse in der Langstreckenweltmeisterschaft WEC, die eigentlich 2020 starten sollte, aber nun – wie so Vieles – von der Corona-Pandemie im Zeitplan zurückgeworfen wird. Sowohl die Veranstalter sowie verschiedene Kunden hätten Murray bereits auf eine mögliche Rennversion angesprochen. Zunächst war so eine nicht geplant, nun wird es aber wohl doch eine geben. Der T.50S ist tatsächlich noch krasser unterwegs, auch wenn das kaum vorstellbar scheint. Das Modell ohne Straßenzulassung kommt auf mehr als 700 PS bei einem auf 890 Kilo reduzierten Gewicht. Dafür wurde der Cosworth-V12 überarbeitet; Infotainment, Klimaanlage und Dämmmaterial fliegen raus. Laut Murray war ein Erreichen solcher Werte nur durch den Verzicht auf eine Straßenzulassung möglich. Vor allem wegen der Emissionswerte und der Lautstärke. So viel Dampf hat einen ordentlichen Preis – die S-Version soll nochmals 830.000 Euro teurer sein, als der T.50.

Für den Einsatz auf der Rennstrecke wurde auch die Aerodynamik angepasst. Bis zu 1.500 Kilo Abtriebsleistung stehen auf dem Papier. Dabei hilft ein massiver Heckspoiler ebenso wie die gesteigerte Drehzahl des Unterboden-Ventilators und eine Tieferlegung um 40 Millimeter. Bei einer Vollbremsung wirken laut Murray bis zu 3g auf den Fahrer.

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Fazit

Der neue T.50 von Gordon Murray ist wieder ein Meilenstein im Supersportwagenbau. Hier steht offensichtlich tatsächlich Fahrdynamik im Vordergrund und nicht nur schiere Leistung. Dass der T.50 sogar Alltag können soll, rundet das Konzept ab.