Heavy-Duty-Pickups aus den USA
Ford holt Zugkraft-Rekord

Ram 2500/3500, Ford F-250/350/450, Chevrolet Silverado HD und GMC Sierra Heavy Duty: Die dicken Pritschenwagen im Datenvergleich. Mit besonderem Augenmerk auf das, was für die Amis wirklich zählt: die maximale Anhängelast.

Ford F-Series Super Duty 2023
Foto: Ford

Die europäische Autowelt dreht sich – je nach Sichtweise – vorrangig um Leistung, Beschleunigung und den Topspeed. Oder um Verbrauchswerte, Reichweiten und den CO2-Ausstoß. Die Amerikaner ticken da ein wenig anders. Zumindest, wenn es um ihre heißgeliebten Pickup-Trucks geht. Hier scheint nur ein Wert zu zählen: die maximale Anhängelast. Bisher nahm keiner schwerere Trailer an den Haken als die 2020er Version der Super-Duty-Reihe von Ford, also F250 aufwärts. Doch dann gab es mit dem Ram 3500 Heavy Duty des Modelljahres 2021 einen neuen Zugkraft-Champion. Der ist jetzt wieder geschlagen – von Ford.

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Ram 2500/3500 sind abgelöst – Ford entreißt den Pick-ups der Stellantis-Marke Ram die Zugkraft-Krone nach nicht ganz zwei Jahren mit seinen Super-Duty-Varianten. Dabei sind die Ram-Modelle mit einer maximalen Anhängelast in Höhe von 16,828 Tonnen (37.100 Pfund) gut dabei. Aber Ford erhöht diese Last jetzt deutlich auf 18,144 Tonnen (40.000 Pfund). Als Zuladung gibt Ford für den F-450 3,629 Tonnen (8.000 Pfund) an, was ebenfalls mehr ist als bei der Konkurrenz. Für den Vortrieb sorgt in der stärksten Zugkraft-Auslegung des F-450 ein 6,7-Liter-Power-Stroke-V8-Diesel mit 507 PS und 1.627 Newtonmeter Drehmoment. Die Motoren sind immer an eine Zehngang-Automatik gekoppelt und ab der XLT-Ausstattung gehört Allradantrieb zum Serienumfang. Ford betont zudem, dass auch der nächstkleinere F-350 mit 17,237 Tonnen (38.000 Pfund) ebenfalls mehr zieht als die bisherigen Champions von Ram. Die Auslieferungen der Super-Duty-Modelle beginnt Ford Anfang 2023 zu Preisen ab 45.765 Dollar (aktuell umgerechnet zirka 46.283 Euro).

Ram 2500/3500

Vor etwa vier Jahren trug die große Pickup-Baureihe des damaligen FCA-Konzerns (inzwischen Stellantis) schon einmal die Anhängelast-Krone. Doch dann überholten den dicken Ram erst die GM-Pickups und dann der erwähnte Ford. Das konnten die Pritschenwagen-Spezialisten natürlich nicht auf sich sitzen lassen und beauftragten ihren Motorenlieferanten Cummins damit, mehr Power zur Verfügung zu stellen. Und die Diesel-Experten gehorchten: Das maximale Drehmoment ihres bekannten, an eine Aisin-Sechsgang-Automatik gekoppelten 6,7-Liter-Turbodiesels stieg von maximal 1.356 auf höchstens 1.458 Newtonmeter. Um das zu bewerkstelligen, erhält der weiterhin 406 PS starke Reihen-Sechszylinder einen Lader mit variabler Turbinengeometrie und höhere Durchflussmengen im Kraftstoffsystem.

12/2020, 2021 Ram 3500 Heavy Duty Limited Crew Cab Dually
FCA North America
Im Bereich des Hecks zeigen sich Rahmen und Achse des 2021er Ram 3500 verstärkt.

Doch das allein reicht nicht, um die maximale Anhängelast von 15,9 auf gut 16,828 Tonnen (37.100 Pfund; die Stellen nach dem Komma werden noch wichtig) zu steigern. Der hintere Teil des Rahmens umfasst vollständig geschlossene Schienen, und der strukturelle Querträger der Hinterachse zeigt sich zum neuen Modelljahr aufgerüstet, um die erhöhte Anhängelast aufzunehmen. Sein volles Potenzial entfaltet der neue Ram 3500 allerdings nur mit der optional ab Werk angebotenen Sattelschlepperkupplung für die sogenannten Gooseneck (Schwanenhals)-Anhänger. Sie ist vollständig in den Rahmen integriert und umfasst alle nötigen Aufnahmen, Bolzenplatten und Mittelgussteile.

Der jetzt noch bulligere Dieselmotor und die verstärkte Heckpartie sind übrigens nicht die einzigen Neuerungen, von der die Heavy Duty-Baureihe aus dem Hause Ram profitiert. Die modellgepflegten Pickups, die noch in diesem Jahr zu den Händlern rollen, erhalten optional einen digitalen Innenspiegel. Der ist eigentlich ein Monitor und zeigt ein nach hinten gerichtetes Kamerabild, das einen Anhänger unsichtbar werden lässt. Das Zwölf-Zoll-Touchscreen-Infotainment-System ist nun mit Apple Carplay kompatibel; der Innenraum zeigt sich generell durch neue Materialien und Farben aufgehübscht.

Ford F-Serie Super Duty

Typisch amerikanisch sind natürlich auch die Maßeinheiten, in denen die Zugkraft der Pickups angegeben wird. Die metrische Entsprechung für die 37.000 amerikanischen Pfund, die der Ford Super Duty-Pickup maximal wegschleppt, lautet 16,783 Tonnen – 100 Pfund beziehungsweise 45 Kilogramm weniger als beim Ram 3500. Natürlich muss auch er entsprechend vorgerüstet sein, um derart viel wegschleppen zu können. Voraussetzung ist ebenfalls eine Sattelschlepperkupplung auf der Ladefläche, mit der Gooseneck-Anhänger gezogen werden. Die bekannten Fifth-Wheeler-Caravans können bis zu 32.500 Pfund (14,7 Tonnen) schwer sein, an die normale Anhängerkupplung lassen sich immerhin noch 24.200 Pfund (elf Tonnen) hängen. In dieser Kategorie übertrifft der Ford den Ram (23.000 Pfund respektive 10,4 Tonnen) übrigens weiterhin.

09/2019, 2020 Ford F-Series Super Duty
Ford
Leder und gebürstetes Aluminium: Selbst im Cockpit eines Ford F-450 kann es recht komfortabel zugehen.

Eine andere Notwendigkeit, um die ganz dicken Anhänger ziehen zu dürfen, ist das richtige Triebwerk. Es muss schon der Power Stroke-Diesel, ein 6,7-Liter-V8, im entsprechend konfigurierten F-450 installiert sein. Dieser Bulle von einem Motor leistet 482 PS und liefert ein maximales Drehmoment von 1.424 Newtonmetern, mit dem eine Zehngang-Automatik klarkommen muss. Der Ford-Diesel war der erste im Konkurrenzumfeld, der die magische Grenze von 1.000 ft.-lbs (1.356 Newtonmeter) brach, bis ihn nun der Cummins-Diesel im Ram übertraf. Auch der Power Stroke-Motor verfügt über ein verbessertes Einspritzsystem und eine variable Turbinengeometrie. Mit den Daten des Diesels halten weder der 7,3-Liter-Benziner (436 PS und 475 ft.-lbs, also 644 Newtonmeter) noch der 6,2 Liter-V8 mit. Ist der Ford-Pickup damit ausgerüstet, erreicht er aber interessanterweise seine maximale Nutzlast von 7.850 Pfund (3,6 Tonnen).

Chevrolet Silverado HD

Auch der Chevrolet Silverado HD war schon einmal Zugkraft-Champion; inzwischen ist er mit maximal 35.500 Pfund (16,1 Tonnen) nur noch die Nummer drei im Lande. Natürlich muss auch der Silverado optimal konfiguriert sein: Nämlich mit Regular Cab, also zweitürigem Fahrerhaus, Hinterradantrieb, Zwillingsreifen und Dieselmotor. Und selbstverständlich gelten auch die 35.500 Pfund des Silverado ausschließlich für Gooseneck-Trailer.

07/2019, Chevrolet Silverado Diesel
General Motors
Der Chevrolet Silverado HD nimmt bis zu 16,1 Tonnen an den Haken.

Rekordverdächtig klingen zwei andere Werte des GM-Pickups: Die große, acht Fuß lange Ladefläche bietet ein Fassungsvermögen von 2.365 Litern und damit deutlich mehr als die direkte Konkurrenz. Außer vom fast baugleichen GMC Sierra HD (siehe unten), mit dem sich der Silverado außerdem die Motoren und demzufolge die technischen Daten teilt. Die des Duramax-Turbodiesels lauten: 6,6 Liter Hubraum, 451 PS und maximal 1.234 Newtonmeter. Übertragen wird die Kraft von einer Zehn-Gang-Allison-Automatik. Etwas bescheidener lesen sich Zahlen beim ebenfalls erhältlichen 6,6-Liter-V8-Benziner: 407 PS und höchstens 629 Newtonmeter, die ein Sechsgang-Automat verwaltet.

GMC Sierra Heavy Duty

Bereits im Spätsommer 2018 fuhr der GMC Sierra Heavy Duty (HD) des Modelljahres 2020 vor. Er dürfte neben dem Schwestermodell Silverado die erste Wahl für die Hightech-Freaks unter den Pickup-Fahrern sein. Schließlich hat er ein Head-up-Display, das in der Diagonale 15 Zoll misst. Außerdem bis zu 15 Kameraansichten, deren Bilder so übereinandergelegt werden können, dass der Anhänger transparent wird und im Innenspiegel sowie auf dem Touchscreen zu sehen ist, was sich dahinter abspielt. Das kann eine echte Hilfe sein, denn so ein Trailer versperrt ja meist den Blick nach hinten. Optional gibt es eine Art Smart-Home-Funktion: Verfügt ein Wohnanhänger über die entsprechende Technik, lässt sich diese nicht nur mit dem Infotainmentsystem des Sierra, sondern über eine App auch mit dem eigenen Smartphone verbinden und fernsteuern.

01/2019, 2020 GMC Sierra 2500HD AT4
General Motors
So ein Heavy-Duty-Pickup wie der GMC Sierra 2500HD kann auch ganz brav und unscheinbar aussehen.

Wie auch der Silverado wuchs der Sierra beim Modellwechsel beträchtlich in alle Richtungen. 3,5 Zentimeter in die Breite, vier Zentimeter in die Höhe, gut 13 Zentimeter beim Radstand und mehr als 26 Zentimeter in der Länge. Mit Crew Cab und Standard-Ladefläche ist der Brummer dann ungefähr 6,35 Meter lang und 2,08 Meter breit. Wie bei der Konkurrenz ist Allradantrieb verfügbar, aber nicht serienmäßig.

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Fazit

Die Unterschiede zwischen den Konkurrenten im HD-Pickup-Segment erscheinen marginal. Und ob die technischen Entwicklung in die richtige Richtung geht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Schließlich scheinen Fiat-Chrysler, Ford und General Motors mit ihren dicken Dingern alles im Blick zu haben, nur nicht das Thema Kraftstoffeffizienz, geschweige denn irgendeine Art von Elektrifizierung. Dennoch ist es schlicht beeindruckend, dass diese Pritschenwagen dazu in der Lage sind, 18-Tonnen-Auflieger durch die Gegend zu ziehen. Wenn wir wetten müssten, dann würden wir darauf tippen, dass schon bald die 20-Tonnen-Marke fällt.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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