Ford und GM setzen für US-Markt auf Erdöl
Klassische Verbrenner statt Elektroautos

Pläne aus Detroit zeigen: Die amerikanischen Autobauer rechnen für ihren Heimatmarkt nicht mit nennenswerten Elektroauto-Absätzen und bauen lieber große SUV mit Verbrennungsmotor.

Cadillac Escalade Generationen 1 bis 4 Collage
Foto: Cadillac / Patrick Lang

Meldungen zum elektrischen Ford F-150, zum rein elektrisch angetriebenen Crossover Cadillac Lyriq oder zu einer Neuauflage des Hummer als Elektro-SUV sorgten für viel Aufmerksamkeit – jetzt aber kommt heraus, dass die großen amerikanischen Autobauer Ford und GM gar nicht vorhaben, großartig mit Elektroautos Geld zu verdienen. Dies geht aus detaillierten Produktionsplänen hervor, die Ford und GM an ihre Zulieferer verteilt haben und die Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnten.

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Im Jahr 2026 möchten Ford und GM für den US-Markt insgesamt fünf Millionen SUV und Pickups herstellen – und nur 320.000 Elektrofahrzeuge, was 6,4 Prozent des Gesamtvolumens entspricht. Zum Vergleich: Alleine 2019 baute Tesla 367.500 Autos, davon 190.000 für den US-Markt.

Cadillac Escalade 2021
Cadillac
Für GM eine Chashcow: das große SUV Cadillac Escalade.

Ölpreisverfall verstärkt Bestrebungen

Ford und GM gehen klar davon aus, dass der US-amerikanische Markt in naher Zukunft weiterhin einen deutlich höheren Anteil an Verbrennungsmotor-Fahrzeugen braucht und die Abhängigkeit von Erdöl somit kein Problem ist. Außerdem scheinen die Amerikaner zu hoffen, dass der jüngste Ölpreis-Einbruch von Dauer ist. Zudem locken die im Vergleich zu Elektrofahrzeugen bei klassischen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nach wie vor erheblich höheren Gewinnmargen.

Ford F-150 EV Prototyp
Ford
Mit der Prototyp-Version des rein elektrisch angetriebenen Ford F-150 rührt der Konzern schon jetzt die Werbetrommel.

Elektroautos für China und Europa

Ford und GM beteuern nach außen permanent die Wichtigkeit zur Reduktionen der lokalen Emissionen auf null – allerdings bestritten Konzernverantwortliche auf Nachfrage von Reuters die jetzt ans Tageslicht gekommenen Pläne nicht. Ganz im Gegenteil: Fords Entwicklungs- und Einkaufs-Chef Hau Thai-Tang betont, wie wichtig es ist, dem Markt nicht zu weit voraus zu sein – Angebot und Nachfrage müssten im Einklang stehen. GM-Chefin Mary Barra möchte zwar weiterhin hohe Summen in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen investieren, die laufen dann aber voraussichtlich in China für den dortigen Markt vom Band. Und China ist gerade für GM ein extrem wichtiger Markt: Die Amerikaner machen dort aktuell 40 Prozent ihres Umsatzes.

Cadillac EV
Cadillac
Der Cadillac Lyric ist ein Elektro-Crossover. Wegen der Corona-Krise ist seine Vorstellung verschoben.

In China und in Europa ist die Situation für die Autohersteller nämlich grundlegend anders als in den USA: Dort gibt es in Vorschriften manifestierte Pläne zur Senkung des CO2-Ausstoßes, während die US-amerikanischen Behörden das Thema lockerer sehen. Hierzulande und in China sind die Hersteller also gezwungen, alternative Antriebe anzubieten. In Europa gibt es CO2-Strafen – die allerdings im Zuge der von der Corona-Pandemie verursachten Wirtschaftskrise wieder Diskussionsstoff sind.

GMC Hummer EV
GMC
Der Hummer soll zurückkommen - als Elektro-SUV. Mehr als dieses Bild hat GM noch nicht veröffentlicht.

Corona-Krise könnte Umweltbemühungen schwächen

Und die Corona-Krise könnte tiefgreifende Spuren hinterlassen: Adam Jonas, Autoanalyst beim US-amerikanischen Investmentbanking-Unternehmen Morgan Stanley, geht davon aus, dass die Autohersteller wegen einbrechender Gewinne gezwungen sind, auf gewinnträchtige Technologien zu setzen. Dies könnte massive Technologie-Verschiebungen zur Folge haben. In den USA wäre das eine Verschiebung Richtung Verbrennungsmotor, für Europa geht beispielsweise die Norddeutsche Landesbank (Nord/LB) davon aus, dass es zu einem erheblichen Schub für die Elektromobilität kommen könnte.

Chevrolet Bolt Crossover Erlkönig
Stefan Baldauf
Vom Chevrolet Bolt soll es bald eine Crossover-Variante geben - es sind bereits Erlkönige des höhergelegten Kompakten unterwegs.

Hohe Gewinne bei großen SUV mit Verbrennungsmotor

In den USA scheint die Sache für Ford und GM klar: Aktuell möchte man nicht von der auf dem Verkauf von Verbrennungsmotor-Fahrzeugen basierenden Gewinn-Erfolgsformel abweichen. An einem großen SUV wie dem von Ford produzierten Lincoln Navigator (ab 76.185 Dollar/69.097 Euro) oder dem von GM gebauten Cadillac Escalade (US-Preis ab 75.195 Dollar/68.199 Euro) verdienen die Hersteller laut Analysten genauso viel wie an einem Dutzend kompakter Limousinen – auch das ist parallel zum Nachfragerückgang ein weiterer Grund, warum Limousinen zunehmend aus dem Angebot verschwinden.

12/2018, 2019 Lincoln Navigator
Lincoln
An einem verkauften Lincoln Navigator verdient Ford soviel wie an zwölf verkauften Kompakt-Limousinen.
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Fazit

Aktuell scheint sich der US-amerikanische Automarkt von den Märkten in Europa und China abzuspalten: Der Druck, lokal emissionsfreie Autos zu bauen ist gering und sinkt weiter: US-Präsident Donald Trump ist zwar stolz auf jede neue Tesla-Gigafactory, hat aber gleichzeitig das Ende der von seinem Vorgänger Barack Obama auf den Weg gebrachten strengeren Emissionsvorschriften angekündigt – Ende März 2020 sollen die Regeln vom Tisch sein.

Andererseits ist Ford auch massiv in Europa aktiv, für GM ist China mit 40 Prozent Absatz ein überaus wichtiger Markt. Deshalb investieren die Amerikaner weiterhin Milliarden Dollar in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen und behalten so ihren Fuß in der Zukunftstechnologie-Tür. Für Europa ist fraglich, ob die bereits geltenden CO2-Strafen auch in Zeiten der Corona-Krise Bestand haben.