Alexander Bloch erklärt Technik
Das Feinstaubproblem

Derzeit vergeht kaum ein Tag ohne Feinstaubberichte in den Medien, aber ist die Belastung heute schlimmer als früher? Wie entsteht Feinstaub überhaupt?

Alexander Bloch, Feinstaub
Foto: Björn Sasse

Im Angesicht von ständigen Feinstaubalarmen mag es überraschend klingen, aber: Wir leben in einer staubarmen Zeit. Eine Studie der Universität Cottbus von 2009 zitiert dazu einen Hamburger Justizrat im Jahr 1775: „Jedermann weiß, dass der Staub, welcher sich auf den Landstraßen in den Vorstädten in trockenen Jahrszeiten erhebet, das Fahren, Reiten und Gehen unausstehlich macht, und beydes den Augen als auch der Lunge und den Kleidern schädlich wird.“ Früher war es auch ohne Autos nicht besser, doch damals wurde mehr gespürt als gemessen. Heute ist es eher umgekehrt.

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Wieso wird dann um das Thema heutzutage so viel Staub aufgewirbelt? Nun, zum einen ist sich die Forschung einig, dass Feinstaub gesundheitsgefährdend ist. In welchem Maße genau, wird noch intensiv diskutiert. Das Umweltbundesamt spricht zwischen 2007 und 2014 von hochgerechnet jährlich 45.300 frühzeitigen Todesfällen in Deutschland. Noch wichtiger für die medialen Auswirkungen ist aber, dass die Grenzwerte und die erlaubten Tage der Grenzwertüberschreitung immer weiter reduziert wurden. Daraus ergeben sich logischerweise mehr Grenzwertüberschreitungen. Das Umweltbundesamt schreibt jedoch, dass allein im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts die Feinstaubbelastung noch einmal drastisch gesenkt wurde. Seitdem nimmt sie weiterhin ab, nur eben langsamer. Wir erinnern uns zudem, dass in den 1990er-Jahren viele von Ozon redeten, aber keiner von Feinstaub.

Weniger Feinstaub als früher

Derzeit gilt in der EU, dass ein Grenzwert von 50 Mikrogramm PM10 pro Kubikmeter maximal an 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. „PM“ steht für „particulate matter“, also „Partikelmasse“, und die Zahl dahinter für die mittlere Bezugsgröße in Mikrometern (µm). Feinstaub ist dabei ein Gemisch von Substanzen verschiedenster chemischer und physikalischer Eigenschaften. Je kleiner diese Partikel sind, desto gefährlicher sind sie für den Menschen. Laut der US-amerikanischen Definition PM10 werden erst Partikel, die größer als 15 µm sind, von unseren Atemorganen vollständig ausgeschieden. Das ist ungefähr vier- bis fünfmal kleiner als ein menschliches Haar. Diese Definition von 1997 wurde noch um PM2,5 ergänzt, welche sich auf die Partikel bezieht, die in unsere Lungenbläschen eindringen können, und bei 3,5 µm einen Schlussstrich zieht (Grenzwert 25 g/m³ im Jahresmittel). Dieser Feinstaub ist 20- bis 30-mal kleiner als ein Haar.

Die Ursachen für Feinstaub sind vielfältig und können in Landwirtschaft, Industrie, Energie, Holzfeuerung sowie eben Transport und Verkehr liegen. Wobei das Wetter und die Lage einer Stadt große Auswirkungen auf die Feinstaubbelastung haben. Eine Stadt in windarmer Lage wie Stuttgart trifft Feinstaub besonders hart, aber auch Einzelereignisse wie Silvesterböllern oder das Einlaufen eines schweren Kreuzfahrtschiffs im Hamburger Hafen können sich krass auswirken. Ein Abend in einer verrauchten Stube pulverisiert jeden Feinstaubgrenzwert – nur stehen da ja keine Messstationen.

Der Straßenverkehr hatte laut Umweltbundesamt 2015 einen Anteil von 15,1 Prozent an der gesamten Belastung, wobei der Anteil in der Innenstadt höher liegt. Abgase wie der Ruß von Dieselmotoren und auch Benzin-Direkteinspritzern haben dabei einen messbaren, aber beileibe nicht den einzigen Einfluss. Dass für moderne Benziner ähnlich wie für Diesel Partikelfilter vorgeschrieben werden, ist nur eine Frage der Zeit. Ebenso entscheidend ist der vom Auto aufgewirbelte Bodenstaub, in dessen Gemisch auch Bremsen- und Reifenabrieb stecken. Daher erhöhen Elektroautos oder Straßenbahnen die Feinstaubbelastung ebenfalls messbar. Populistische Maßnahmen wie ein Fahrverbot für ältere Diesel werden daran nichts ändern.