IAA-Studie Renault Symbioz mit Sitzprobe
So stellt sich Renault ein Auto für 2030 vor

IAA 2017

Renault stellt auf der IAA das Concept Car Symbioz vor. Der Wagen soll rein elektrisch und weitestgehend autonom fahren, seinen Innenraum zu einer kleinen Lounge umfunktionieren können und sich zu Hause ins Wohnzimmer integrieren. Wir haben uns schon mal in den großen Zukunftswagen gesetzt.

Renault Symbioz
Foto: Stefan Baldauf / Guido ten Brink

Laut Renault-Designchef Laurens van den Acker werden ab dem Jahr 2025 alle neuen Autos miteinander vernetzt sein. Der jetzt von van den Acker und seinem Team vorgestellte Symbioz ist eine Studie für das Jahr 2030 und somit vernetzt bis zum Geht-nicht-mehr. Selbst der Innenraum des Concept Cars kann sich in das Wohnzimmer seines Besitzers einfügen – ein speziell von Renault designtes Haus macht es möglich.

Von außen wirkt der Symbioz wie ein großer höhergelegter Kombi – das Thema „Crossover“ gilt bei den Autoherstellern also als zukunftssicher. Zwei gegenläufig öffnende Klapptüren geben in Kombination mit einem flügeltürähnlich aufklappendem Dachelement den Zugang zum hellen Innenraum frei, das Glasdach sorgt für viel Licht in der Lounge. Am Heck des Symbioz sitzt eine kleine Finne – das erinnert ein wenig an den legendären Tatra 77, hat laut van den Acker aber nichts damit zu tun. Nach seinen Worten ist die Finne ein Überbleibsel von dem Versuch, den Symbioz komplett in das extra für ihn entworfene Haus einzuklinken.

IAA 2023

Sitzprobe Renault Symbioz

Renault Symbioz
Uli Sonntag
"Auf Knopfdruck zieht sich das Lenkrad unter das Armaturenbrett zurück und die Sitze in Reihe eins drehen sich um 180 Grad - dann sitzt man in einer coolen Lounge.", so Redakteur Gregor Hebermehl zum Innenraum des neuen Renault Symbioz.

Den Symbioz hat Renault als Studie wirklich gebaut – Jaguar stellt im Gegensatz dazu seinen für 2040 gedachten Future-Type nur als virtuelles Modell vor. Eines der Highlights des Symbioz ist sein Innenraum: Auf Knopfdruck zieht sich das Lenkrad unter das Armaturenbrett zurück und die Sitze in Reihe eins drehen sich um 180 Grad. Nun kann noch eine kleine zwischen den beiden Fondsitzen auf einer Schiene platzierte Kiste nach vorne gezogen und aufgeklappt werden, so dass ein Tisch entsteht. Diese Konfiguration ist für die Strecken gedacht, in denen der Symbioz autonom unterwegs ist – auf längeren Passagen über die Landstraße oder die Autobahn. Einziger Wermutstropfen: Das Umdrehen der Sitze funktioniert nur, wenn die Passagiere ausgestiegen sind – sonst wären auf dem sich drehenden Gestühl ihre Beine im Weg.

Der Zugang zu allen Sitzen ist im Symbioz dank der riesigen Türausschnitte sehr einfach möglich. Auf allen Plätzen herrscht große Platzfreiheit – die Beine übereinander zu schlagen ist kein Problem. Dabei sind die Studiensitze zwar hart und nur mit einem dünnen Stoffüberzug versehen, aber trotzdem äußerst bequem. Für einen lichtdurchfluteten Innenraum sorgen, wie oben erwähnt, die gläsernen Flügeltür-Segmente. Hier kann man es gut auch auf längeren Strecken aushalten, zumal der Wagen technisch alle Möglichkeiten zur Internet-Vernetzung und somit jede Menge Arbeitsmöglichkeiten und Entertainment bieten soll.

Auf Knopfdruck drei Feelings

Im Symbioz lassen sich drei verschiedene Innenraum-Atmosphären abrufen: klassisch, dynamisch und autonom. Diese Einstellungen beeinflussen nicht nur das Fahrverhalten, sondern auch das Innenraumlicht (bei „Dynamic“ beispielsweise rot), den Sound, die Glasdachfarbe und den Duft. Dafür hat Renault extra drei alkoholfreie Parfümsorten kreieren lassen: Der Klassik-Duft riecht nach Hölzern, bei Dynamic steigt ein intensiver Fruchtgeruch in die Nase und für die autonome Fahrt ist ein sehr dezenter Duft vorgesehen. Die Duftkartuschen halten ein halbes Jahr lang, dann müssen sie ausgewechselt werden.

Autonom mit TomTom

Der Symbioz soll eine autonome Fahrweise nach Level vier beherrschen. Level null bedeutet, dass der Fahrer das Fahrzeug komplett allein steuert, das höchste Level ist Level fünf, bei dem kein Fahrer mehr erforderlich ist. In Level vier ist bereits vollautomatisiertes Fahren möglich, der Fahrer kann aber zum Übernehmen der Kontrolle aufgefordert werden, wenn die fürs autonome Fahren zuständige Technik überfordert sein sollte. Eine der Grundlagen für das autonome Fahren im Level vier sind exakte Kartendaten. Für diese Daten arbeitet Renault auch in Zukunft mit dem niederländischen Navigationsspezialisten TomTom zusammen. TomTom ermittelt permanent die Position des Fahrzeugs mit einer Genauigkeit von bis zu zehn Zentimetern zu den Seiten sowie 50 Zentimetern nach vorne und hinten. Diese Genauigkeit ermöglicht es beispielsweise, dass der Symbioz autonom die engen Durchfahrten bei französischen Mautkontrollen meistert.

Über 600.000 Kilometer Straßennetz aus Nordamerika und Europa sind digital im System hinterlegt, davon haben die Niederländer über 325.000 Kilometer mit Messfahrzeugen abgefahren.

Renault Symbioz
Uli Sonntag
Im autonomen Fahrmodus kann der Symbioz sein Lenkrad unter dem Armaturenbrett verschwinden lassen.

Diese Messfahrzeuge sind mit Lidar-Radars (Lidar: light detection and ranging) ausgerüstet, die deutlich leistungsfähiger sind als die Lidar-Systeme des aktuellen Symbioz-Prototypen, die auf Talisman-Basis gerade ihre Testrunden am Renault-Standort in Paris absolvieren. Später soll ein Renault Symbioz immer erkennen, wo er sich gerade befindet – unabhängig davon, ob bei der Streckenaufzeichnung beispielsweise Autos am Fahrbahnrand standen, die möglicherweise weggefahren sind, wenn der Symbioz zu einem späteren Zeitpunkt diese Strecke autonom fährt.

Renault-Haus

Renault Symbioz
Renault
Über einen Fahrstuhl, der im Wohnzimmer Zwischenstation machen kann, gelangt der Symbioz im Renault-Haus aufs Dach.

Der Symbioz trägt seinen Namen nicht umsonst – Symbiose bedeutet auch „zusammenleben“. Und so kann der Symbioz bis ins Haus des Besitzers fahren. Das speziell entworfene Show-Haus ist mit einem Fahrstuhl versehen, der den Symbioz auf einer runden Grundfläche in den ersten Stock des Gebäudes transportieren kann. Dort werden die Flügeltüren des Symbioz geöffnet und der Wagen ist dann mit seiner Sitzgruppe Teil des Wohnzimmers. Zudem soll der Symbioz aus seiner Batterie Strom ins Hausnetz einspeisen können.

Drei Meter Radstand, voll elektrisch

Die drei Meter Radstand des Symbioz sind für den geräumigen Innenraum mit möglicher Face-to-Face-Sitzanordnung notwendig, die 23-Zoll-Räder sorgen für ein gutes Aussehen von der Seite. Als Antrieb dienen bei den Prototypen zwei Elektromotoren – einer für jedes hintere Rad. Das spätere Modell soll von einer 500-Kilowatt-E-Maschine angetrieben werden: Die umgerechnet 680 PS dürften für eine sportliche Fahrweise reichen. Dabei sieht sich Renault laut Laurens van den Acker in der Riege von Autoherstellern, die dem Menschen einen angenehmen Lebensraum bieten wollen – im Gegensatz zu den deutschen Herstellern, von denen Renault glaubt, dass diese sich für ausgeklügelte perfekte Technik und hohe Motorleistungen interessieren und auch im Gegensatz zu japanischen Herstellern, die laut Renault die Welt verbessern wollen.

Laut Renault-Designchef Laurens van den Acker wird der Symbioz auf der IAA ein Stück autonom fahren, dabei einen Höhenunterschied überwinden und dann selbstständig einparken. Seine Technik wird sich nach und nach in verschiedenen Renault-Serienmodellen wiederfinden.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten