Oldtimer zu Elektro-Autos umgebaut
In 2,5 Sekunden von null auf 100 - elektrisch

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Die Idee, einen Elektromotor in Young- oder Oldtimer einzubauen, fasziniert. Tüftler wie Alois Ruf, Heiko Fleck, Elerra, Ecap oder Kreisel machen den Umbau möglich. Mancher Klassiker ist nach dem Umabu schneller als vorher.

Kreisel Electric EVEX-910
Foto: Peter-Scherb

Heiko Fleck kam vor gut zehn Jahren auf die Idee, klassische Automobile mit Elektro-Motoren zu bestücken und das Oldtimer-Hobby abgasfrei zu betreiben. Die Idee zündete: Inzwischen hat der Ingenieur aus dem bayrischen Pfarrkirchen schon mehr als 300 Klassiker sowie auch viele aktuelle Autos auf E-Antrieb umgerüstet. Seine Technik funktioniert eindrucksvoll.

Fiat 500 fährt mit Strom viel schneller

Fiat 500 Elektro
D. Eisele
Mit Elektromotor beschleunigt ein Fiat 500 in 12 statt 33 Sekunden von null auf 100 km/h.

Die Beschleunigung eines Fiat 500 im Originalzustand ist eine mühevolle Angelegenheit: 33,7 Sekunden von null auf 80 km/h sind nicht wirklich temperamentvoll. Der Ingenieur Heiko Fleck (49) aus dem bayrischen Pfarrkirchen, zunächst mit dem Handel von Royal-Enfield-Motorrädern und ihrer indischen Dieselversion befasst, probierte erst so einen fernöstlichen Selbstzünder im 500er: „Der hat das Auto fast auseinander geschüttelt.“ Dann sattelte er auf Elektro-Antrieb um – und musste feststellen, dass es in Deutschland zwar alle nötigen Komponenten gab, aber niemand wusste, welche Motoren, Inverter, Akkus und Steuergeräte eigentlich zueinander passen. Fleck recherchierte und bot wenig später Listen mit abgestimmten Teilen an, mit denen Tüftler ihre Verbrenner-Autos auf E-Antrieb umrüsten können: „Oldtimer-Liebhaber mögen ihre Autos, wollen was für die Umwelt tun und lieben die oft deutlich bessere Beschleunigung.“ Das Fahren ist hier völlig unkompliziert: einsteigen, Strom an, Fahrpedal treten und nach kaum zwölf Sekunden schon Tempo 80 fahren.

Unsere Highlights

BMW E30: Elektroauto mit Schaltgetriebe

BMW 3er E30 Elektro
D. Eisele
318 e: Gab's ab Werk nie zu kaufen, gibt's aber jetzt als Umbau.

Umrüster Heiko Fleck beliefert mit seinen Elektro-Sets zum Beispiel auch „Die Werkstatt“ im nahe gelegenen Falkenberg (www.die-werkstatt-falkenberg.de). Hier baut Kfz-Meister Florian Arnhard für sich selbst und für seine Kunden Motoren, Akkus und alle nötigen Regelgeräte nach Flecks Listen in alle Arten von Automobilen ein: Auf der Hebebühne steht gerade ein Peugeot 201 Camionnette von 1930, daneben eine VW-T1-Pritsche. Im Peugeot kommen Elektro-Teile im Wert von etwa 10.000 Euro zum Einsatz (Motor mit 12 kW, Akku 15 kWh, 48 Volt; Reichweite ca. 70 Kilometer); der Umbau dauert dann pro Auto jeweils 100 bis 150 Stunden, berechnet mit je 70 Euro. Schmuckstück ist Arnhards Dreier-BMW von 1985. Hier wurde der E-Motor direkt an das BMW-Getriebe angeflanscht. Den nötigen Adapter fertigt der Landmaschinen-Mechaniker Dominik Mohler in einem Nachbarort. Gefahren wird mit der Original-Kupplung, die allerdings nur zum Gängewechseln gebraucht wird: Los geht’s mit Einkuppeln und dann erst Strom geben.

Ruf beschleunigt mit Wasserkraft

Ruf ER1
A. Hartmann
Auto-Tuner und Porsche-Restaurator Alois Ruf baute einen 911 auf Elektro um.

Alois Ruf, Hersteller perfekter Hochgeschwindigkeits-Automobile rund um den Porsche 911, ist sozusagen im Nebenberuf ökologischer Stromproduzent: Dem einfallsreichen Allgäuer gehören auch drei Wasserkraftwerke. Schon 2008 probierte Ruf den Wandel eines Porsche 911 vom Sechszylinder-Boxermotor zu einem 204 PS starken Elektro-Coupé, dem ER 1. Das Leergewicht lag trotz leichter Lithium-Ionen-Akkus mit 1910 Kilogramm zwar recht hoch, doch die Fahrleistungen beeindruckten: Unter sieben Sekunden von null auf Tempo 100, Spitze 225 km/h bei einer Reichweite von 250 Kilometern. Selbst Siemens zeigte Interesse, stieg letztlich aber doch nicht ein.

Ecap baut Antrieb der Zukunft in De Lorean

E-Cape Elektro-Umrüstung De Lorean
De Lorean
Ob De Lorean, Käfer Cabrio oder Holder Traktor: Ecap rüstet um.

Ein DeLorean DMC-12 wie jener aus dem Film „Zurück in die Zukunft“, legendär mit dem ersponnenen „Flux-Kompensator“, wurde vom Team mit dem E-Auto-Umrüster Dennis Murschel (https://ecap-mobility.com) in einen Elektro-Flügeltürer verwandelt. Anders als das exotische Einzelstück gibt es bei Murschel und seinem Start-up-Partner Robert Tönnies ebenfalls elektrifizierte VW-Käfer-Cabrios – je nach Bausatz von 29.900 bis 119.000 Euro.

Den B 12 baute der schwäbische Fräsen- und Schlepper-Spezialist von 1957 bis 1967. Wiewohl robust und vielseitig, stieß doch sein Zweitakt-Diesel oft störende Wolken dichter Abgase aus, die etwa auf traditionell großen Erntedankumzügen die Teilnehmer einnebelten. Dirk Lehmann, zusammen mit Dennis Murschel und Heiko Fleck Kopf hinter dem jungen Unternehmen eCap, baute daher einen Holder-Schlepper auf einen 13-kW-(18-PS-)E-Motor um. Die Batteriekapazität liegt bei 9,2 kWh. Spitzentempo der Landmaschine: 40 km/h.

Elerra aus Erfurt: Framo ohne Fahne

Framo Pritschenwagen Elerra
Elerra
Elerra baut E-Motoren in den DDR-Transporter Framo ein.

Framo im sächsischen Frankenberg ging aus einem Zubehör-Werk des DKW-Gründers Jörgen Skafte Rasmussen hervor und verschmolz nach dem Krieg mit Barkas. Der hier vorgestellte Pritschenwagen von 1960 wurde bei Elerra in Erfurt zum Heckmotor-Nutzfahrzeug mit E-Motor umgebaut. Der Antrieb leistet 40 kW (54 PS), die Höchstgeschwindigkeit beträgt immerhin 65 km/h. Der Akku hat eine Kapazität von 25 kWh, Vorwärmung und Kühlung wurde bei Elerra entwickelt. Auch der noble Daimler Double-Six aus dem Jahr 1992 schnurrt jetzt elektrisch. Bei Elerra in Erfurt (www.elerra.de) wurde die edle Limousine im Kundenauftrag mit einem Motor, einem Controller und einem DC/DC-Wandler von Brusa bestückt. Den nötigen Strom liefern Li-Ion-Second-Life-Akkus mit einer Kapazität von 70 kWh. Die stärkste Motorisierungsstufe leistet immerhin 330 PS (250 kW) und kostet rund 35.000 Euro. Weniger Leistung ist günstiger.

Jaguar E-Type mit E-Motor

Jaguar E-Type Zero Elektro-Umbau
C. Magee
Jaguar plant, ab 2020 für rund 400.000 Euro, 25 elektrische E-Type zu verkaufen.

Prinz Harry und seine frisch angetraute Ehefrau durften Jaguars neuesten Elektro-Oldie anlässlich ihrer Fahrt in die Flitterwochen 2018 schon mal testen: Mit sanftem Schnurren chauffierte Harry seine Meghan in einem blauen E-Type, der ab Sommer 2020 für rund 400.000 Euro in 25-facher Auflage bei Jaguar erhältlich sein soll. Das Werk ersetzt bei den Original-Roadstern aus der Serie 1,5 von 1968 den Sechszylinder durch einen 220 kW starken Asynchron-E-Motor. Jaguar nennt 5,5 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100, die Spitze soll jenseits der 200-km/h-Marke liegen, die Reichweite bei 270 Kilometern; das Strom-Volltanken soll sechs bis sieben Stunden erfordern.

Kreisel baut E-Racer für die Straße

Ein extremer Hingucker ist der Evex Porsche 910e: Kreisel Electric aus Rainbach in Österreich und Evex in Langenfeld haben einen Neubau des Typs 910 auf die Räder gestellt, der straßentauglich sein soll. Der 910e wird nicht von einem Sechs- oder Achtzylinder angetrieben, sondern von einem E-Motor mit 360 kW (490 PS). Mit 770 Nm sprintet der 1100 kg leichte Zweisitzer in 2,5 sec auf 100 km/h, Topspeed soll bei 300 km/h liegen. Der Preis? Eine Million Euro.

Aus Frankreich: No Smoke Moke

Einst war der Moke ein Freizeit-Auto, dessen Technik aus dem Austin Mini stammte. Heute wird der urige Viersitzer in Frankreich in Cerizay bei Noun Electric als Elektro-Auto neu gebaut (www.nosmoke.fr). Für rund 17.000 Euro gibt es den offenen Viersitzer als Strandwagen mit Sonnenverdeck und acht 12-V-Blei-Gel-Batterien, Gesamtgewicht 521 kg. Die Reichweite liegt laut Hersteller bei 70 Kilometern, das Tempo bei 70 km/h. Erklimmen kann das Auto Steigungen bis zu 30 Prozent.

Fazit

Vermutlich mögen gar nicht wenige Menschen Oldtimer auch wegen ihrer Motoren und des charaktervollen Klangs. Doch wenn ein Fiat 500 mit E-Motor fast drei Mal so schnell auf 80 ist wie mit dem originalen Zweizylinder-Benziner, hat der Spaß am historischen Fahrzeug eine neue Dimension. Wartungsärmer als ein Verbrennungsmotor ist die E-Technik ohnehin – auch das kann ein Argument für jemanden sein, der lieber fährt als schraubt.