Citroën XM und Peugeot 605 im Fahrbericht
French Connection

Inhalt von

Citroën XM und Peugeot 605 kamen nie so richtig ins Rollen. Im Schatten vornehmlich deutscher Konkurrenz blieben sie hinter Erwartungen und Ambitionen zurück. Und obwohl sie neben demselben Schicksal auch dieselbe Plattform teilen, könnten die beiden großen Franzosen unterschiedlicher nicht sein.

Citroen XM 3.0 V6 24 Exclusive, Peugeot 605 2.0 Sri, Frontansicht
Foto: Hardy Mutschler

Das ewige Göttinnen-Gesülze muss ausbleiben. Wieso ihm das antun? Die DS ist ein Citroën, der XM ist einer. Punkt. Bewirkt nicht das zwanghafte Rekurrieren auf die, die vor ihm kam, dass er stets dazu verdammt wäre, ihr nur hinterherzueilen, um sie, obschon stärker und schneller und dynamischer, in einem Wort: besser, niemals hinter sich lassen zu können?

Keine Sentimentalitäten, sondern Sachlichkeit

Der XM musste ein anderer Citroën werden als die Vorgänger, weil auch Citroën längst anders geworden war. Schrullen und Verschrobenheiten würden ihm nicht mehr erlaubt sein, und wie dem nahezu zeitgleich vorgestellten Konzernbruder Peugeot 605 hing ihm vom ersten Meter eine schwere Last an. Eine zu schwere.

Unsere Highlights

"Der Citroën XM muss mit seiner Technik und seinem Stil zum Imageträger für die gesamte Citroën-Technologie werden", hieß es, und Xavier Karcher, der Chef persönlich, betrachtete das Modell als "entscheidend für den Erfolg Citroëns überhaupt."

Schon mit dem ersten Strich, den Bertone-Designer Marc Deschamps Ende 1984 in sein Notizbuch warf, stand fest: Nie würde ein Citroën XM mit derselben Milde empfangen, nie mit derselben Ehrfurcht bestaunt werden wie seine Vorgänger. Schon deshalb, weil der Hersteller selbst das nicht wollte. Man sollte den Wagen nicht mögen, sondern in ihm ein "in jeder Hinsicht vernünftiges Auto" sehen. Keine Sentimentalitäten.

Zum ersten Mal die gleiche Plattform für Citroën und Peugeot

Die Leute sollten dem neuen Modell "wirklich objektiv begegnen", sagte Pierre Vuillaume, und Jean Boillot betonte, es habe oberste Priorität, "jedwede Qualitätsprobleme auszuschließen". Boillot war zu dieser Zeit: Präsident von Peugeot, Vuillaume: Projektchef für den Peugeot 605. Die Floskeln ähneln sich, als habe sie ein und dieselbe hässliche Marketing-Maschine ausgespuckt.

XM und 605 sind die ersten plattformgleichen Spitzenmodelle von Citroën und Peugeot, seit ab 1979 die Marken unter dem Dach des PSA-Konzerns steckten. Dessen Vorstandsvorsitzender Jacques Calvet hatte sowohl ein Ziel vorgegeben als auch die Marschroute dorthin: PSA bis Mitte der 90er Jahre an der Spitze der europäischen Autowelt zu etablieren, und zwar nicht, weil man Sympathien erzeugte, sondern indem man mit bedingungsloser Qualität überzeugte.

Vollkommen unterschiedliche Charaktere

Es ist vor allem diese technokratische und um nüchterne Effizienz bemühte Atmosphäre des Entstehens, die Citroën XM und Peugeot 605 gemeinsam haben. Dass sie auf derselben Bodengruppe aufbauen und teils von denselben Motoren angetrieben werden, eint sie dennoch weniger, als ihr vollkommen unterschiedlicher Charakter sie unterscheidet - mit dem Peugeot fährt man durch die Welt, im Citroën bewegt man sich in einer eigenen Welt.

Dezent und unaufdringlich, bleibt das Format des Peugeot 605 bei all seiner Größe stets überschaubar. Die Form des Citroën XM hingegen erinnert an Größe und leistet sich gerade so viel Extravaganz, dass man seine Figur gerne unkonventionell, aber nicht unmöglich finden kann. Der von Pininfarina gezeichnete Peugeot 605 ist so unaufregend, als träfe er auf der Linie zwischen hübsch und hässlich genau den Mittelpunkt vollkommener Neutralität. Der Citroën XM dagegen sieht so aus, wie man sich gestern die Autos von übermorgen zusammenvisioniert hat.

In beiden Fällen gelingt heute, was seinerzeit nicht hatte sein sollen. Die glatten Fassaden von Citroën XM und Peugeot 605 lassen nicht gleich mehr jeden Versuch wohlmeinender Annäherung abperlen wie frischer Lack, den sie in Rennes und Sochaux von Robotern haben auf die kühlen Bleche sprühen lassen, in Hallen, die eher Operationssälen glichen als Automobilwerken, menschenleer fast.

Besserer Fahrkomfort als Rolls-Royce: Citroën XM mit intelligenter Hydropneumatik

Ein paar Millimeter nur drückt es den XM aus den Federn. Grün huschen links am Instrumentenbrett Dioden durch ein Anzeigefeld. Kurz darauf informieren die quadratischen Bildpunkte mit dem Wort "Normalstellung“ über die Beschaffenheit der Hydropneumatik. Seit Mitte der Fünfziger hatte man in einem Citroën nicht mehr auf Stahlfedern über die Unzulänglichkeiten des Untergrunds zu bockeln. Ölgedämpft durfte man gleiten auf einem Gaspolster, das, komprimiert in pampelmusengroßen Metallkugeln, dafür sorgte, dass der Zustand der Straße das eine, der des Autolenkers das andere, davon völlig unabhängige war.

Fünf Sensoren und ein Rechner machten aus der Hydropneumatik im Citroën XM erstmals eine vom Hersteller selbst gern als intelligent gepriesene Konstruktion. Normalerweise schwebt der XM auf dem Polster von sechs Gas-Pampelmusen sanft dahin. Wenn indes der Fahrer es härter möchte oder die Elektronik meint, dass es der Fahrsituation wegen nötig sei, versteift sich das Gebilde blitzartig, indem zwei Druckspeicher vom Kreislauf abgekoppelt werden. In zeitgenössischen Tests dichtete man dem Citroën XM einen höheren Fahrkomfort an, als ein Rolls-Royce ihn bieten könne, in der sportlichen Einstellung stehe das Handling einem Fünfer-BMW nicht nach.

Ganz ohne Vergleich empfehlen sich die Lederfauteuils dieses späten Citroën XM aus dem Besitz von Mario Graunke nach wie vor, um schnell, doch ohne Hast, begleitet vom handfesten Laufgefühl des Sechszylinders, den 80-Liter-Tank leer zu reisen. Vor den Augen die Breitbandwindschutzscheibe, eine Etage tiefer eine Konsole, in der rechteckige Schalter in orthogonaler Strenge platziert sind. Und zwar da, wo die Hand sie ohne Suchen findet. Dem Citroën CX hatte man noch bescheinigen können, Bediener im Bemühen um größtmögliche Ergonomie maximal zu verwirren. Der Citroën XM leistet sich solche Eskapaden nicht.

Entwaffnende Schlichtheit im Peugeot 605

Dem Peugeot 605 sind Allüren ohnehin gänzlich fremd. Sein lichtes Interieur empfängt mit befreiendem Raumgefühl und entwaffnender Schlichtheit, wie jemand, der nichts mehr beweisen, nichts vorzuspielen und auch nichts zu verlieren hat. Gelassen. Ihm steht selbst die Basisausstattung. Er braucht nicht das Mehr von üppigem Leder und zahllosen Reglern, das die teureren Sechszylinder gleichwohl boten. Ein bisschen Holzimitat darf sich gegen die Eintönigkeit stemmen, das Velours hält sich wohltuend musterfrei zurück.

Wie es überhaupt die Art des Peugeot 605 ist, immer zu tun, aber nie so zu tun als ob. Sein Vierzylinder läuft nicht, er arbeitet, und es wirkt beruhigend, ihm bei der Arbeit zuzuhören. Seine Federbeine balancieren die Karosserie ganz ohne Elektronik und Adaption und Intelligenz über den Teer. Er vermittelt beinahe die Leichtfüssigkeit eines Kompakten, und zu seinem Komfort zählt, dass der Fahrer über die Straßenoberfläche Bescheid weiß, ohne sich über sie ärgern zu müssen.

Gut macht er seine Sache, aber nicht herausragend. Den Glanz wahrer Größe vermochte er nie zu entwickeln. Auch das eint den Peugeot 605 mit dem so anderen Citroën XM. Andererseits ist es gerade das, was die beiden sympathisch macht. Endlich dürfen sie es sein. Ganz ohne Zwang.

Technische Daten
Peugeot 605 SRi Citroën XM 3.0 V6. 24 Exclusive
Grundpreis21.929 €
Außenmaße4721 x 1799 x 1426 mm4708 x 1794 x 1393 mm
Kofferraumvolumen497 l
Hubraum / Motor1998 cm³ / 4-Zylinder2946 cm³ / 6-Zylinder
Leistung89 kW / 121 PS bei 5600 U/min
Höchstgeschwindigkeit199 km/h233 km/h