Weniger Varianten, mehr Effizienz, höhere Preise
So will VW die Investitionen fürs E-Auto bezahlen

44 Milliarden investiert der Volkswagen-Konzern in Elektroautos und digitale Technologien wie autonomes Fahren. Das Geld kommt von einem neuen Sparprogramm, einer drastischen Reduktion von Varianten bei gleichzeitig höheren Preisen für Modelle mit konventionellem Antrieb.

VW I.D. Lounge
Foto: Christian Schulte

Als Auslöser der Dieselkrise biegt Volkswagen sehr konsequent auf den Weg Richtung Elektroantrieb und weg vom Verbrennungsmotor ein – mit beträchtlicher Geschwindigkeit. Allein die Kern-Marke VW will von 2019 bis 2023 11 Milliarden in Zukunftstechnologien stecken, davon 9 Milliarden in Elektroautos.Damit man diese massenhaft kostengünstig herstellen kann, übersetzt der Konzern die Plattformstrategie auf Elektroautos. Bei den konventionell angetriebenen Fahrzeugen hat Volkswagen 2015 begonnen, 20 Prozent Autos auf Basis des modularen Querbaukastens (MQB) zu bauen, 2018 liegt dieser Anteil bereits bei 60 Prozent, 2020 soll er bei 80 Prozent liegen. 50 Millionen MQB-Autos hat VW bereits gebaut, in den nächsten Jahren wird die Anzahl der konzernweit produzierten MQB-Autos auf 100 Millionen steigen.

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Variantenvielfalt und Dieselanteil sinken

Doch auch innerhalb des Baukastens gibt es viel zu viele Varianten. Das ist nicht zuletzt wegen der aufwendigen WLTP-Messungen viel zu teuer. VW will 2019 die Anzahl der Motor-Getrieb-Varianten in Europa um 25 Prozent reduzieren – und gleichzeitig 30 Prozent mehr Prüfstände vorhalten, damit keine weitere WLTP-Lücke beim Absatz droht. Beispielhaft rechnet VW vor: 2017 habe man in Deutschland 84.000 Golf verkauft, von denen 58.000 unterschiedliche Konfigurationen hatten und gerade mal 400 identisch waren – die Farbe nicht mitgerechnet. Der COO der Marke, Ralf Brandstätter meinte dazu: „Das heißt: Wir bauen Unikate“.

Gleichzeitig kämpft VW mit dem Einbruch der Nachfrage nach Diesel-Modellen: Von 2015 bis jetzt ist der Diesel im Modellmix von deutlich über 50 Prozent auf etwa 38 Prozent zurückgegangen. Darum hat VW die ursprüngliche Planung für den 1,5-Liter-TSI-Evo-Benziner von 500.000 auf 1,25 Millionen Einheiten erhöht.

Neue Plug-in-Hybride auch vom Tiguan

Die CO2-Ziele (95 g/km) will VW trotz sinkendem Diesel- und steigendem SUV-Anteil (2025 wohl 50 Prozent und 30 statt jetzt 11 Modelle) ohne Strafzahlungen schaffen. Demnächst helfen dabei auch wieder Hybridvarianten von Passat und neuerdings Tiguan (und mit großer Wahrscheinlichkeit auch vom Touareg) mit elektrischen Reichweiten von 70 bis 90 Kilometern (nach WLTP).

Der für die Elektroautos entwickelte Modulare Elektrifzierungsbaukasten (MEB) ist von Haus aus erheblich variantenärmer. Es gibt ihn mit zwei Batteriegrößen und Leistungsstufen (die stärkere hat automatisch Allradantrieb). Er soll in einer ersten Welle ab 2019 für eine Stückzahl von 15 Millionen E-Autos der Marken VW, Audi, Skoda und Seat gut sein. Die Anzahl der Modelle soll bis 2025 auf „rund 20“ steigen. Die acht Produktionsstätten dafür stehen in drei Kontinenten (Europa, Nordamerika/USA und China). Im ersten vollen Produktionsjahr 2020 will VW 100.000 MEB-Autos bauen.

Teure Investitionen für E-Autos, höhere Preise für Verbrenner

Auch wenn der Baukasten Geld spart – die Investitionen in den MEB müssen erstmal verdient werden. VW hatte bereits 2016 in einem Zukunftspakt Einsparungen auch durch einen Abbau von 30.000 Stellen beschlossen. Er wird bis Ende des Jahres 2,2 Milliarden gebracht haben, also einen Großteil der bis 2020 geplanten 3 Milliarden. Jetzt sollen in den nächsten Jahren weitere 3 Milliarden an Einsparungen hinzukommen. Neben der Plattform-Strategie soll die Steigerung der Produktivität in den Werken um 30 Prozent bis 2025 helfen, Geld in die Kassen zu bringen.

Weitere Maßnahmen, wie beispielsweise die Optimierung der Materialkosten, sollen dazu beitragen, die Rendite schneller zu steigern als bisher vorgesehen, hieß es auf einer Presseveranstaltung in Wolfsburg. Dort sagte VW-CFO Dr. Arno Antlitz: „Wir sind zuversichtlich, dass wir unser Ziel einer operativen Rendite von mindestens sechs Prozent bereits im Jahr 2022 erreichen, drei Jahre früher als bisher geplant“.

Bei auto motor und sport hat VW-Chef Herbert Diess bereits im November noch ambitioniertere Ziele genannt: Die operative Marge im Konzern müsse bei rund sieben Prozent liegen – über den gesamten Planungszeitraum. Es sei sehr harte Arbeit, so Diess, diese auch zu erreichen, „aber anders werden wir es nicht schaffen“. Indirekt kündigte Diess außerdem Preiserhöhungen durch die gesamte Palette der Marken an. „Ich muss schon sagen, dass wir unsere Preispositionierung überarbeiten müssen“, so Diess, „und bei manchen Modellen die Preise so nicht zu halten sind“. Höhere Preise für VW-Modelle mit Verbrennungsmotor aber den Investitionen für Elektroautos anzulasten wäre aber falsch: Etliche Konkurrenten arbeiten längst mir Renditen im Bereich um oder über acht Prozent – so gesehen müssten die ähnlich heftig in die Elektromobilität investieren.