Gebrauchtwagencheck Mini
Kannste kaufen? Geht nicht kaputt?

Kann ein Retro-Car und reines Spaßmobil wie der Mini wirklich solide sein? Schließlich sind dessen Vorfahren und Kumpane wie Fiat 500 oder VW Beetle stets am hinteren Ende der Zuverlässigkeits-Statistiken zu finden. Nicht so die F-Baureihe des Mini – die schafft sogar den Sprung aus der Spielzeugecke zum echten Vernunftkauf.

Mini? Kannste kaufen, geht nicht kaputt. Halt, so schnell wollen wir nicht spoilern. Schließlich gibt es von den Anfang 2014 eingeführten Mini der F-Serie vier verschiedene Modelle. Und da haben wir den Countryman, also den kompakten SUV, noch gar nicht mitgezählt. Alle Varianten eint, dass sie auf der BMW-Frontantriebs-Architektur basieren, der UKL-Plattform. Das ist kein kompliziertes denglisches Satzkonstrukt, denn UKL steht schlicht für "untere Klasse".

Das große Gebrauchtwagen-Spezial

Wobei es davon zwei Varianten gibt: UKL1 dient als Basis für die reinen Fronttriebler, also den F56 (Dreitürer), den F55 (Fünftürer) und den F57, das Cabrio. UKL2 hingegen erlaubt auch Allradantrieb. Wie beim Clubman (F54). Außerdem stehen Countryman und diverse Einer- und Zweier-BMW ebenso auf der UKL2, aber die sind hier nicht das Thema.

Karosserie: Klein muss sie sein

Befassen wir uns also zuerst einmal mit den Unterschieden zwischen den einzelnen Mini-Modellen. Meistverkaufter ist der Dreitürer. Der sieht nicht nur so aus, sondern fährt auch wie der Ur-Mini. Bedeutet: ansatzloses Einlenken, etwas hibbeliger Geradeauslauf und nur so viel Federungskomfort, dass niemandem die Plomben rausfallen. Miesepeter stimmen in Hinblick auf frühere Baureihen nun wieder das Lied von "zu groß, zu schwer" an.

Da ist sicher was dran, aber die Menschen werden halt auch immer größer und dicker. Und die passen sehr gut in den kleinen Mini, jedenfalls vorn. Aber was das Gewicht betrifft: Ja, der Mini wiegt einen bis zwei Zentner mehr als vergleichbare Kleinwagen – die es eigentlich gar nicht gibt –, die man auch spürt. Alles wirkt sehr handfest und solide zusammengefügt, Knarren und Quietschen aus den Tiefen der Karosserie gibt es im Mini nicht. Übrigens auch nicht im Cabrio, das für eine Oben-ohne-Konstruktion ebenfalls sehr steif gebaut ist.

Mini F53 Gebrauchtwagencheck 9/23
Sven Krieger
So wie hier, als Dreitürer, wurde und wird der Mini am häufigsten verkauft. So wirken auch die Proportionen noch am stimmigsten. Die lange Nase vor der Vorderachse ist der Crashsicherheit geschuldet.

Wer etwas mehr Platz benötigt oder gelegentlich auch mal zu viert auf Tour gehen möchte und dafür auf ein wenig Agilität im Handling pfeifen kann, hat gleich zwei Alternativen. Zum einen den Fünftürer, dessen 72 Millimeter mehr Radstand zur Gänze dem Platz vor den Rücksitzen zugutekommen. Mit seiner großen, nach oben öffnenden Heckklappe ist er von allen Familienmitgliedern der golfigste Mini. Zum anderen gibt es den Clubman mit nochmals drei Millimetern mehr Achsabstand und der zweiflügeligen Hecktür als Markenzeichen. Praktischen Sinn macht sie, außer vielleicht in sehr niedrigen Garagen, zwar nicht, aber es ist eine Schau, wenn die Split Doors nacheinander automatisch öffnen – vorausgesetzt, es ist der optionale Komfortzugang an Bord.

Innenraum: Die Ausstattung macht's

Womit wir kurz die Extras streifen wollen. Nur so viel: Es gibt so ziemlich alles, was es auch in größeren BMW gibt – und noch viel mehr. Denn jeder Mini ließ sich optisch in bisher unbekanntem Ausmaß individualisieren. Von der Farbe des Dachs über die Spiegelkappen bis zu den Lüftungsrosetten drinnen konnten sich Neukäufer geschmacklich frei austoben. Etwas knickerig: In der ersten Liste vom November 2013 war bei einem Grundpreis von 19.700 Euro noch nicht mal eine Klimaanlage enthalten, schließlich sollten noch diverse Ausstattungspakete unters Volk gebracht werden. "Pepper" enthielt für 1.200 Euro nicht nur eine Klimaautomatik, sondern auch Beifahrersitz-Höhenverstellung, Veloursmatten, Nebelscheinwerfer, Regensensor oder Bordcomputer. Darunter rangierte "Salt", darüber "Chili", da steckten dann bereits LED-Scheinwerfer, Sportsitze in Stoff-Leder-Kombination und – je nach Motorisierung – Aluräder mit 16- oder 17-Zoll-Durchmesser drin. Wobei sich die Bestandteile der Pakete mit den Jahren ebenso änderten wie die Motorenpalette. Seit Juli 2022 sind beispielsweise LED-Scheinwerfer Serie und die schwächeren Motorisierungen mit dem Mini One aus dem Programm geflogen.

Mini F53 Gebrauchtwagencheck 9/23
Sven Krieger
Schon ohne allzu viele Extras ist der Innenraum, guter Qualität und hübschem Design sei Dank, ein sehr angenehmer Ort. Der teutonische BMW-Einfluss sorgt zudem für prima Ergonomie und langstreckentaugliche Sitze.

Motoren: Klein, quirlig, haltbar

Doch wie ist es denn nun um die Haltbarkeit des Mini bestellt? Geht da wirklich nichts kaputt? Na ja, zumindest zu Beginn ging sogar ziemlich viel kaputt. Ganze Motoren der damals neuen Dreizylinder-Baureihe B38 wurden reihenweise gewechselt, denn da war dieses Ding mit dem Kurbelwellen-Axiallager.

Das sorgt dafür, dass die Kurbelwelle sich nicht in Längsrichtung bewegen kann, ist mit wenigen Hundertstelmillimetern Spiel eingepasst. Und weil jeder Tropfen Sprit zählt, wählten die Ingenieure dafür ein sogenanntes Halblager. Das umgreift die Lagerstelle an der Welle nur zu 180 Grad, verursacht so weniger Reibung. Nun muss dieses Axiallager aber auch die Ausrückkraft der Kupplung aufnehmen. Standen Fahrer permanent auf dem Pedal, um an der Ampel das Start-Stopp-System auszutricksen und ein Abstellen des Motors zu verhindern, fraß das Lager recht schnell. Doch BMW/Mini reagierte rasch, verbaute ab April 2015 Kurbelgehäuse mit 360-Grad-Lager. Davor gefertigte Motoren sollen laut Mini zu 97 Prozent überarbeitet oder ausgetauscht sein, für den Rest verspricht die Presseabteilung im Schadensfall großzügige Kulanz. Es war die einzige nennenswerte Schwachstelle.

Mini F53 Gebrauchtwagencheck 9/23
Sven Krieger
Die kleinen Dreizylinder mögen mikrig aussehen, gehen aber stattlich zur Sache. Eine tolle Kombination aus Fahrspaß, Sparsamkeit und langer Lebensdauer.

Davon abgesehen laufen die Drei- und Vierzylinder der B-Serie-Motoren völlig problemlos. Wobei die Diesel – wie bei BMW – von dem immer wieder aufflackernden Dauerrückruf der undichten AGR-Kühler betroffen sind. Wer also einen Diesel mit unerklärlichem Kühlwasserverlust besitzt, klärt das besser mit der Werkstatt, bevor Motor und Mini in Flammen aufgehen. Und bevor jetzt die Frage auftaucht: Ja, sogar der Steuerkettentrieb macht keinen Ärger. Der befindet sich zwar wie bei den einst kritischen BMW-Motoren ebenfalls an der Abtriebsseite des Motors, ist aber betont unauffällig.

Selbst beim Cooper D von Peter Kirchhoff, der auf seinem Weg zu einer Million Kilometern regelmäßig in den sozialen (Auto-)Medien auftaucht, wurde die Kette erst nach 527.000 Kilometern erneuert. Inzwischen steht sein Tacho übrigens jenseits der 700.000, ohne weitere besondere Vorkommnisse. Allerdings sagt der angegebene Durchschnittsverbrauch von 2,95 Litern auch einiges über Kirchhoffs Fahrweise aus, aber 300.000 Kilometer sollte die Kette bei artgerechter Haltung überstehen.

Getriebe: Gut zur Hand

Auch die Kraftübertragung gibt sich langlebig, unabhängig ob Handschaltung oder Automatik. Bei Letzterer liegt der Anteil übrigens bei rund 60 Prozent, und man sollte sich den Januar 2018 merken. Zu diesem Zeitpunkt wurde die kultivierte Sechsgang-Wandlerautomatik von Aisin durch einen Siebengang-Doppelkuppler ersetzt. Bei den stärkeren Modellen jedoch nur für wenige Monate, ehe wiederum jener Achtgangwandler Einzug hielt, mit dem der John Cooper Works GP mit 306 PS sowie die stärkeren Clubman seit Produktionsbeginn ausgeliefert wurden.

Mini F53 Gebrauchtwagencheck 9/23
Sven Krieger
Rührend: Handgeschaltet mit angenehm verbindlichen Feedback macht der Mini am meisten Spaß. Auch die Automaitkversionen gefallen aber mit hervorragender Abstimmung.

Fahrwerk: Die Paradedisziplin

Mini fahren ist die freudige Erwartung der nächsten Kurve, die er nahezu ohne erkennbare Seitenneigung verblüffend fix umrundet. Selbst bei Nässe – wie hier – mit beeindruckender Bodenhaftung. Erst jenseits der Vernunftgrenze stellt sich zartes Untersteuern ein. Klar, wer dieses ambitionierte Fahrverhalten liebt, sollte sich auf einige Einbußen im Federungskomfort einstellen. Das fällt allerdings selten wirklich störend auf, zumal sich der Mini hier gegenüber seinen beiden modernen Vorgängern – und erst recht gegenüber dem Ur-Mini – sehr gebessert hat. Richtig feinsinnige Sportsgeister dürften noch die wenig mitteilsame Lenkung mit leicht synthetischem Gefühl bemängeln. Dem Laien wird das geradezu abgedroschen oft bemühte Wörtchen "Go-Kart-Feeling" vermittelt, der Profi wünscht sich eine Idee mehr Authentizität.

Mini F53 Gebrauchtwagencheck 9/23
Sven Krieger
Das Fahrwerk möchte dieselbe Kanonenkugeligkeit wie die Optik des Mini vermitteln. Den Kampfgeist früherer Modelle lässt es aber zugunsten eines etwas seriöseren Fahreindrucks vermissen.

Mängel: Kaum etwas zu mäkeln

Doch wenn nun alles so super haltbar ist beim Mini, weshalb liefert er dann bei der Hauptuntersuchung nicht in allen Punkten perfekt ab? Tatsächlich zeigt die Mängelstatistik der GTÜ zwei Schwerpunkte: die hintere Bremse und die Scheinwerfer. Wobei das Auto nun wenig dafür kann, wenn es mit defekten Lampen zur HU vorgeführt wird. Oder mit leuchtender Warnlampe des Reifendruckkontrollsystems. Mitunter sogar – wirklich wahr – ohne Sensoren in den Rädern. Typische HU-Mängel bei Mini sind indes zerbröselnde Anschlagpuffer auf den hinteren Stoßdämpfern und – Vorsicht, Falle – abgelaufene Gasfedern der aktiven Motorhaube.

Mini F53 Gebrauchtwagencheck 9/23
Sven Krieger
Dass der Motor aufgrund des zu schwach konstruierten Axiallagers in die Knie geht, kommt kaum noch vor. Mini stellte das Bauteil schnell um und rüstete ältere Modelle fast flächendeckend nach.

Ein Mini als Vernunftauto? Ja, warum denn nicht! Wer sich mit dem minimalistischen Raumangebot arrangieren kann und nicht mehrmals jährlich Langstrecken zurückzulegen hat, dürfte mit dem unverwechselbaren Kleinwagen viel Spaß haben. Denn sein Fahrverhalten ist einzigartig, technische Probleme sind hingegen selten. Die gravierendsten Schwierigkeiten, mögliche Motorschäden an den B38-Dreizylindern, stellte BMW umgehend und kulant ab. So zählt nun bei der Hauptuntersuchung die meist unterforderte hintere Bremse zum größten Problembereich. Gefolgt von den Scheinwerfern, die zu oft mit fehlerhafter Einstellung oder defekten Leuchtmitteln vorgeführt werden. Lästig: Das Kreuzgelenk in der Lenksäule beginnt recht früh zu knacken, ist aber schnell getauscht. Das war es schon mit Mängelschwerpunkten, der Rest ist normaler Verschleiß.

Preise: Selbstbewusst aber bezahlbar

Klarer Favorit bei den Neuzulassungen ist derzeit der klassische Dreitürer, rund 44 Prozent entfallen auf ihn. Dann folgt auch schon das Cabrio mit einem Anteil von 16 Prozent. Dicht dahinter sortiert sich mit 15 Prozent der Fünftürer ein, und der Clubman kommt auf zwölf Prozent. Wer nun nachrechnet, stellt fest, dass noch 13 Prozent fehlen. Die übernimmt der Countryman, den BMW zwar in der Familie mitzählt, wir hier aber wegen der deutlichen Unterschiede zu den kleinen Mini eben nicht. Verblüffend genug, dass die praktischen Varianten so wenig Wertschätzung erfahren. Aber wer sich für einen Mini entscheidet, stellt offenbar den Spaßfaktor in den Vordergrund. Online finden sich in Deutschland etwa 12.400 Exemplare der aktuellen Baureihen, inklusive Countryman. Das Problem: die Preise. Bei 6.000 Euro geht’s los, dieses bei Weitem günstigste Exemplar hatte allerdings auch schon 273.000 km runter. Wer auf fünfstelligen Tachostand besteht, wird ab etwa 8.500 Euro fündig, bekommt dann aber nur 75 PS.

Fazit

Der Mini, ein ernst zu nehmender Gebrauchtwagen? So ein Ergebnis hatten wir zuvor nicht auf dem Zettel. Doch es stimmt, wer mit den Mini-typischen Schwächen, oder nennen wir sie lieber Charakter-Eigenschaften, leben kann, erhält für zugegeben viel Geld ein erzsolides Auto. Was übrigens auch der ADAC bestätigt: Kein anderer Kleinwagen steht in der Pannenstatistik so oft auf Top-Platzierungen wie der Mini. Weil bei der F-Serie auch die Mängel nur mini sind.

Technische Daten
Mini Cooper CooperMini Cooper D Cooper
Grundpreis22.250 €23.650 €
Außenmaße3982 x 1727 x 1425 mm3821 x 1727 x 1414 mm
Kofferraumvolumen278 bis 941 l211 bis 731 l
Hubraum / Motor1499 cm³ / 3-Zylinder1496 cm³ / 3-Zylinder
Leistung100 kW / 136 PS bei 4500 U/min85 kW / 116 PS bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit207 km/h205 km/h
0-100 km/h8,3 s9,4 s
Verbrauch5,1 l/100 km3,9 l/100 km
Testverbrauch6,8 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten