Schnell-Lade-Batterie von GAC dank Graphen
80-Prozent-Ladung fürs E-Auto in 8 Minuten

Dem chinesischen Hersteller GAC ist angeblich der Durchbruch bei der Industrialisierung von Akkus mit Graphen an der Anode gelungen: Im September 2021 soll das Elektroauto Aion V mit der Superbatterie in Serie gehen und mit 600 Ampere Laden in "Tank-Geschwindigkeit" ermöglichen.

Aion V GAC
Foto: GAC Aion

Schon im Sommer 2020 versprach GAC einen Durchbruch bei der Schnellladefähigkeit. Die GAC Group ( Guangzhou Automobile Group) erforsche bereits seit 2014 die Herstellung von Graphen im großen Maßstab und verfüge über zahlreiche Patente, so der chinesische Autohersteller damals. GAC brachte sein erste Modell 2010 unter der der Submarke Trumpchi heraus. 2019 legten die Chinesen das Label GAC Aion für Elektrofahrzeuge auf. Erstes Modell war die Limousine Aion S, es folgte der SUV LX und im Juni 2020 kam der Aion V, ein weiterer, rund 4,60 Meter langer SUV auf den Markt.

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GAC Aion LX
GAC
GAC verkauft Elektroautos unter dem Namen Aion, hier der größere LX (4,79 Meter Länge).

Schneller Laden statt nur mehr Reichweite

Für den verspricht GAC nun die neue Batterie, die laut Hersteller bereits den strengsten Sicherheitstest bestanden hat – den "Battery Shooting Test". Diese Batterie auf Graphenbasis verfüge über eine 6C-Schnellladefähigkeit und kann in Kombination mit einem 600A-Hochleistungsladegerät innerhalb von 8 Minuten auf eine Kapazität von 80 % aufgeladen werden. 1C bedeutet, dass eine Batterie innerhalb von 1 Stunde komplett ge- oder entladen ist – Lade- bzw. Entladestrom sind dabei auf die maximale Kapazität der Batterie bezogen. 6C bedeutet also, dass die GAC-Batterie in einer Stunde sechsmal voll geladen werden könnte – oder in einer Sechstelstunde, sprich 10 Minuten, zu 100 Prozent. Ein leerer 100-kWh-Akku wäre also nach 10 Minuten wieder voll oder nach 8 Minuten zu 80 Prozent. Allerdings gelingt das nur, wenn die das entsprechende Hochleistungsladegerät verfügbar ist – und der entsprechend leistungsfähige Anschluss: Professor Maximilian Fichtner, Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm, gibt zu bedenken: "Wer 60 kWh in 8 Minuten laden will, braucht 0,5 Megawatt Leistung" – genug, um 150 Backöfen gleichzeitig zu betreiben.

Aktuell hat der Aion V Lithium-Ionen-Akkus von CATL, die Version mit dem größten Akku (Aion V 80) soll 600 Kilometer Reichweite schaffen. Ein Aion V mit 100-kWh-Graphen-Akku könnte dann 750 Kilometer Reichweite haben – nach einem wenig realistischen Zyklus, denn das entspräche einem Verbrauch von gut 13 kWh pro 100 Kilometer, was sehr wenig wäre. Aber die reine Reichweite scheint angesichts der Schnellladefähigkeit der Graphenbatterie zweitrangig.

Graphen
Getty Images
Graphen ist Kohlenstoff, der in dünnsten Schichten von nur einem Atom Dicke angeordnet ist.

Graphen – Kohlenstoffschicht in der Dicke eines Atoms

Das Wundermaterial Graphen besteht aus nur einer Lage von Kohlenstoffatomen. Erst 2004 gelang es einer Gruppe um André Geim und Konstantin Novoselov an der University of Manchester, erstmals einatomige Graphenlagen herzustellen. Eine viel zitierte Veranschaulichung zu den herausragenden Materialeigenschaften von Graphen lautet: "Eine Graphen-Hängematte von einem Quadratmeter Größe könnte eine vier Kilogramm schwere Katze tragen – und selbst nur so viel wiegen wie ein einzelnes Schnurrhaar der Katze". Bei Batteriezellen soll die besondere Leitfähigkeit von Graphen die enorme Ladefähigkeit ermöglichen. Außerdem verspricht GAC eine deutlich höhere Haltbarkeit von Graphen-Batterien.

Graphen wird dabei vermutlich wie etwa auch bei Samsung auf die Anode aufgebracht, wo in bei der Aufladung typischer Lithium-Ionen-Batterien mehrlagiger Kohlenstoff in Form von Graphit die Lithium-Ionen in seine Gitterstruktur einlagern kann. Das Graphit verhindert dabei die so genannte Dendriten-Bildung bei der Anlagerung der Lithium-Ionen. Die Dendriten, spitze Lithium-Häufungen, können sonst die Zelle durchbohren und zu Kurzschüssen und in der Folge Bränden führen. Das Graphit fügt der Zelle aber eben auch erheblich Material und damit Gewicht hinzu, was die volumetrische und gravimetrische Energiedichte der Zellen ungünstig beeinflusst. Graphen als einlagiger (aus nur einer Atomschicht bestehender) Kohlenstoff ist natürlich leichter und viel weniger voluminös. Maximilian Fichtner weist darauf hin, dass die Gegenelektrode genauso schnell sein muss wie die mit Graphen beschichtete – sonst bleibt sie der limitierende Faktor.

GAC erreicht bezahlbare Serienproduktion

Laut GAC habe man mit der Super-Schnellladebatterie auf Graphenbasis bahnbrechende Fortschritte erzielt und befinde "sich nun in der Phase der eigentlichen Fahrzeugtests". Der Aion V, das erste Fahrzeug, das mit der Batterie ausgestattet sein soll, werde den Winter über getestet und soll ab September dieses Jahres in Serie produziert werden.

Neben den technischen Schwierigkeiten waren bislang wie so oft die Kosten das große Problem. "Graphen kostete anfangs bis zu einigen hundert Dollar pro Gramm und wurde daher auch als "schwarzes Gold" bezeichnet", so GAC. Der Schlüssel zu den Fortschritten liegt laut GAC Graphen in einem neuen Produktionsverfahren, dass die Herstellung entscheidend verbillige. Auf dem "2020 GAC Tech Day" im Juli stellte die GAC Group die so genannte mit zahlreichen Patenten bewehrte 3DG-Produktionstechnologie (dreidimensionales Graphen) vor. Das "einfache, stabile und effiziente" Produktionsverfahren reduziere die Kosten auf nur ein Zehntel derer des herkömmlichen Verfahrens. Dann kostete Graphen allerdings immer noch einen zweistelligen Dollarbetrag pro Gramm. Graphit hingegen ist für etwa 18 Cent pro Gramm zu haben, weiß Professor Fichtner. Gut möglich also, dass der Aion V mit Graphen-Batterie erheblich teurer wird als die aktuellen Varianten mit CATL-Akku.

Fazit

GAC mag hierzulande wenig bekannt sein, hat aber zusammen mit seinen Joint-Ventures 2020 gut zwei Millionen Autos verkauft. Schwer vorstellbar also, dass der Konzern eine neue Batterie-Technologie für 2021 ankündigt und nichts dahinter steckt, auch wenn noch kein unabhängiger Beobachter die neue Super-Batterie ausprobieren konnte.

Die Frequenz mit der aus China Erfolgsmeldungen zu neuen Batterietechnologien kommen, wie zuletzt zu den Lithium-Eisenphosphat-Akkus beim BYD Han, sollte den europäischen Autoherstellern jedenfalls zu denken geben.