Tucson und Grandland X im Gebrauchtvergleich
Das sind die Stärken und Schwächen der Familien-SUV

Ihr Erfolg gibt ihnen recht: Kompakte SUV gehören seit Jahren zur beliebtesten Wahl für Familien. Clever gemachte Innenräume passen allen, denen die Golfklasse zu klein und ein echter Kombi zu groß erscheint. Zwei gute Beispiele sind Hyundai Tucson und Opel Grandland X als junge Gebrauchtwagen.

Hyundai Tucson 2.0 CRDi, Opel Grandland X 2.0 D, Exterieur
Foto: Max Balazs

Die einen sagen, sie sind nicht Fisch und nicht Fleisch, die anderen sitzen vor der Speisekarte und können sich einfach nicht entscheiden – schließlich soll im Idealfall ja die ganze Familie glücklich werden. Ist ein kompakter Fünftürer zu klein und ein Mittelklasse-Kombi zu groß, erfüllt ein Kompakt-SUV in der Regel alle Platzanforderungen und passt dabei auch noch höchst modisch in jede Reihenhaussiedlung. Einstige SUV-Tugenden wie Zugkraft, Bodenfreiheit oder Allradantrieb werden dafür nicht gebraucht, stattdessen liegt der Trumpf bei der Effizienz in Raumnutzung und Antrieb. Klingt komisch, verkauft sich aber auch auf dem Gebrauchtmarkt wie warme Semmeln. Wer gut und günstig unterwegs sein will, kann zu den nicht mehr ganz aktuellen Varianten des Hyundai Tucson oder des Opel Grandland X greifen.

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Der Opel Grandland X (Typ A, Generation 1) im Detail:

Nach dem Erscheinen des kleineren Crossland X 2017 ist der deutlich größere Grandland X das zweite Modell im Opel-Portfolio, das gänzlich unter PSA-Ägide entstand. Das ist deutlich spürbar. Einerseits genießen die Insassen ein luftigeres Raumkonzept, als es je bei vergleichbaren GM-Opel der Fall war, andererseits fehlt dem stets fünfsitzigen Kompakt-SUV ein wenig Ingenieursgeist, der bis dato manch ein Opel-Modell aufwertete. Wo einst fast immer ein ausgefeilt fein gemachter Fahreindruck herrschte, gibt sich der Grandland bei flüchtiger Betrachtung wie gefühlt jeder andere Peugeot. Die Abstimmung des Fahrwerks gelang zwar insgesamt brauchbar, aber auch etwas indifferent. Das meiste Gefühl vermittelt die angenehm direkte Lenkung. Sportsgeist ist ihm (aber auch dem Tucson) eher fremd, als das gemütliche Dahingleiten. Hier profitieren die Insassen von guten Sitzen, adäquaten Materialien und akzeptablen Lösungen in Puncto Übersichtlichkeit und Bedienkomfort. Seit Sommer 2021 verlor der Grandland übrigens das X im Namen, blickt dafür aber mit einer stark modernisierten Frontpartie drein. In dieser Form wird er bis heute gebaut, während beim Hyundai seit September 2020 ein Nachfolger parat steht.

Opel Grandland X
Dino Eisele
Im Cockpit, aber auch in allen anderen Ecken seines Interieurs glänzt der Opel Grandland X mit einem üppigen Platzangebot.

Stärken des Opel:

Die beliebte Kombination aus Dieselmotor (übrigens immer mit Euro 6) und der Achtstufen-Wandlerautomatik ist hier die klare Empfehlung. Die Antriebe, egal ob 1,5, 1,6, oder 2,0 Liter, laufen angenehm ruhig und liefern je nach Leistungsstufe den überwiegend souveräneren Eindruck als die Diesel im Tucson. Zudem sind sie erfreulich sparsam: Bei annähernd gleichen Fahrleistungen schafft es der Opel oft mit mehr als einem Liter weniger über 100 Kilometer. Je nach Antrieb liegt das am Gewichtsvorteil. Der Opel ist mitunter bis zu 200 Kilo leichter als der Hyundai. Auch wenn im Gegensatz zum Hyundai beim Diesel stets ein Zahnriemen verbaut ist, der nach maximal 180.000 Kilometern zu wechseln ist, gelten die Selbstzünder als robust und zuverlässig.

Opel Grandland X (2018)
Opel
Selbst wenn ihr Elektronikhirn manchmal etwas bockig wirkt, ist die Automatik im Opel klar dem unschön bedienbaren Schaltgetriebe zu bevorzugen.

Ansonsten liegt die Stärke des Opel klar im Raumangebot – auch wenn der Hyundai hier beinahe mithält. Statt 513 Liter im Tucson, packt er fünfsitzig immerhin 540 Liter ein. Wer die Bank umklappt, landet bei 1.652 statt 1.503 Litern. In beiden Sitzreihen geht die Raumaufteilung im Grandland mit einer im Vergleich eher aufrechten Sitzposition einher.

Wer gern zeitweise elektrisch fährt, greift ebenfalls zum Opel. Nur er bietet seit Sommer 2019 ein gut funktionierendes Plug-in-Hybridsystem. Nur auf diese Weise (sprich, mit einem E-Motor im Heck) gibt es im Grandland die Option auf Allradantrieb.

Schwächen des Opel:

Wie bereits erwähnt, fehlt ihm hier und da die Finesse, mit der uns manche frühere Opel-Modelle erfreuten. So findet sich unter den Benzinern in der Regel der Pure-Tech-Dreizylinder mit 1,2 Litern Hubraum. Ihn kennen wir aus unzähligen anderen Modellen aus Frankreich. Zwar trommelt er emsig los und besitzt das Drehmoment, um innerorts nicht ganz untermotorisiert zu wirken, doch richtig standesgemäß geht es angesichts der rund 1,5 Tonnen Leergewicht nicht voran. Verstärkt wird der unterwältigende Eindruck durch das lustlos gemachte Schaltgetriebe, in dem sich Gänge nur anhand vager Schätzungen finden lassen. Wer gern Auto fährt, hat daran keinen Spaß. Warum wir diesen Antrieb so abstrafen? Nun, er käme besser weg, wenn er zumindest problemlos haltbar wäre. Ähnlich wie beim Ford-Eco-Boost-Dreizylinder läuft sein Zahnriemen im Ölbad. Zwar neigt er bei Verwendung falscher Ölsorten nicht zum sofortigen Exitus, dafür genügt aber bereits übermäßiges Kondensat (Kurzstreckenverkehr) oder zeitliche Nachlässigkeit beim Service zur Auflösung der äußersten Gummischicht. Die sammelt sich dann im Sieb der Ölpumpe, sorgt für eine unzureichende Schmierung und somit zum allmählichen Motorschaden.

Opel Grandland X (2018)
Opel
Kleiner Motor im großen Auto: Das sieht duster aus. Der PureTech-Dreizylinder-Benziner ist mit dem aktuell größten Opel zwar nicht überfordert, aber fast. Zudem plagt ihn eine Achillesferse in der Ölversorgung, die zum Motorschaden führen kann.

Die stärkeren 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner sind ebenfalls riemengetrieben, haben aber zumindest einen besseren Ruf. Im Vergleich glänzen sie aber auch nicht unbedingt mit Elan – allenfalls durch optionale Hybridunterstützung. Wirklich gut ist er also nur als Diesel mit Automatik, auch wenn es hier gelegentlich eines Resets oder eines Updates bedarf, um die Harmonie beim Schalten zu gewährleisten.

Der Hyundai Tucson (Typ TL, Generation 3) im Detail:

Als der Tucson wieder Tucson hieß, – also nach dem bis 2015 gebauten Vorgänger ix35 – erntete er schon zu seinem Debüt eine Menge verdienten Lobes. Wie bei kaum einem Koreaner zuvor entfielen in den Testberichten die bis dato häufigen Relativierungen "für einen Hyundai". Der Tucson war und ist ein durchweg gutes Auto, das mit hoher Fertigungsqualität und einer soliden Machart gefällt. Parkt er neben dem Opel Grandland X, wird das schnell durch die selbstbewusstere Optik deutlich, und mehr noch durch Eigenschaften wie ein sattes Türgeräusch, enge Spaltmaße oder die von Haus aus meist umfangreichere Ausstattung. Innen gibt er sich dagegen kantiger, vielleicht auch gedrungener. Dennoch bietet er vorn wie hinten auch Großgewachsenen ein üppiges Platzangebot in entspannter Sitzhaltung, mit einem luftigen Raumgefühl.

Hyundai Tucson 2.0 CRDi, Exterieur
Max Balazs
Gediegen durch die Gegend rollen - das gelingt im Tucson großartig. In der Summe seiner Eigenschaften erfreut er am meisten durch sein ausgeglichenes Wesen ohne echte Schwächen.

Die Stärken des Hyundai:

Hyundai versteht es, Autos zu bauen, die bei Käufern und Testern gleichermaßen Anklang finden. Das gelingt größtenteils nicht etwa durch innovative Glanzleistungen, oder emotionale Sondermodelle, sondern durch die schlichtweg gute, praxistaugliche Ausführung relevanter Bereiche. Die Logik von Instrumenten und Infotainment ist absolut klar, die Ergonomie passt gut, und alle Bedienelemente liefern hochwertiges Feedback. Die Materialien sind dort hochwertig gewählt, wo es drauf ankommt. Höchstens im Kofferraum würde man sich einen etwas feineren Teppich wünschen. Das Auto verströmt Hochwertigkeit.

Hyundai Tucson N-Line 2019
Hyundai
Alle Motoren im Hyundai nutzen eine robuste Steuerkette. Selbst wenn kein Ausbund an Temperament unter ihnen schlummert, herrscht angenehme Gewissheit über eine lange Haltbarkeit der Hyundai-Motoren.

Auch die Antriebe lassen sich mit obengenanntem beschreiben. Unter den ruhig laufenden Triebwerken verbirgt sich zwar kein Temperamentbolzen, doch gelten sie dafür ausnahmslos als solide, haltbar und dank robuster Steuerketten auch nicht allzu wartungsintensiv. Optional gibt es Allradantrieb für die meisten Motoren. Wer ein jüngeres Exemplar erwischt, genießt zudem selbst als Gebrauchtkäufer noch einen stattlichen Rest der fünfjährigen Hyundai-Herstellergarantie.

Die Schwächen des Hyundai:

Nur selten ist der Tucson die sparsamste Wahl unter den kompakten SUV. Der breitschultrig antretende Zweiliter-Diesel mit 185 PS kam bis Sommer 2018 optional mit einer Sechsstufen-Wandlerautomatik. Die arbeitet zwar angenehm sanft, sorgt aber immer wieder für Verbräuche im Bereich von gut acht Liter. Das muss nicht sein. Die vernünftigere Wahl sind die kleineren 1,6er, die sowohl mit angenehm präzisen Schaltgetriebe daherkommen, als auch mit einer Doppelkupplungsautomatik. Die ist zwar im Alter haltbarer als die Äquivalente des VW-Konzerns, dafür aber manchmal ähnlich stolperig. Vereinzelt hört man von Schaltgetrieben, die aufgrund defekter Synchronringe zunächst störrisch und schließlich unbrauchbar werden. Hier besser Hyundai aber kulant nach. So bleiben uns als Empfehlung alle 1,6-Liter-Vierzylinder – auch weil Hybridfreunde beim Tucson leer ausgehen.

Hyundai Tucson Hybrid
Hyundai
Tucson Hybrid - klingt gut? Schon, gibt es aber so erst im 2020 erschienenen Nachfolger. Das hier behandelte seit 2015 gebaute Modell kommt noch gänzlich ohne E-Angebote daher.

Fahrdynamisch setzt der Tucson voll auf Sicherheit. Brav, aber auch recht früh geht er ins Untersteuern, während das spurtreue Heck keinerlei Eigeninitiative zeigt. Klar ist so ein Familien-SUV nicht zum wilden Wieseln da, aber wenigstens etwas Lenkfeedback wäre wünschenswert. Zumindest fährt er gemütlich.

Kaufvergleich: Welchen nehmen?

Wie so oft, lässt sich diese Frage erst unter Betrachtung des Käufers, beziehungsweise dessen Nutzungsabsichten triftig beantworten. In den meisten Szenarien hat allerdings der Hyundai die Nase vorn. Das beginnt bereits bei Käufern, die auf einen Benziner setzen. Hier hat der Crossland nichts im Angebot, was dem Tucson in Sachen Haltbarkeit oder Abstimmung das Wasser reichen kann. Auch wer am liebsten selbst schaltet, sollte zum Hyundai greifen. Die taube Schaltbarkeit des PSA-Getriebes genügt, um den ansonsten guten Fahreindruck des Crossland nachhaltig zu versalzen.

Hyundai Tucson 2.0 CRDi, Opel Grandland X 2.0 D, Exterieur
Max Balazs
Wohin die Fahrt geht, entscheidet am Ende wie so oft der Geschmack.

Automatikfreunde mit Jahresfahrleistungen im Diesel-Bereich können dagegen sehr wohl nach einem guten Opel-Angebot suchen. Durch den sehr guten Ruf des Hyundai entsteht nämlich auch ein gewisser Preisunterschied, der den Grandland – je nach Angebot – zum schlaueren Kauf machen kann.

Beide Autos eignen sich übrigens gut zum Ziehen kleinerer Anhänger. Auf bis zu 2.200 Kilo Anhängelast schwingt sich der Hyundai auf. Immerhin 2.000 sind es beim Opel. Dafür bietet letzterer stets das "zugfestere" Wandlerautomatikgetriebe, während die meisten Tucson-Fahrer im Stau am Brenner ab und zu an den Verschleiß ihres Doppelkupplers denken müssen.

Fazit

Wer an den Kauf des nächsten Familien-Gebrauchtwagens ganz nüchtern herantritt, weiß nun, auf welche Punkte es zu achten gilt, und kann auf die Weise das beste Angebot finden. Spielen Emotionen doch eine Rolle – das kennen wir nur zu gut – dann ist vor dem Kauf dringend eine Probefahrt beider Autos angesagt, weil sie sich charakterlich stark unterscheiden. Für den einen ist der Opel Grandland X eine entspannende Wohlfühlzone, für den anderen nur ein ambitionsloses Retortenauto aus dem PSA-/Stellantis-Großkonzern. Um einen Großkonzern handelt es sich freilich auch bei Hyundai-Kia, doch gelingt es dort, ein insgesamt schlüssigeres Auto zu bauen.