Volkswagen Power Day 2021
Einheitsbatterien, Schnellladenetz, Pufferspeicher

VW will mit Einheitszellen aus sechs Gigafabriken und Recycling Batterien um bis zu 50 Prozent billiger machen, das Schnellladenetz in Europa verfünffachen und bidirektional Laden um E-Autos als Pufferspeicher für Haushalte und Stromnetz zu nutzen.

VW Power Day 2021 Batterien
Foto: Volkswagen

Herbert Diess kopiert Tesla: Am 15. März 2021 veranstalteten die Wolfsburger ihren ersten Power Day. Allerdings zeigte VW schon mit dem Namen "Power Day" (statt "Battery Day" bei Tesla), dass der eigene Ansatz weit über das eigene Produkt hinausgeht und die Elektromobilität systemisch denkt.

2026 will VW mit dem ersten Serienauto aus dem Projekt Trinity auf den Markt kommen. Es soll alle (Hardware-)Fähigkeiten zum autonomen Fahren nach Level 4 mitbringen. Aber vor allem soll es natürlich Elektroantrieb haben. Statt bislang 30 Prozent sollen nun 60 Prozent aller Neuwagen der Kernmarke VW in Europa mit batterieelektrischem Antrieb fahren. Bislang prognostizierte der Konzern daher für sich einen Batterie-Zellbedarf von 150 Gigawattstunden (GWh). Mit dem verdoppelten E-Auto-Anteil wird sich der bis 2030 deutlich erhöhen: VW rechnet jetzt mit 240 GWh.

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VW Trinity 2026
VW
2026 will VW ein flaches E-Auto aus dem Projekt Trinity auf den Markt bringen; es soll Fähigkeiten zum autonom Fahren mitbringen - aber laden muss es auch.

Elektromobilität braucht alles: Batterien, Lademöglichkeiten, Energie

Auf dem ersten Power Day mit Konzernchef Herbert Diess, den Markenchefs von Audi und Porsche Markus Duesmann und Oliver Blume sowie zahlreichen Experten ging es daher darum, wie die Strategie von Volkswagen aussieht um genug Batterien, genug Lademöglichkeiten und letztlich genug Energie für die elektrische Antriebswende bereitzustellen.

Um es vorwegzunehmen: Die Antworten waren nicht nur zum Thema Batterie sehr umfassend. Die Veranstaltung präsentierte in etwa 90 Minuten exakt 99 Folien.

Die Strategie steht laut Volkswagen auf zwei Haupt-Säulen: die Batteriezellen und -systeme auf der einen Seite, Laden und Energie auf der anderen.

VW Power Day
VW
Die Schnelllademöglichkeiten in Europa will VW mit Hilfe von namhaften Partnern rasant ausbauen

Einheitszellen ab 2023

Bei den Batterien setzt VW schon ab 2023 erstmals auf standardisierte Batterien mit Einheitszellen. Schon 2030 sollen sie in 80 Prozent aller E-Autos des Konzerns Verwendung finden. Nur 20 Prozent sollen dann Spezialentwicklungen sein. Im Einstiegssegment sollen damit Kosteneinsparungen von bis zu 50 Prozent möglich sein, im Volumensegment 30 Prozent. Aber selbst ein Premium-Produkt wie das erste Modell aus dem Projekt "Artemis", ein Reise-Audi mit dem Arbeitstitel Landjet, soll mit der Einheitsbatterie bzw. Einheitszelle fahren. Einheitlich ist bei der Zelle aber lediglich das Gehäuse und der Aufbau in Modulen. Die Zell-Chemie wir weiterhin unterschiedlich sein, von Lithium-Eisen-Phosphat (Einstieg) über Lithium-Nickel-Mangan oder -Kobalt bis zu solchen mit höherem Silizium-Anteil an der Anode, was vor allem für die Ladegeschwindigkeit wichtig ist.

VW Power Day
VW
Einheitszelle für alle Modelle - so sollen die Batterien bis zu 50 Prozent billiger werden.

Mit der Einheitsbatterie will VW die zweite Welle beim Batteriebedarf auch durch vermehrte Inhouse-Produktion decken. So sollen ab 2025 Einheitszellen für Premium-Produkte in Salzgitter entstehen, 40 GWh pro Jahr. Weitere 40 GWh sollen von Partner Northvolt aus Schweden kommen, zudem plant VW ein Werk in Südwestereuropa und eines in Osteuropa zu errichten, wo ebenfalls Batterien mit einer Gesamtkapazität von je 40 GWh pro Jahr entstehen sollen.

Schneller laden und billiger bauen dank Feststoff-Akkus

Die Zukunftsperspektive bleibt die Feststoffzelle, die aufgrund ihres einfacheren Aufbaus ohne Graphit laut VW billiger herzustellen sein wird, was bei der Reichweite ein Plus von 30 Prozent verspricht aber vor allem bei der Ladezeit ein Minus von 50 Prozent.

VW Power Day
VW
Feststoffzellen kommen ohne flüssigen Elektrolyt aus und brauchen kein Graphit an der Anode.

Insgesamt kommen bei der Batterie zwei Drittel der Kosten aus der Zellchemie. Um an möglichen Einsparungen mit hohen Stückzahlen partizipieren zu können, muss VW daher seine Fertigungstiefe in dieser Richtung auszudehnen. Laut dem Konzern kommen 20 Prozent des Einsparungspotenzials von den Materialien für Kathode und Anode, 15 Prozent vom Zellaufbau, 10 Prozent stecken im Produktionsprozess und nur fünf Prozent im Aufbau der Batterie insgesamt. Es gelte, die richtige Balance zwischen Zukaufen, mit Partnern gemeinsam zu machen und alleine umsetzen zu finden. Die Feststoffbatterie-Entwicklung macht beispielsweise Quantumscape, ein US-Unternehmen, an dem Volkswagen beteiligt ist. Mit Anwendungen der neuen Technologie rechnet VW 2025.

Recycling senkt CO2-Ausstoß und Kosten

Bei der Fertigung von Batterien verfolgt VW den Ansatz eines geschlossenen Kreislaufes. Und weil 95 Prozent des Batteriematerials wieder für die Produktion verwendet werden können, hat VW im Januar in Salzgitter eine Recycling-Anlage in Betrieb genommen. Das spart Kosten und eine Tonne CO2 pro Auto allein durch die Herstellung der Kathoden aus Recycling-Material.

VW Power Day
VW
Recycling spart Geld und bis zu eine Tonne CO2 pro E-Auto.

Probleme mit der Ladeinfrastruktur verhindern E-Auto-Durchbruch

Zu den drei Haupthindernissen bei der Anschaffung eines E-Autos zählen Autokäufer drohende Probleme beim Laden. VW will jetzt den Weg gehen, den Tesla vorgezeichnet hat und sich massiv beim Ausbau der Ladeinfrastruktur engagieren. Anders als die US-Amerikaner gehen die Wolfsburger aber nicht alleine vor, sondern haben sich drei große Partner gesucht.

VW Power Day
VW
Fünf mal mehr Schnellladestationen bis 2025.

Für Deutschland und Großbritannien unterschrieb man auf der Veranstaltung eine Absichtserklärung mit BP (deutsche Tochter: Aral), für Italien kooperiert VW mit Enel und für Spanien mit dem Energiegiganten Iberdrola, der bis 2030 satte 150 Milliarden Euro in die Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen investiert haben will. Zusammen wollen die Unternehmen die Anzahl von Schnellladepunkten (mehr als 100 kW) bis 2025 auf 18.000 Stück verfünffachen. Das wären dann laut ihrer Darstellung allein ein Drittel der in Europa notwendigen Schnelllade-Infrastruktur.

Woher kommt der Strom?

Elke Temme hat zum 1. Januar 2021 bei Volkswagen das neu geschaffene Geschäftsfeld "Laden & Energie" als Geschäftsführerin übernommen. Sie kommt mit 18 Jahren Erfahrung vom Energieunternehmen RWE/innogy und rechnet auf dem Power Day vor: 2020 habe Deutschland allein durch die Abschaltung von Windkraftanlagen, um das Stromnetz nicht zu überlasten, 6500 GWh Stunden Energie verloren – genug zum Laden von 2,7 Millionen Elektrofahrzeugen.

VW Power Day
VW
Elke Temme (2. v.r.) kam Anfang 2021 vom Energieversorger RWE/Innogy zu VW.

Darum sollen E-Autos von VW künftig als mobile Batteriespeicher für Haushalte und als Pufferspeicher fürs Stromnetz fungieren. Temme rechnet vor, dass 200 Kilometer Reichweite eines E-Autos auch genügen, um ein Einfamilienhaus fünf Tage mit Strom zu versorgen. Darum will Volkswagen bidirektionales Laden bereits 2022 in Serie bringen. Natürlich taugen die Fahrzeugbatterien auch in einem zweiten Leben noch als Stationärspeicher, um die volatile Energieversorgung aus Wind und Sonne zu puffern.

Fazit

Der Plan zum Bau der zwei Säulen von Volkswagens Elektromobilitätskonzept steht. Durch Einheitszellen und Recycling soll die Herstellung von Batterien so verbilligt werden, dass E-Autos preislich mit Verbrennern konkurrieren können.

Gleichzeitig baut VW das Ladenetz in Kooperation mit lokalen Partnern massiv aus, um ein zweites großes Hindernis bei der Anschaffung von E-Autos aus dem Weg zu räumen. Und schließlich sollen die Batterien in den Fahrzeugen und in einem zweiten Leben als Pufferspeicher für Haushalte sowie das Stromnetz dienen, um bislang vergeudete Energie aus regenerativen Quellen nutzbar zu machen. Steuern soll das ein cloudbasiertes Energiemanagement, dass so intelligent sein soll, dass, so die Vision von VW, das Laden des E-Autos eines Tages umsonst sein soll.