Kleinserien-Hersteller Pagani
Zu Besuch bei Pagani in Modena

Horacio Pagani weiß, wie er Aufsehen erregt: Seine Kohlefaser-Boliden sehen aus wie in der Renaissance verzierte Gruppe C-Boliden. Wie kaum ein anderer Supersportwagen löst der Pagani Zonda den Wow-Effekt aus - falls man eines der bisher 117 gebauten Exemplare zu Gesicht bekommt.

Kleinserien-Hersteller Pagani
Foto: Hans-Dieter Seufert

Ein Mysterium umgibt den Namen Pagani. Dabei ist das Unbegreifliche ebenso Teil der Faszination wie die Aussicht, dem Mysterium nicht restlos auf den Grund gehen zu können. Das Phänomen verteilt sich auf drei Säulen: Horacio Pagani, den Gründer und Chef, das Unternehmen Pagani Automobili und natürlich den Pagani Zonda selbst, den Kohlefaser-Supersportwagen.

Pagani schafft Rekord auf der Nordschleife

Erwähnt man in der Branche den Namen Pagani, so blicken die einen zweifelnd, die anderen nicken ehrfürchtig - Letztere haben den Pagani Zonda meist gefahren und beginnen sogleich zu schwärmen: von der Detailverliebtheit des Designs, der akkuraten Verarbeitung des Karbons, dem markerschütternden Heulen des V12. Dann rühmen sie die herrische Durchzugskraft und nennen den Motor gleichzeitig erstaunlich handzahm.

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Doch man muss auch die Zweifler verstehen. Schließlich ist es schwer vorstellbar, dass ein Tausendsassa wie Pagani am Zeichentisch einen Boliden entwirft und ihn mit einem Team baut, das kaum so groß ist wie die PR-Abteilung eines Premiumherstellers. Und dann entsteht nicht etwa ein klappriger Prototyp, sondern der Maßstab bei der Verarbeitung von kohlefaserverstärktem Kunststoff. Eine Kopfgeburt, die in diesem Jahr in 6,47 Minuten um die Nürburgring-Nordschleife gedonnert ist.

Bei Pagani entsteht alles außer dem Motor

Der Pagani Zonda ist das Ergebnis einer Leidenschaft, die nur die Großen ihres Fachs konsequent bis zum endgültigen Erfolg aufbringen. Der Reifegrad des verspielt wirkenden Sportlers bleibt ein Rätsel, weil es so unglaublich klingt, dass ein Trupp von mittlerweile knapp 50 Angestellten ein Projekt so gekonnt vorantreibt. Allein die Fortschritte seit der Präsentation 1999 werfen immer wieder die Frage auf: Wer entwickelt den Zonda wirklich?

Entrüstet betont der Firmengründer, dass alles außer dem Motor im Haus entsteht oder, wie das Getriebe, nach eigenen Vorgaben gefertigt wird. Wer Pagani heute trifft, entdeckt in den Augen des 55-Jährigen noch immer die Begeisterung eines Kindes; vor allem, wenn er versonnen seine Autos vorführen darf. Sieht er eine Kamera, tritt er einen Schritt zur Seite, um seinen Zonda nicht zu verdecken. Ganz das Gegenteil eines Enzo Ferrari oder Ferruccio Lamborghini - Männer, denen vor Stolz fast die Brust platzte.

Kohlefaser-Kompetenz begann bei Lamborghini

Paganis Werdegang erzählt den märchenhaften Tellerwäscher-Aufstieg samt schicksalhafter Förderung durch Ziehvater Juan Manuel Fangio. Gewürzt ist die Story mit einer ordentlichen Prise Hinterhof-Ambiente - dort, wo große Erfolgsgeschichten in der Regel beginnen. Solche Konstellationen taugen zur Legenden-Bildung.

Anders als Gleichaltrige malt der zwölfjährige Horacio nicht nur Sportwagen, er formt sie sogar aus Ton. Acht Jahre später entwirft der Argentinier einen Formel 3-Rennwagen - diesmal real. Dann trifft Pagani sein großes Vorbild, Landsmann Fangio. Den fünffachen Formel 1-Weltmeister fasziniert die Entschlossenheit des jungen Autodidakten, und er vermittelt ihn zu Lamborghini. Dort steigt Pagani vom einfachen Mechaniker zum Fachmann für Verbundstoffe auf und legt den Grundstein für seine Kohlefaser-Kompetenz. 1987 arbeitet er am Projekt P140 mit - daraus entsteht später der Lamborghini Gallardo.

V12-Motor des Pagani Zonda stammt von AMG

Noch immer verfolgt Pagani seinen Traum konsequent weiter: einen eigenen Supersportwagen zu bauen. Um seine Pläne zu finanzieren, gründet der Wahl-Italiener 1988 die Firma Pagani Composite Research und führt Aufträge für Lamborghini aus - nicht ohne im Geheimen am eigenen Projekt zu entwickeln. Das erste Modell steht 1993 bei Dallara im Windkanal und heute in Paganis Büro.

Nach wie vor ist Fangio eingeweiht. Noch ein Jahr vor seinem Tod gewinnt der 83-Jährige seinen ehemaligen Arbeitgeber Mercedes für das Projekt, und AMG steuert 1994 den V12 bei. Das Vertrauen ins Können der Firma Pagani hält bis heute an - auch der kommendes Jahr erscheinende Zonda-Nachfolger erhält einen AMG-Motor.

Diese Zusammenarbeit straft immer wieder geäußerte Zweifel an der Profitabilität von Pagani Automobili Lügen. Seit 1999 wurden 117 Zonda gebaut, die für Pagani eine gute Einnahmequelle sind: Das derzeitige Modell Cinque Roadster kostet immerhin 1,4 Millionen Euro. Außerdem entwickelt Modena Design, eine weitere Sparte des Argentiniers, auch für andere Hersteller - etwa Prototypen.

Am Pagani Zonda muss jedes Detail gut aussehen

Weil die alte Produktionsstätte von Pagani in einem Industriegebiet nahe Modena aus allen Nähten platzt, entsteht derzeit eine Straße weiter eine neue - im Gebäude eines ehemaligen Porsche-Händlers. Drei Mal so viel Platz wie bisher soll der Mannschaft zur Verfügung stehen. Der derzeitige Firmensitz wird zur Beautyfarm für in die Jahre gekommene Zonda umgerüstet. Die nächste Vision, die Horacio Pagani mit der ihm typischen Perfektion realisieren will. Denn am Pagani Zonda muss jedes Detail gut aussehen, selbst wenn es verborgen ist; nur Gesamtkunstwerke dürfen unter dem strengen Kontrollblick des Meisters den Hof in San Cesario sul Panaro verlassen.

Seinen eigenen Meister hat er in Leonardo da Vinci gefunden, dem weltberühmten Maler und Forscher, Ästhet und Erfinder. Er bewundert den fortschrittlichsten Künstler der Renaissance, so wie er dieses Zeitalter verehrt. Denn dort, so findet Pagani, sind Köpfchen und handwerkliches Können eine geniale Verbindung eingegangen und haben Spuren bis in die heutige Zeit hinterlassen. Da fällt es nicht schwer, eine Seelenverwandtschaft zwischen Pagani und da Vinci herzustellen.

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