Ferrari F430, Lamborghini Gallardo
Italienische Sportler als Gebrauchtwagen

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Zum Preis eines neuen BMW M3 oder Mercedes C63 AMG locken auch ein gebrauchter Ferrari F430 oder Lamborghini Gallardo. 70.000 Euro für ein italienisches Vollblut - ein reizvoller Lustkauf ohne Reue oder eher doch ein unkalkulierbares Abenteuer?

Lamborghini Gallardo Coupé, Seitenansicht
Foto: Rossen Gargolov

Aktuell sind die Objekte der Begierde Ferrari F430 und Lamborghini Gallardo schon für unter 70.000 Euro zu bekommen. Kaum zu glauben, aber ein Blick in die Internet-Fahrzeugbörsen liefert den Beweis. Schließlich stehen beide Italo-Sportwagen für absolute Fahrdynamik und einen höchst emotionalen Auftritt. Als Neuwagen waren einmal zwischen knapp 140.000 und gut 150.000 Euro fällig.

Die Referenz in ihrer Klasse

Zum Beginn ihrer Karrieren stellten die Mittelmotor-Coupés die Referenz in ihrer Klasse: Mit Rundenzeiten auf der Nürburgring-Nordschleife anlässlichder sport auto-Supertests in den Jahren 2003 und 2006 von 7.52 Minuten (Gallardo) und 7.55 Minuten (F 430) markierten beide unmissverständlich ihr Territorium. Die Tatsache, dass der Ferrari trotz Sportreifen nicht an die Zeit des drei Jahre früher getesteten Lamborghini herankam, sorgt noch heute für hochgezogene Augenbrauen. Schließlich gelten die Renner aus Maranello traditionell als Inbegriff des Sportwagens, während sich der Gallardo als Einsteiger-Lambo seinen sportlichen Ruf erst erarbeiten musste. Das gelang ihm nicht zuletzt durch die technische Hilfe von Konzernmutter Audi umso eindrucksvoller. Einen Porsche Turbo (996) konnte er damals auf Anhieb in Schach halten.

Unsere Highlights

Die feinen Zutaten fernab schnöder Großserientechnik wie V10-Mittelmotor mit 500 PS, Alu-Spaceframe, Allrad und Doppelquerlenkerachsen sorgen für ein stimmiges Gesamtpaket, das sowohl auf der Rennstrecke als auch im Alltag für herzerwärmende Fahrerlebnisse sorgt. Nur zwei weitere Beispiele: Von null auf 200 km/h beschleunigte der Gallardo E-Gear im Supertest in 13 Sekunden. Topspeed auf der Döttinger Höhe: 283 Sachen.

Gebrauchtwagen unter 70.000 nicht vom Vertragshändler

Und heute? Gallardo Nummer eins wurde von 2003 bis 2008 gebaut. Frühe Coupés rangieren unterhalb der 70.000-Euro- Schwelle. Die Angebote stammen von Privatleuten oder freien Gebrauchtwagenhändlern. Auch direkt aus Italien sind einige Autos im Netz. Ermächtigt durch die neuen, von Staatschef Mario Monti erlassenen Gesetze, spürt die italienische Steuerfahndung verstärkt nach Besitzern von Luxusfahrzeugen und vergleicht deren Wert mit dem versteuerten Einkommen. Dem Vernehmen nach bekamen nicht wenige Italiener eiskalte Füße und wollen sich nun in Lichtgeschwindigkeit von ihren Lamborghini, Ferrari, Porsche, Bentley und AMG trennen. Rosige Zeiten für Gebrauchtwagenkäufer, sollte man meinen.

Aber ohne Sprachkenntnisse aufbrechen, um einen Supersportwagen zu kaufen, dürfte kaum jedermanns Sache sein. Nicht zu unterschätzen ist auch das Risiko, einem Betrüger auf den Leim zu gehen. Immer wieder werden gestohlene Autos angeboten, oder solche, die sich noch im Leasingvertrag befinden. Diese werden zuerst mit gefälschten Papieren veräußert und nach dem Verkauf als gestohlen gemeldet. Um derartigen Betrügern aus dem Weg zu gehen, könnte ein deutscher Händler die Lösung sein.

Blue Cars in München hat einen schwarzen Lamborghini Gallardo mit 49.000 Kilometern und seltener Klick-Klack-Handschaltung auf dem Hof stehen. Der freie Autohändler will 69.900 Euro dafür. „Winterpreis“, wie Inhaber Cüneyt Sungur betont. Das 2004er Modell stammt „von einem befreundeten italienischen Händler. Er bekommt ihn aus bekannten Gründen nicht los“, fügt er mit verschmitztem Lächeln hinzu. Gebrauchtwagen-Garantie? Eher nicht. Die letzte Inspektion bei 39 000 Kilometern wurde vor drei Jahren bei Lamborghini Roma durchgeführt.
 
Das Auto macht einen etwas ungepflegten Eindruck: Steinschlagschäden an der Front, verchromte Felgen in 1b-Ausführung - aber gute Reifen. 30 Minuten später auf der Autobahn München - Stuttgart: „Gib Gas, jetzt ist frei“ ruft Sungur, und der Lamborghini Gallardo beschleunigt satt röhrend und fix auf Tacho 270. Aber: Bevor man mit ihm auf die Rennstrecke geht, sollte die große Inspektion inklusive Fahrwerkscheck erledigt sein, denn beim Beschleunigen zieht das Auto nach rechts. Schuld kann der Kontakt mit Bordstein oder Curbs sein, der die Hinterachsspur verstellt.

Überraschung beim gebrauchten Lamborghini Gallardo

Weitere Überraschungen, die für alle gebrauchten Lamborghini Gallardo gelten: Die Elektronik ist anfällig. Anhand von Rechnungen sollten Interessenten prüfen, ob die Serviceaktionen in puncto Servolenkung abgehakt wurden. Nur der Lamborghini-Händler kann die Kupplung des E-Gear-Getriebes prüfen. Zu häufige Starts mithilfe der Launch Control können sie ruinieren. Sandro Sinigaglia, Serviceleiter von Lamborghini Stuttgart: Vom Werk sind nur Pirelli-Reifen zugelassen - und sie müssen die L-Kennung haben.“ Das empfehlenswerte Lifting-System an der Vorderachse kam erst 2006. Den Unterboden auf Schäden zu kontrollieren kann bei frühen Baujahren also nicht schaden.

Ortswechsel: Baierbrunn südlich von München. Hohe Sportwagen- und SUV-Dichte, viele große Villen auf noch größeren Grundstücken. Das ideale Umfeld für AS Sportwagen, sie offerieren neben zahlreichen anderen Preziosen einen gebrauchten Ferrari F 430 F1 von 2006 aus zweiter Hand mit 48.000 Kilometern, Keramikbremse und rotem Interieur. Preis: 69.800 Euro. „Das Auto war zuerst in Italien zugelassen, der zweite Besitzer ist Deutscher“, so Inhaber Peer Petersen über das scheckheftgepflegte Auto, dessen letzte Inspektion erst 5.000 Kilometer zurückliegt.

Phonstark der hochdrehende 4,3-Liter-V8

Bis auf abgescheuertes Leder am linken Schalensitz ist der gebrauchte Ferrari in einem optisch guten Zustand - was er auch fahrdynamisch unter Beweis stellt. Knackig das Handling, reaktionsschnell das F1-Getriebe und phonstark der hochdrehende 4,3-Liter-V8 mit 490 PS. Einmal warmgefahren, tobt der rote Zweisitzer mit entfesselter Drehfreude auf der Autobahn. Abgesehen von der bestialisch zupackenden Keramikbremse begeistert die Mischung aus unglaublichem Leistungswillen, überraschendem Federungskomfort und höchster Präzision.
 
Im 2006er Supertest absolvierte der nur 1.493 Kilogramm schwere Hecktriebler Ferrari F 430 F1 den Sprint auf Tempo 200 in 12,6 Sekunden und damit einen Hauch schneller als der Kilogramm schwere Gallardo. Zudem gefiel der Ferrari durch exzellente Fahrbarkeit auf der Rennstrecke - auch ein Verdienst der abgestellten Lastwechsempfindlichkeit seiner Vorgänger 360 Modena und 355. Im Gegensatz zu diesen verzichtet der Achtzylinder-Saugmotor des F 430 auch auf den antiquierten Zahnriemen für die vier obenliegenden Nockenwellen und vertraut auf einen Kettenantrieb. Kaum überraschend, dass die Wartungskosten dadurch günstiger wurden. Auch wenn sich die Tarife bei Autos dieser Couleur immer noch in anderen Spähren bewegen, als Otto Normalbürger gewohnt ist.

Auffälligkeiten bei gebrauchten Ferrari F430

Wo liegen die technischen Auffälligkeiten bei gebrauchten Ferrari F430? Petersen, der zahlreiche Leasing-Rückläufer von Ferrari Financial Services vermarktet, weiß, „dass die Krümmer Risse bekommen können, wenn das Auto nur im Stadtverkehr bewegt wird und dann gleich wieder in die Waschanlage gefahren wird.“ Rund 2.500 Euro sind für diesen Eingriff fällig. Vorsicht auch bei Zubehör-Rädern und breiteren Reifen: Sie sorgen für ausgeschlagene Querlenkergelenke. Defekte Türkontaktschalter können die Batterie ruinieren.
 
Harald Osing, Serviceleiter bei Ferrari Gohm: „Probleme gibt es zuweilen mit Metallspänen im Öl von Getriebe und E-Diff.“ Auch hier kann der exzessive Gebrauch der Launch Control schuld sein. Spätestens bei diesem Punkt dürfte eine freie Werkstatt überfordert sein, wenn sie diesen Punkt für den Käufer identifizieren will. Ungemein beruhigend, wenn der gebrauchte Ferrari nicht nur für Emotion pur sorgt, sondern beim Kaufabschluss auch eine Garantie bietet. Bei AS Sportwagen ist eine Werksgarantie von Ferrari gegen Aufpreis möglich.

Apropos kaufen: Beide Autos sind mittlerweise mit unter 70.000 Euro gleich günstig. Der zu Beginn seiner Markteinführung teurere Ferrari hat sich nach einem Spekulations-Hoch vor sechs Jahren auf dem Niveau des Lamborghini eingependelt. Beide Supersportler bieten aktuell ein exzellentes Preis-Leistungsverhältnis. Die offenen Varianten rangieren um mindestens 17.000 Euro (Lamborghini Spyder) respektive 9.000 Euro (Ferrari Spider) über den entsprechenden Coupés. Die begehrten Sondermodelle wie F430 Scuderia oder Gallardo Superleggera verlangen nach einer noch dickeren Brieftasche.

Beide Italiener haben ihren besonderen Reiz

Genug philosophiert. Welchen nehmen? Beide Italiener haben ihren besonderen Reiz, sind aber charakterlich nicht so verschieden, wie sie optisch wirken. Hohe Alltagstauglichkeit gehört genauso zu den Stärken von Ferrari und Lamborghini wie der exaltierte Auftritt und die fahrdynamische Zugehörigkeit in die höchste automobile Liga. Letztlich zählt wie so oft der persönliche Geschmack.
 
Zum Parallelslalom taugt der allradgetriebene Gallardo fraglos besser - wenn man seinen Supersportler im Winter tatsächlich bewegen möchte, statt ihn, wie die meisten Besitzer, stillzulegen und auf den Frühling zu warten.

Technische Daten
Ferrari F 430 4.3 V8 Lamborghini Gallardo 5.0 V10
Grundpreis169.600 €142.100 €
Außenmaße4512 x 1923 x 1214 mm4300 x 1900 x 1165 mm
Kofferraumvolumen250 l110 l
Hubraum / Motor4308 cm³ / 8-Zylinder4961 cm³ / 10-Zylinder
Leistung360 kW / 490 PS bei 8500 U/min368 kW / 500 PS bei 7800 U/min
Höchstgeschwindigkeit316 km/h309 km/h
0-100 km/h4,0 s4,0 s
Verbrauch18,3 l/100 km19,5 l/100 km