Anti-Eis-Asphalt aus China
Dieser Asphalt taut sich selbst frei

Chinesen wollen einen Asphalt erfunden haben, der sich selbst von Glatteis und Schnee befreit. Dafür gibt es explodierende Mikrokapseln mit umweltfreundlichem Inhalt.

Auto Schnee Winter
Foto: Westend61 via Getty Images

Bis zu einer Temperatur von minus 20 Grad Celsius soll der Asphalt schnee- und eisfrei bleiben, den Forscher an der chinesischen Hebei University of Science and Technology in Shijiazhuang entwickelt haben wollen. Das Ausbringen von Streusalz wäre nicht mehr nötig. Der Trick der Forscher: Sie mischen das Streusalz dem Asphalt bei.

Klassisches Streusalz besteht zu mindestens 94 Prozent aus Kochsalz (Natriumchlorid/NaCl). In Verbindung mit Wasser sorgt das Salz für eine molare Schmelzpunkterniedrigung. Dies beruht darauf, dass Lösungen einen niedrigeren Schmelzpunkt haben als reine Flüssigkeiten – wie eben Wasser. Da Wasser aber auch bei Minusgraden immer flüssige Bestandteile hat, kann sich in ihm immer Salz lösen. Die Salz-Ionen verhindern dann im flüssigen Wasser den erneuten Aufbau einer kristallinen Struktur – sie verhindern also die Bildung von Eis. Außerdem schmilzt das salzige Wasser das umgebende Eis ab. Dies funktioniert bis zu einer Temperatur von minus 21,1 Grad Celsius, wobei allerdings Kochsalz nur bis zu minus zehn Grad wirkt – zudem ist Kochsalz umweltschädlich. Für tiefere Temperaturen ist der Einsatz von umwelttechnisch noch problematischeren Salzen wie Calciumchlorid oder Magnesiumchlorid nötig.

Unsere Highlights
Anti-Eis-Asphalt
ACS Omega 2023, 8, 5, 4906-4920
Mikrokapseln (dritte Darstellung von links) enthalten das Taumittel. Sie sind in den Asphalt eingebettet.

Tausalz-Pulver explodiert aus Kapsel

Die chinesischen Wissenschaftler haben die Forschungen zu ihrem Anti-Eis-Asphalt im von der American Chemical Society herausgegebenen Open-Access-Chemie-Fachmagazin ACS Omega veröffentlicht. Demnach haben sie ihrem Eisfrei-Asphalt Polymer-Mikrokapseln beigemischt, die ein Tausalz-Pulver enthalten. Das chinesische Taumittel soll aus einem chloridfreien Salz, Tensiden, Siliziumdioxid, Natriumbicarbonat und Hochofenschlacke bestehen. Fällt Schnee auf so eine Mikrokapsel, platzt sie und gibt das Tausalz frei. Allerdings müssen bei traditionellen Tauverfahren auch Autos in einer nicht zu niedrigen Frequenz auf der bestreuten Strecke fahren – sie schmelzen und zerkleinern das Eis durch den Druck ihrer Räder, die zudem den Salz-Eis-Schlamm verteilen. Bei der chinesischen Mikrokapsel-Methode befördert der von Fahrzeugen auf den Asphalt ausgeübte Druck das Taumittel an die Oberfläche.

In sieben bis acht Jahren aufgebraucht

Die chinesischen Forscher prognostizieren, dass eine fünf Zentimeter dicke Schicht ihres Asphalts reicht, um eine Straße sieben bis acht Jahre lang eisfrei zu halten. Danach wären anscheinend ein neuer Straßenbelag oder das klassische Ausbringen von Salz nötig. Ob der Asphalt auch ohne die nach sieben/acht Jahren verbrauchten Tau-Kapseln noch stabil genug für weiteres Befahren ist, ist nicht bekannt. Die Forscher heben hervor, dass ihr Taumittel umweltschonender sei als chloridhaltige Salze. Damit wäre das Material auch ohne eine Einbringung in den Asphalt von Interesse – schließlich dürfte es sich genauso einfach ausbringen lassen wie klassisches Streusalz.

Anti-Eis-Asphalt
ACS Omega 2023, 8, 5, 4906-4920
Das chinesische Tausalz kommt ohne umweltschädliche Chloride aus. Damit das Salz an die Oberfläche kommt, müssen Fahrzeuge Druck auf die Fahrbahn ausüben.

Der Eisfrei-Asphalt ist aktuell noch im Prototyp-Stadium – derzeit arbeiten die Forscher an einer industriellen Umsetzung.

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Fazit

Chinesische Forscher haben nach eigenen Angaben einen Asphalt entwickelt, der sich per platzender Mikrokapseln selbst von Schnee und Eis befreit. Das in den Kapseln enthaltene Taumittel soll zudem umweltfreundlicher als herkömmliche Tausalze sein, da es ohne Chloride auskommt. Die Mikrokapseln sollen nach sieben bis acht Jahren aufgebraucht sein – dann wäre eine neue Asphaltdecke fällig. Ob das Sinn ergibt, ist fraglich.

Sollte das Taumittel an sich aber tatsächlich umweltfreundlicher sein als die bisher genutzten Salze, wäre es sicher eine interessante Alternative – ganz ohne Einbringung in eine Asphaltdecke.

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