Mit dem Mazda MX-5 RF unterwegs in Lissabon
Japanischer Roadster in Europas San Francisco

Was tun, wenn die Sehnsucht nach schmalen, hügeligen Altstadtstraßen mit versteckten Cafés und Zauberstränden ins Unermessliche wächst? Wir hätten da einen Plan. Unterwegs mit dem Mazda MX-5 RF in Lissabon.

Mazda MX-5 RF in Lissabon
Foto: Dani Heyne

Als sich die Sonne in den Wandfliesen spiegelt, funkeln vier große Buchstaben: LOVE. Es ist sicher kein Zufall, dass der innere Zustand mit der Botschaft übereinstimmt. Aber wer könnte dem San Francisco Europas am Steuer eines Roadsters schon widerstehen? Wo wir sind? Und wie es dazu kam?

Mazda MX-5 RF in Lissabon
Dani Heyne
Zwar keine 7,2 aber immerhin zwei Liter Hubraum bietet der Mazda.
Unsere Highlights

Die Idee keimte an einem besonders grauen Tag, irgendwo auf dem 50. Breitengrad. Draußen taumelten Regentropfen umher, die wie ein wehender Vorhang den Blick zum Horizont versperrten. Der Himmel erinnerte an die Jahreshauptversammlung der Grautöne. Was ein Glück, dass ein gewisser Kowalski an jenem farblosen Tag in seinen schneeweißen Dodge Challenger R/T stieg und nach San Francisco jagte. Auch wenn es nur in der Glotze war – seine Wette, die rund 2.000 Kilometer lange Tour in unter fünfzehn Stunden abspulen zu können, faszinierte.

Dass der 7,2-Liter-V8 des Challenger dabei nicht sein einziges Aufputschmittel bleiben sollte, lag auf der Hand. Kowalski rettete mit seinem Race nicht nur den trüben Tag, er platzierte auch eine Botschaft: Wenn es dir möglich ist, fahr nach San Francisco!

Das Problem aus europäischer Sicht: Die hügelige Stadt in Kalifornien ist nicht auf dem Landweg erreichbar – und schon gar nicht in 2.000 Kilometern.

Auf der Suche nach Alternativen?

Okay, was müsste eine Alternativ-Stadt bieten? Eine Brücke im Golden-Gate-Style! Antiquierte Straßenbahnen! Und natürlich ein Meer vor den Stadtmauern. Etwas Hippie-Flair wäre auch ganz schön. Und natürlich Straßen, auf denen mindestens das Herz hüpfen kann. Wer mit den Fingern über die Karte Europas kreist, bleibt bei Lissabon hängen. Die Hauptstadt Portugals bringt schon auf den ersten Blick viele der gefragten Zutaten mit – auf den zweiten gleicht sie San Francisco verblüffend.

Mazda MX-5 RF in Lissabon
Dani Heyne
Die Ähnlichkeit zu San Francisco ist verblüffent.

Aus dem Grund sind wir hier. Und das nicht allein: Ein Mazda MX-5 RF spielt den Reisebegleiter. Oder besser gesagt: den Sinnesverstärker. Denn wenn der Roadster eins kann, dann die Produktion der Glückshormone steigern. Auf geht’s.

Als der erste Café Galão auf dem runden kleinen Marmortisch landet, quält sich die alte Straßenbahn wiederholt den Berg hinauf. Auf ihrem Weg ächzt und wankt sie verdächtig. Vielleicht sollten ihre Passagiere aussteigen und schieben, damit sie es die Steigung hoch schafft? Der Kellner winkt ab, das wäre völlig normal für die alte Dame. Seit 20 Jahren läuft das so.

Die Langsamkeit der Carros eléctricos de Lisboa hat eine lange Tradition: Seit 1873 durchkreuzen sie – anfangs noch als Pferdestraßenbahnen – die portugiesische Hauptstadt mit 900 Millimeter schmaler Spurbreite. Nachdem auch der zweite Milchkaffee sein Ziel nicht verfehlt hat, springen wir auf die nächste Bahn und zuckeln mit ihr durch verwinkelte Gassen, wandern steile Berge hinauf, um uns kurz von traumhaften Aussichten berauschen zu lassen. Bevor es auf der anderen Seite wieder hinabgeht. Egal wie und wie schnell man es nach Lissabon schafft, eine entschleunigende Fahrt mit der Straßenbahn ist Pflicht.

Ein Fastback in San Francisco!

Nach einer guten Stunde hat uns der MX-5 wieder. Dass er als RF ein festes Dach trägt, fällt auch hier in Lissabon auf. Die Roadster-Freunde spaltet es dabei in zwei Lager. Die einen sehen die heilige Stoffmützen-Kultur und das grenzenlose Oben-ohne-Vergnügen verletzt. Die anderen loben die gestiegene Sicherheit und bringen die niedrige Geräuschkulisse bei geschlossenem Dach an.

Die letzte Aussage können wir nicht unterschreiben. Stattdessen fällt uns ein ganz anderer Vorteil auf – der im Hinblick auf das europäische San Francisco eine Hauptrolle spielen kann. Die Rede ist vom Fastback-Look, den der kleine Mazda draufhat wie nur ganz wenige. So, dass Steve McQueen seine Freude daran gehabt hätte und sicher gern mal mit ihm durch die hügeligen Sträßchen gedriftet wäre. Und wer weiß, vielleicht hätte er als Frank Bullitt damit effizienter zuschlagen können. Denn die Straßen in Lissabon sind doch schmaler und verwinkelter als die in San Francisco – wo er mit einem ausgewachsenen Mustang Gangster jagte. In Lissabon werden – wenn überhaupt – nur zwei Dinge gejagt: gutes Essen und hohe Wellen. Letztere findet man an vielen Stränden, Ersteres an jeder Ecke, aber ganz delikat in einem entlegenen Restaurant auf der anderen Seite der Stadt. Dort, wo die Christus-Statue Cristo Rei in luftiger Höhe die Arme ausbreitet. Zu ihm gelangt der Mazda, indem er einmal quer durch die Altstadt wuselt, über rund gelutschtes Kopfsteinpflaster und rissigen Asphalt, verfolgt von hundert wilden Tuk-Tuks, die seit ein paar Jahren die Stadt belagern und Touristenfahrten anbieten.

Als die riesigen Pfeiler der Ponte 25 de Abril in Sichtweite kommen, drehen sie ab. Die 3,2 km lange Hängebrücke (die drittlängste der Welt) ist eine Nummer zu groß für sie. Dabei geht es auf dem Rücken des roten Riesen weitaus gemütlicher zu als gedacht – vermutlich weil die meisten hier die Aussicht genießen. Und das Golden-Gate-Flair spüren. Beide Brücken sind sich tatsächlich sehr ähnlich. Nur dass hier am anderen Ende die Stadt Almada wartet. An deren unterem Ende laden verlassene Fischereigebäude zu Erkundungen ein. Inmitten des Industrie-Charmes blüht ein wunderbarer Park – wer ihn durchquert, kommt am Ende zu einem unscheinbaren Pier, der wiederum schnurstracks zu einem Fischrestaurant führt. Das braucht keine Hinweisschilder, um ständig ausgebucht zu sein. Nicht nur wegen der unbeschreiblichen Aussicht auf die große Brücke und das funkelnde Lissabon.

Die Essenz dieser Stadt?

Mazda MX-5 RF in Lissabon
Dani Heyne
Ein hübsches Städtchen.

Später am Abend schlendert der MX-5 wieder gen Altstadt, klettert mühelos die Hügel hoch, hüpft durch die Gassen und findet schließlich einen guten Schlafplatz im Stadtteil Bairro Alto. Gleich daneben serviert eine hübsche Portugiesin leckere Absacker im Lokal La Marias. Der Name sei eine Verbeugung vor den Frauen des Landes, erzählt die dunkelhaarige Schönheit. Und lässt dabei ihre Sommersprossen auf der Nase tanzen. Fast in jedem weiblichen Vornamenkonstrukt käme der Name Maria vor. So hat irgendwie jeder eine Maria in der Familie, die er schätzt. Ob wir auch so etwas hätten in unserer Heimat?

Wir schmunzeln über die Frage. Und freuen uns, dass diese Kultur zu Europa gehört. Genau wie unsere. Dieser Reichtum macht am Ende den Reiz der Vereinigung aus. Und je mehr wir darüber erfahren, umso bedeutender wird Europa für uns alle sein. Dann ist Lissabon unser Fluchtpunkt, unser San Francisco.