Technik-Trends
Die neuen Entwicklungen für 2009

Der Wunsch nach weniger Emissionen und mehr Sicherheit war 2008 der Haupt-Innovationstreiber. So gewinnen kleinere Motoren, Elektroantriebe und NOX-Katalysatoren immer mehr an Bedeutung. Auf der Sicherheitsseite sollen kamerabasierte Assistenzsysteme, intelligente Licht- und Fahrwerkssteuerungen sowie Car-to-Car-Communication für weniger Unfälle sorgen. Ein Überblick der Technik-Trends.

E-Sportwagen
Foto: Hersteller

„Effizienz hat Vorrang Wir müssen das Automobil neu erfinden“, sagt Mercedes- Boss Dieter Zetsche mit Blick auf die Zukunft des emissionsfreien Antriebs. Doch vorerst wird weiter der Verbrennungsmotor dominieren – mit neuem Rezept: Downsizing. Weniger Hubraum und Zylinder senken durch geringere innere Reibung und veränderte Betriebsstrategie Verbrauch und damit den CO2-Ausstoß.

Antriebs-Syteme der Zukunft

Dank Aufladung bieten die Hubraum- Zwerge aber Drehmoment und Leistung wie weit größere Motoren. Doppelt aufgeladene Triebwerke wie der 1,4-Liter-Vierzylinder von Volkswagen mit Kompressor und Abgasturbolader kompensieren Drehmomentdefizite und sorgen für konstante Leistungsentfaltung über einen weiten Drehzahlbereich. Gegenüber vergleichbaren Saugmotoren verfügen die Downsizing-Triebwerke jedoch über einen deutlich besseren Wirkungsgrad. Bei den Dieselmotoren ist die Turbo-Aufladung und somit praktiziertes Downsizing längst Standard, doch weniger Zylinder, neuerdings immer öfter mit Doppelaufladung, bieten auch hier weiteres Sparpotenzial.

Zum Verbrauchsvorteil kommen beim Diesel jedoch deutlich höhere Stickoxidemissionen als beim Ottomotor. Deshalb tragen neben Partikelfiltern auch Denox-Katalysatoren zur Abgasreinigung bei. In einem Speicher-Kat werden dabei Stickoxide gesammelt und dann innerhalb eines wenige Sekunden langen Oxidationsprozesses zu harmlosem Stickstoff (N2) und Sauerstoff (O2) umgewandelt. Mit einem solchen NOx-Speicherkat erfüllt zum Beispiel der BMW 330d schon jetzt die ab 2014 gültigen Euro 6-Grenzwerte. Ab 2009 soll der Audi Q7 3.0 TDI mit einem noch aufwendigeren System kommen und mit AdBlue-Einspritzung und Denox-Kat den Stickoxid-Ausstoß gar um 90 Prozent reduzieren.

Hybrid-Modelle im Trend

Emissionsarmes Fahren bietet Toyota mit seinem Hybrid-Modell Prius bereits seit über einem Jahrzehnt. Immer mehr Hersteller folgen dem Trend zur Kombination von Verbrennungs- und Elektrotriebwerken. GM brachte dieses Jahr bereits fünf Two-Mode-Hybride in Serie, die Hybrid-Kooperationspartner BMW (X6 Active Hybrid) und Daimler (ML 450 Hybrid) ziehen 2009 nach. Bevor ab 2012 die S-Klasse als Mildhybrid mit Vierzylinder-Diesel kommen könnte, rollt schon im Juni nächsten Jahres der S 400 Blue Hybrid an den Start. Ein elektrischer Synchronmotor (15 kW) unterstützt dann den V6-Benziner im Top-Mercedes beim Beschleunigen. Mit Start-Stopp-Technik soll der Normverbrauch bei 7,9 Liter auf 100 Kilometer liegen. Weiteres Spritsparpotenzial dank Start-Stopp-Funktion bietet jetzt auch für Autos mit Automatikgetrieben der hydraulische Impulsspeicher HIS vom Getriebehersteller ZF. Das System nutzt das Prinzip des Federspeichers und stellt so auch nach Stopp-Phasen den zur Getriebesteuerung notwendigen Hydraulik-Druck sicher.

Elektroautos mangelt es an Reichweite

Gänzlich ohne Sprit und damit mit großem Betriebskosten-Vorteil fahren EAutos. Ob ihr Weg vom Nischenprodukt zum großflächigen Serieneinsatz gelingt, ist noch fraglich. Größtes Handikap bleibt die zu geringe Reichweite. Viel Entwicklungspotenzial bieten Lithium-Ionen-Zellen durch geringere Selbstentladung und höhere Energiedichte gegenüber anderen Speicherkonzepten. Die aus mobilen Kleingeräten bekannte Lithium- Technologie nutzt bisher nur der reinrassige Elektro-Sportler Tesla Roadster. In Kleinserien-Feldversuchen mit 600 Mini E in den USA, Deutschland und England und der zweiten Generation des Elektro-Smart in Berlin wird ab 2009 die Alltagstauglichkeit der Lithium-Ionen-Batterie getestet. Größeres Langstrecken-Potenzial, allerdings bei viel schlechterem Wirkungsgrad im Vergleich zum reinen Elektroantrieb, hat die Brennstoffzelle. Noch fehlt aber eine Tankstellen-Infrastruktur, und wegen der aufwendigen Kühlung der Niedrigtemperatur-Brennstoffzellen (bis 80 Grad Celsius) können Effizienz und Package noch nicht zufriedenstellen. Erste Erprobungen von Hochtemperatur- Systemen (bis 150 Grad Celsius) will VW 2010 starten. Serienreife sehen die Forscher nicht vor 2020.

Kamera und Kommunikation

„Welches Limit gilt denn nun gerade?“ Diese Frage müssen sich Autofahrer in Zukunft nicht mehr stellen, denn die ersten kamerabasierten Schilderkennungssysteme sind jetzt in Serie (BMW Siebener und Opel Insignia), und ihre Präzision ist verblüffend gut. Auch die Nachtsichtgeräte emanzipieren sich vom bloßen Gimmick zur wahren Hilfe, indem sie auf Fußgänger aktiv im Display hinweisen. Deutlich bessere Sicht bei Nacht versprechen zudem die neuen intelligenten Lichteinheiten, wie sie zum Beispiel im Insignia zum Einsatz kommen. Der Lichtkegel wird hier automatisch an die Straßen- und Wettersituation angepasst. Die kommende Mercedes E-Klasse beherrscht das Kunststück sogar mit fließender, an den Verkehr angepasster Lichtverteilung. Auch hier dient die Kamera als wichtiger Informationslieferant.

Kommunikation zwischen Fahrzeugen

Weitere Profiteure der digitalen Bildverarbeitung sind beispielweise Abstandsregel-Tempomaten und Notbremsassistenten. Sie verzögern so noch präziser und vehementer. Mercedes leitet in Zukunft 0,6 Sekunden vor einem unvermeidlichen Unfall sogar eine automatische Vollbremsung ein. Vorreiter ist auch Volvo mit seinem serienmäßigen, laserbasierten City-Safety-Assistent im XC 60. Auf der Basis von Fahrstil, Bedienverhalten, Fahr- und Uhrzeit errechnet Mercedes außerdem den Müdigkeitsgrad des Fahrers und mahnt ihn entsprechend. Einen weiteren Ansatz der Unfallverhinderung verspricht die Car-to-Car-Communication. Mittels kleiner WLAN-Sender warnen sich Fahrzeuge automatisch vor Stauenden, Geisterfahrern oder Einsatzfahrzeugen mit Blaulicht – lange bevor sie vom Fahrer wahrgenommen werden können. Bei einem bis zum Jahr 2012 angesetzten Pilotprojekt im Rhein-Main-Gebiet testen europäische Hersteller das System mit insgesamt 500 Fahrzeugen unter Alltagsbedingungen. Bereits im Serienstadium befindet sich das vom holländischen Navigationshersteller TomTom entwickelte Stauwarnverfahren, bei dem Aussagen über die Straßenauslastung mittels Mobilfunkgeräten gemacht werden. Zum Empfang der Verkehrsinformationen ist allerdings ein TomTom der neuesten Generation erforderlich. Bezüglich der Bedienung geben die Hersteller nach und nach ihre früheren Dogmen auf, bei denen sie sich mit eindimensionalen Lösungen (reine Dreh- Drück-Regler, Touchscreen) von den Mitbewerbern abzugrenzen versuchten. Inzwischen setzen sich immer mehr Mischlösungen durch. Damit bleiben auch neueste Anwendungen wie der Internetzugang bei BMW beherrschbar.  

Elektronik hat das Sagen

Mit dem ABS hielt die Elektronik vor 30 Jahren Einzug in das Fahrwerk, seither übernimmt sie immer mehr Funktionen. Optimale Fahrsicherheit, dynamisches Handling und größtmöglicher Komfort lauten die Ziele. Als Königsdisziplin gilt, dies alles unter einen Hut zu bringen. Dafür müssen Motorsteuerung, Bremsen, Lenkung, Federung und Stabilisatoren vernetzt und aufeinander abgestimmt werden. Ohne schnelle Datennetze ist das nicht zu machen. Flexray und dezentrale Datenverarbeitung mit kleinen Steuergeräten an jedem Dämpfer nutzt BMW beispielsweise im neuen Siebener. Zug- und Druckstufe lassen sich getrennt regeln, das Ansprechen der Dämpfer soll sich damit stark verbessern und Stuckern der Vergangenheit angehören. Außerdem kann man die Gewichtung zwischen sportlich und komfortabel variabel gestalten. Aktive Stabilisatoren werden in diesen Verbund ebenfalls eingespannt, um Rollbewegungen auf ein Minimum zu reduzieren. Opel zeigt bereits seit 2004 im Astra mit optionalem IDS Plus, dass aktive Fahrwerke auch in das bürgerliche Segment passen. VW ist mit dem Golf VI ebenfalls auf diesen Zug aufgesprungen. So aufwendig wie in der Oberklasse sind die Anlagen der Kompaktklasse freilich noch nicht.

Die schnellen Rechner und präzisen Sensoren ermöglichen auch der Allrad- Lenkung ein Comeback. Renault hat sie im Laguna GT seit einigen Monaten im Programm, BMW zieht jetzt mit dem Siebener nach. Trotz aller technischen Unterschiede der Systeme ist ihre Wirkung durchaus vergleichbar: Bei Geschwindigkeiten unter 50 km/h schlagen die Hinterräder entgegengesetzt zu den Vorderrädern ein. So verringert sich der Wendekreis erheblich. Oberhalb von 50 km/h schlagen alle vier Räder in die gleiche Richtung ein, was die Agilität erhöht. Neben der Geschwindigkeit werden auch Informationen über den Lenkwinkel und die Querbeschleunigung verarbeitet. Gleiches gilt für die Technik des Torque-Vectoring, also dem gezielten Weiterleiten von Drehmoment an einzelne Räder. Autos wie der damit ausgestattete BMW X6 geraten erst bei höheren Geschwindigkeiten ins Schleudern, das ESP muss weniger häufig eingreifen. Zum Sicherheitsgewinn kommt die Chance, so ein Auto agiler abstimmen zu können. Getriebespezialist Getrag hat mit einem Mini gezeigt, was die Technik bei Fronttrieblern zu leisten vermag. Denn mit der Möglichkeit, jedes Vorderrad dosiert mit Drehmoment zu versorgen, kann dem Prototyp das agile Fahrverhalten eines Hecktrieblers anerzogen werden, ohne die Sicherheit des Frontantriebs einzuschränken.